Predigten im Jahre 1952 - 22 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum: / / | Otros Lugares/Weitere Predigtorte:
| Año Eclesiástico/Kirchenjahr:1952 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Johannes 13, 31 - 35 | | |
Skopus: Jesu neues Gebot | | Predigten im Jahre 1952 - 22 - Johannes 13, 31 - 35 "Da Judas aber hinausgegangen war, spricht Jesus: Nun ist des Menschen Sohn verklärt, und Gott ist verklärt in ihm. Ist Gott verklärt in ihm, so wird ihn Gott auch verklären in sich selbst und wird ihn bald verklären. Liebe Kindlein, ich bin noch eine kleine Weile bei euch. Ihr werdet mich suchen; und wie ich zu den Juden sagte: Wo ich hin gehe, da könnt ihr nicht hin kommen, so sage ich jetzt auch euch. Ein neu Gebot gebe ich euch, daß ihr euch untereinder liebet, wie ich euch geliebt habe, auf daß auch ihr einander liebhabet. Dabei wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt."
Mit dem Hinausgehen des Judas in die Nacht bekommt der Weg unseres Herrn ein steiles Gefälle. In rasender Schnelle stürzt ein Ereignis nach dem anderen auf ihn ein. Und das Ende ist der Tod am Kreuz. Jesus wird zum Gespött der ganzen Welt, ein Spielball der irdischen Macht, geistlicher und weltlicher Art. Und nun hören wir aus dem Munde des Herrn ein merkwürdiges Wort: Jetzt, da Judas dabei ist, mich an die Macht dieser Welt auszuliefern; jetzt, da meine Weg ans Kreuz beginnt, jetzt bin ich verherrlicht worden, jetzt kommt eigentlich erst meine Herrlichkeitsgestalt zum Vorschein, kommt es offen zu Tage, wer ich als der Sohn Gottes eigentlich bin. Das, was hier der Herr sagt, ist so unverständlich und so unserem ganzen Denken und Dichten entgegengesetzt, daß wir davor stehen und nicht wissen, was wir dazu sagen sollen. Uns ist es wohl verständlich, wenn bei der Proklamation eines Königssohnes zum König gesagt wird: Nun beginnt sein königlicher Weg, nun wird er zu einer königlichen Majestät. Aber das kann doch nach uneren Begriffen kein königlicher Weg sein, wenn einer verhaftet wird, vor das Gericht kommt und den Tod eines Verbrechers sterben muß. Aber müssen wir es nicht immer wieder erleben, daß Gottes Handeln und Urteilen unserem Handeln und Urteilen entgegengesetzt ist? Wo wir sagen: Alles ist zu Ende, da sagt Gott: Hier gerade an dieser Stelle fängt mein Handeln an, mein gnädiges Handeln. Wo wir sagen: Dieser Mensch da ist ein Lügner oder ein Dieb, da sagt Gott zu diesem Menschen: Du bist mein liebes Kinde! Wo wir Menschen gegen die Gemeinde des Herrn wüten und dagegen anrennen und Menschen zu Tode martern, da sagt Gott zu diesen Gemarterten: Ihr geht einen köstlichen Weg, am Ende dieses Weges steht eure Erhöhung zum Herrscher, zu Königen an der Seite des einen Königs Jesus Christus. Nun heißt es: "Gott wurde in ihm, dem Jesus von Nazareth, verherrlicht." Mit dem Leiden und Sterben wird nicht nur der Sohn Gottes verherrlicht, sondern mit dem Sohn auch der Vater, denn der Vater im Himmel ist es, der seinen Sohn diesen Weg gehen heißt. Jesus ist der gehorsame Sohn des Vaters und indem Jesus den Willen seines Vaters erfüllt, kommt in dem Geschehen der Passion allein der Wille des Vaters zur Erfüllung. Jesus sagt in einer anderen Bibelstelle: "Ich und der Vater sind eins." Wenn wir heute auf das Kreuz schauen, dann sehen wir in dem Jesus von Nazareth den Vater im Himmel, wie er uns sich zeigen will. In dieser erbärmlichen Gestalt am Kreuz sehen wir den König aller Könige, den Herrn aller Herren. Wir sehen den Sohn Gottes als den erhöhten und verherrlichten Herrn, wir sehen Gott selbst, der von sich sagt: "Meine Herrlichkeitsgestalt als euer Gott ist die Gestalt des Jesus von Nazareth am Kreuz auf Golgatha." Und der Wille unseres Gottes ist auf den Menschen gerichtet, und zwar ist es nicht ein Wille, der uns vernichten will, sondern es ist der barmherzige und gnädige Wille, der nur unser Heil im Auge hat. Allein Jesus Christus in seinem Leiden und Sterben zeigt uns, wer Gott, wer unser Vater, ist. Unser Gott ist der Gott, der unser Heil und unsere Rettung will und auch den schwersten Weg nicht scheute, seinen Sohn dahinzugeben, denn er in seiner großen Liebe und Barmherzigkeit zu uns weiß, daß gerade dieser Weg an das Kreuz der Weg seiner Herrlichkeit und seines Königtums ist. Und dieser Herrlichkeitsweg, der mit der Auslieferung des Herrn durch den Judas beginnt, hat seine größte Höhe in der Tat des Vaters, daß er ihn wieder in sein Reich aufnimmt und ihn neben sich auf seinen Herrscherstuhl setzt. So macht nun Jesus seine Jünger darauf aufmerksam, daß seine Tage in ihrem Kreise gezählt sind. Er weiß, daß das, was seiner wartet, schnell hereinbricht. "Ich bin nur noch eine kleine Weile bei euch." Er weiß von der Angst und von der Not, die über sie hereinbrechen werden, über ihre Einsamkeit. Denn der Weg, den er jetzt gehen wird, können seine Jünger nicht gehen. Dieser Weg ist allein ihm anbefohlen. Später werden sie diesen Weg hinter ihm her gehen können, aber jetzt muß der Herr ihn ganz allein gehen, wie auch die Jünger ihren Weg allein gehen müssen. Und doch läßt Jesus Christus sie nicht allein. Er gibt ihnen ein Gebot und eine große Aufgabe als das Zeichen der Verbundenheit. Auch wenn Jesus Christus von ihnen getrennt ist, sind sie in diesem und durch dieses Gebot untereinander und mit ihrem Herrn verbunden: "Liebet euch untereinander!" Und wir könnten jetzt sagen, was ist das schon besonders, wenn Jesus ein Gebot gibt. Unser ganzes Leben ist ja von Gesetzen und Geboten umgeben, vom Säugling angefangen bis zum Greis. Wir sollen das eine tun und das andere lassen. Haben wir nicht schon die 10 Gebote? Was brauchen wir noch mehr? Gilt es nicht auch schon im Alten Bunde, daß man seinen Nächsten lieben soll? Und sagt Jesus praktisch nicht dasselbe, was auch in den Geboten gesagt wird und doch betont er hier scharf: "Ein neues Gebot gebe ich euch!" a) Dieses Gebot ist nicht in der Weise neu, als ob hier Jesus Christus etwas befohlen hat, was es bisher im Alten Bunde noch nicht gegeben hat. Es ist immer schon das Gebot des Volkes Gottes gewesen: "Liebet euch untereinander!" b) Aber es ist doch neu, weil dieses Gebot und auch alle anderen Gebote immer wieder von den Schriftgelehrten und Pharisäern und vom Volk in einer Weise ausgelegt und gebraucht wurden, daß von dem eigentlichen Sinn dieser Gebote nichts mehr übrig geblieben ist. Es wurde das Gebot Gottes von dem Schöpfer losgelöst. Das Gebot bekam einen Eigenwert. Es wurde nicht mehr nach Gott gefragt, sondern einfach: Hast du das Gebot erfüllt? Und man war dabei von Gott so weit entfernt, wie nur ein Heide noch von Gott entfernt sein kann. Wir können den Frommen zur Zeit Jesu in keinster Weise ihren tiefen Ernst absprechen. Es ging ihnen wirklich und wahrhaftig um die Erfüllung der Gebote. Und doch waren sie von Gott so weit entfernt, daß sie den, den Gott sandte, nicht erkannten und ihn sogar ans Kreuz nageln ließen. Auch wir stehen immer wieder in der Gefahr, daß wir unser Leben so mit Geboten und Gesetzen umgeben, daß wir dabei Gott als den Herrn nicht mehr sehen. Die Mauern, die wir in solchen Forderungen um uns bauen, gestatten uns nicht, über die Mauern zu sehen, danach zu fragen, was Gott jetzt in dieser Stunde uns sagen will, damit wir bereit sind, ganz neu auf sein Wort zu hören. c) Und so war es schon nötig, daß Jesus Christus seinen Jüngern und uns in ganz neuer Weise den Sinn und die Aufgabe seiner Gebote zeigt. Er macht uns deutlich, was eigentlich auch schon in den 10 Geboten zu sehen ist. Das Gebot und der Gebieter, das Gesetz und der Gesetzgeber, gehören zusammen, und zwar gehören sie in einer wunderbaren einmaligen Weise zusammen. d) Jesus gibt seinen Jüngern das Gebot, daß sie sich untereinander lieben sollen. Wir sehen, er erwartet etwas von seinen Jüngern, er appelliert nicht an die eigene Frömmigkeit, an die eigene Kraft, sondern er fordert uns auf, das, was er uns geschenkt hat, sollen wir endlich nun auch in Anspruch nehmen. Wenn wir Jesu Jünger sind, dann sind wir solche, denen Jesus Christus etwas geschenkt hat, nämlich SEINE GANZE LIEBE. "Ich, Jesus Christus, habe euch geliebt." Wir sind als Christen solche Menschen, die mit seiner Liebe überschüttet wurden und wir stehen da als reiche, von Jesus Christus geliebte Menschen. Und als solche Menschen werden wir jetzt diese Liebe weitergeben. Wir können sie nicht für uns behalten. In dieser so armen Zeit soll das Licht der göttlichen Liebe durch uns hindurchleuchten und die Welt erhellen. Nehmen wir doch jetzt wirklich diese Gabe unseres Herrn an und arbeiten damit, sonst ergeht es uns wie dem einen Knecht in dem Gleichnis mit den anvertrauten Pfunden, der mit der Gabe, die ihm der Herr verliehen hat, nichts besseres zu tun wußte, als sie zu vergraben und ihm wurde diese Gabe darum wieder weggenommen. Von daher ist es auch zu verstehen, daß diese von uns verschenkte nicht zurückgehaltene, sondern ausgiebig verschenkte Liebe ein Zeichen dafür ist, ob wir Jesu Jünger sind: "Dabei wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt." Diese Frage an uns, ob wir Liebe untereinander haben, gilt allen Gemeinden Jesu Christi. Sie gilt auch uns hier in Hassel. Wie steht es bei uns in der Gemeinde mit dieser Liebe. Wohlgemerkt, vergessen wir bei dieser Frage nicht, daß von der Beantwortyung dieser Frage es abhängt, ob wir noch Jesu Jünger sind, ob wir uns von Jesus Christus haben lieben lassen. Und wenn hier von Liebe geredet wird, dann müssen wir auch von vornherein wissen, daß es sich dabei nicht um ein schwer erklärbares Gefühl handelt, sondern hier handelt es sich um ein von Angesicht zu Angesicht offenes Miteinander mit dem Bruder und mit der Schwester. Allzuleicht wird dieses offene Miteinander durch gegenseitige Schuld getrübt. Aber das ist ja auch ein Zeichen christlicher Liebe, christlicher Nächstenliebe, daß sie ihren Höhepunkt in der gegenseitigen Vergebung der Schuld hat. Kennzeichen dieser echten Liebe, die uns geboten ist, sind, a) daß wir unsere Schuld nicht vertuschen, sondern sie offen voreinander bekennen; b) daß wir bereit sind, selbst wenn die Schuld riesengroß erscheint, diese Schuld zu vergeben. Wenn Jesus Christus in unserer Gemeinde eine Visitation machen würde, würde er auch an unserer gegenseitigen Liebe erkennen, daß wir seine Jünger sind?
(Das exakte Datum ist nicht vorhanden.)
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