Predigten im Jahre 1952 - 16- | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum: / / | Otros Lugares/Weitere Predigtorte: Wattenscheid - Höntrop, 13-2-1955 | Año Eclesiástico/Kirchenjahr:1952 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Lukas 11, 1 - 13 | | |
Skopus: Das Gebet-Vaterunser | | Predigten im Jahre 1952 - 16 - Lukas 11, 1 - 13 "Und es begab sich, daß Jesus war an einem Ort und betete. Und da er aufgehört hatte, sprach seiner Jünger einer zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger lehrte. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Unser Vater im Himmel, dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel. Gib uns unser täglich Brot immerdar. Und vergib uns unsere Sünden; denn auch wir vergeben allen, die uns schuldig sind. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Übel. Und er sprach zu ihnen: Welcher ist unter euch, der einen Freund hat und ginge zu ihm zur Mitternacht und spräche zu ihm: Lieber Freund, leihe mir drei Brote; denn es ist mein Freund zu mir gekommen von der Straße, und ich habe nicht, was ich ihm vorlege; - und er drinnen würde antworten und sprechen: Mache mir keine Unruhe! die Tür ist schon zugeschlossen, und meine Kindlein sind bei mir in der Kammer; ich kann nicht aufstehen und dir geben. Ich sage euch: Und ob er nicht aufsteht und gibt ihm, darum das er sein Freund ist, so wird er doch um seines unverschämten Geilens willen aufstehen und ihm geben, wieviel er bedarf. Und ich sage euch auch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. denn wer da bittet, der nimmt; und wer da sucht, de findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan. Wo bittet unter euch ein Sohn den Vater um Brot, der ihm einen Stein dafür biete? und so er um einen Fisch bittet, der ihm eine Schlange für den Fisch bietet, oder, so er um ein Ei bittet, der ihm einen Skorpion dafür biete? So denn ihr, die ihr arg seid, könnt euren Kindern gute Gaben geben, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den heiligen Geist geben denen, die ihn bitten?"
"Herr, lehre uns beten?" Mit dieser Bitte kommen die Jünger zu ihrem Herrn und Meister und bringen damit eine große Verlegenheit ihres Lebens zum Ausdruck. Und diese Verlegenheit ist: Sie haben keine rechte Verbindung mehr mit ihrem Gott. Daß sie diese Verlegenheit zum Ausdruck bringen, ist keine selbstverständliche Sache. Es ist durchaus nicht selbstverständlich, daß die Jünger mit einer solchen Bitte zu Jesus kommen. Wir wissen es doch nur allzugut, daß in unserem eigenen Leben und im Leben unserer Gemeinde trotz unseres kümmerlichen Betens, trotz der gestörten und zerstörten Verbindung mit unserem Vater im Himmel, die Bitte der Jünger nicht über unsere Lippen kommt: "Herr, lehre uns beten!" Vielleicht macht dem einen oder anderen von uns die Frage nach dem rechten Beten überhaupt keine Not, weil er fest davon überzeugt ist, daß die Frage für ihn überflüssig ist. Meinen wir nicht oft genug, daß wir schon ein "gesegnetes" Gebetsleben führen? Denken wir aber doch nur nicht, daß die Jünger überhaupt nicht gebetet haben. Als Angehörige des alten Volkes Gottes hatten sie prächtige Vorbilder, denen sie nacheifern konnten. Sie sahen im Tempel die vielen Priester und Schriftgelehrten im ausgiebigen Gebet mit Gott. Und hatten sie nicht die wundervollen Gebetsvorlagen, die sie nur nachzubeten brauchten. Wir denken dabei an den Psalter, der ja das Gebetsbuch des Volkes Gottes war. Und trotzdem - ihnen wird bei ihrem Beten der Grund unter ihren Füßen weggezogen. Es tritt jemand in ihr Leben ein, der ihnen diesen Boden wegzieht. Jesus Christus selbst bringt sie in diese große Verlegenheit hinein. Die Unsicherheit kommt über die Jünger, da sie ihn beten sehen und hören. Es wird uns nicht näher berichtet, wie und was Jesus betet, es wird nur gesagt, daß all ihr Beten im Angesichte des Gespräches ihres Herrn mit seinem Vater fragwürdig geworden ist. Im Angesichte Jesu Christi wird auch unser Gebet fragwürdig. Wer von uns könnte sagen, daß sein Beten den Vergleich mit den Gesprächen Jesu mit seinem Vater aufnehmen kann? Unser Unvermögen, unsere Stümperhaftigkeit und unsere Flachheit, in allen unseren Gebeten wird vor ihm offen zu Tage gelegt. Wir werden uns alle erkennen müssen als solche, die nicht beten können. Das ist eine schmerzhafte Feststellung, für die Jünger und auch für uns, wenn wir so bloßgestellt werden. Es geschieht hier dann das Besondere, daß wir Frommen, die wir glaubten, recht beten zu können, auf eine Stufe gestellt werden mit denen, die durch all die Jahre hindurch nicht gebetet haben. So stehen denn wir Frommen und wir, die wir am Rande des Glaubens und am Rande der Gemeinde gelebt haben, in der gleichen Situation: Wir alle miteinander können nicht beten, können nicht recht beten. Und nun kommt das Köstliche und das Frohmachende, daß wir hören, dieses Unvermögen zum rechten Gebet bringt uns nicht in die ewige Verdammnis, denn wir dürfen mit den Jüngern vor unserem Herrn treten und ihm unsere große Not bekennen: "Herr, lehre uns beten!" Wie lange mag Jesus Christus schon auf diese Bitte von unseren Lippen gewartet haben. Aber schauen wir jetzt nicht rückwärts, sondern nach vorne, wo die Hilfe ist. Jesus lehrt uns ganz neu das Beten. Die Hilfe, die uns Jesus anbetet, ist das VATERUNSER. Es ist eine kurze und knappe Anleitung für das, was ein rechtes Gebet, was ein rechtes Gespräch, mit Gott ist. Es ist dazu angetan, uns, die wir vielleicht nur selten oder gar nicht gebetet haben, oder überhaupt nicht mehr beten können, die rechte Freudigkeit zu geben, heute neu anzufangen mit unserem Gespräch mit Gott. Jesus Christus macht uns wahrlich mit diesem Gebet ein herrliches Geschenk, das uns Mut macht, das Gespräch mit Gott anzufangen und fortzusetzen. Er schenkt uns die Gewißheit, daß Gott unser Vater ist. Dieses Geschenk hat er uns durch sein Leben, Leiden und Sterben erworben. Dafür ist er auf diese Erde gekommen, damit wir vernehmen dürfen: GOTT IST UNSER VATER. Weg nun mit allen Vorbehalten und Hemmungen und hin zum Vater, zu diesem Vater, geeilt, dessen Kinder wir sind. Gott selbst streckt uns in seinem Sohne seine Vaterhand entgegen und ruft uns zu: Komm, mein Sohn; komm, meine Tochtert! und erzähle mir, was dir Kummer und Sorge macht! Während also wir meinen, wir müßten das Gespräch mit Gott beginnen, sagt uns Jesus Christus, daß Gott schon längst das Gespräch mit uns angefangen hat und wir zu diesem Gespräch nur JA zu sagen brauchen. Auch uns, die wir schon seit langer Zeit im Angesichte des Herrn erkennen mußten, wie erbärmlich unser Beten ist, wird mit dem Vaterunser eine Hilfe an die Hand gegeben, die uns zeigt, wie ein rechtes Gebet aussieht. Das Vaterunser zeigt uns, daß es gar nicht darauf ankommt, daß wir einen großen Wortschwall von uns geben. Jesus sagt einmal an einer anderen Stelle: "Ihr sollt nicht plappern wie die Heiden, die viele Worte machen!" Als ob es die vielen Worte machen, daß Gott uns hört. Und zuchtvolles, kurzes und knappes Beten tut uns allen not, dafür ist das Vaterunser ein wundervolles Beispiel. Jesus will uns verwehren, daß wir mit einem großen Wortschwall uns um uns selbst drehen. Er will uns zeigen, daß es im Gebet in erster Linie um Gott und um sein Reich geht. Wir sollen nicht um uns selbst kreisen, sondern Gott selbst als den Mittelpunkt unseres Gebets ansehen. Und wenn es dann im Gebet um uns selbst geht, warum sollte das nicht sein?, dann geht es aber wiederum darum, daß wir uns das schenken lassen, was uns der Herr darreichen will und wird. Wie oft ist gerade unser Wünsche und unser Begehren uns schon zum Verderben geworden. Gott möchte uns darreichen das große Geschenk des Friedens mit ihm, indem er uns unsere Schuld vergibt. Bei einem solchen Beten werden wir wohl keine Zeit und Gelegenheit haben, daß wir uns um uns selbst drehen. Damit verwehrt uns Jesus Christus in keinster Weise, daß wir uns mit unseren Nöten und Sorgen um unser tägliches Brot und um unser Leben an Gott wenden, sondern es geht darum, daß diese Nöte und Sorgen nicht der Mittelpunkt unseres Gespräches ausmachen. Eines allerdings haben wir beim Vaterunser auch noch zu beachten, daß es in besonderer Weise nur eine Anleitung zu einem rechten Gebet sein will. Wir dürfen nämlich nicht in den Fehler verfallen, in den nicht nur die katholische Kirche verfallen ist, daß wir zum Plappern verleitet werden, als ob schon das rein äußerliche Hersagen mit unseren Lippen genügen würde. Wie oft wird gerade dieses Vaterunser auch von uns dahergeplappert. Das Vaterunser ist für uns eine Anleitung zum rechten Gebet. Wir sollen nicht an den Worten des Gebets hängen, wie ja schon die Evangelisten nicht an den Worten gehangen haben. So kann zum Beispiel unser Evangelist Lukas einen anderen Wortlaut dieses Gebets überliefern als Matthäus. Wir dürfen, nachdem Jesus Christus uns das rechte Beten gelehrt hat, ganz neu mit unserem Vater im Himmel sprechen. Alle Verkrampfung, alles Drehen um die eigene Achse und alles Zaudern, will von uns weichen. Doch läßt Jesus seine Jünger noch nicht los. Er hat ihnen und uns noch wichtiges über das Gebet zu sagen, das uns eine große Hilfe sein will. Und zwar sagt er es in der Form eines Gleichnisses. Er greift eine Situation aus dem alltäglichen Leben auf. Da kommt mitten in der Nacht ein Mann zu seinem Freund und bittet ihn um eine Portion Brot, die ein Mensch für eine Mahlzeit braucht. Er hat unvorhergesehenen Besuch bekommen und war darauf nicht vorbereitet. Selbst wenn dieser Freund es nicht tun wollte, weil nach seiner Meinung diese Freundschaft gar nicht solch eine feste ist, so wird er dennoch aushelfen, weil er diesen lästigen Ruhestörer mitten in der Nacht loswerden will. Der Bittende würde ja sonst doch nicht aufhören. Und selbst wenn er es nicht wahrhaben will, daß der Bittende sein Freund ist, so wird er doch als der Freund des Bittenden angesheen und angefleht. Es bleibt also nichts anderes übrig, als daß er dem Bittenden hilft, wenn er ihn auf alle Fälle loswerden will. Wenn also hier in dieer Lage schon bei Menschen eine Absage unmöglich ist, wie unmöglich ist es dann erst bei Gott, daß er uns nicht hört und hilft. Gott ist nämlich nicht nur unser Freund, sondern sogar unser Vater. Jesus fordert uns auf, Gott festzuhalten und bei seinem Worte zu nehmen, ihn daran zu erinnern, daß er unser Vater ist. Laßt uns nie müde werden, Gott an seine Zusage zu erinnern, die er uns gegeben hat, daß er unser Gebet hören will. Ein Beten in dieser Haltung wird niemals umsonst sein. Diese Gewißheit ruft uns Jesus mit den Worten zu: "Bittet, so wird eich gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan!" Aller Zweifel, ob unser Beten auch wirklich gehört und erhört wird, darf ein Ende haben. Der Vater im Himmel will uns unsere Bitte erfüllen, er will sich von uns finden lassen. Er will uns, die wir bei ihm anklopfen, die Türe weit auftun. Haben wir schon einen rchten Vater gesehen, der seinem Sohn statt des Brotes, um das er gebeten hatte, einen Stein gab oder ihn dem Hungertode preisgab? Ist das schon unmöglich, dann ist das andere noch viel unmöglicher, daß ein Vater seinem Sohn, der ihn um einen Fisch oder um ein Ei bittet, eine Schlange oder einen Skorpion gibt. Wie könnte ein Vater seinen Sohn so der Bedrohung einer Schlange oder eines Skorpion aussetzen. Ein rechter Vater ist durchaus darauf bedacht, daß seine Kinder unter seinem Schutz wohlbehalten und wohlbehütet aufwachsen. Wenn das schon von einem irdischen Vater gilt, wie muß das doch erst Gott in einer solchen Lage unser Wohl im Auge behalten, wenn er sogar um unsretwillen seinen Sohn auf diese Erde sandte. Unser Bitten, unser Suchen und unser Anklopfen um seine Hilfe wird Gott mit seiner echten Hilfe beantworten. In unserem Text zeigt Jesus Christus seinen Jüngern, worin Gott das größte Geschenk für seine Kinder sieht das Geschenk, daß sie alle, die Gottes Kinder sein und bleiben wollen, so nötig haben wie das tägliche Brot. Es ist der Heilige Geist, den Gott uns geben will, ohne den wir nicht seine Kinder sein können. Laßt uns darum um diesen Heiligen Geist bitten, der uns auch immer wieder neue Freudigkeit und neue Kraft zum Gebet schenkt. Und durch den uns Jesus Christus auch in dem heutigen Gottesdienst zeigt, wie wir aus der großen Verlassenheit des Nichtbetenkönnens herauskommen zum rechten Gespräch mit unserem Vater im Himmel und durch den uns Jesus Christus auffordert, im Gebet nicht müde zu werden, sondern uns an die Verheißungen des Vaters zu klammern, der unser Gebet hören und erhören will.
(Das exakte Datum ist nicht vorhanden.)
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