Predigten im Jahre 1952 - 12 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum: / / | Otros Lugares/Weitere Predigtorte:
| Año Eclesiástico/Kirchenjahr:1952 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Markus 4, 26 - 29 | | |
Skopus: Die selbstwachsende Saat | | Predigten im Jahre 1952 - 12 - Markus 4, 26 - 29 "Und Jesus sprach: Das Reich Gottes hat sich also, als wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und steht auf Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst, daß er's nicht weiß. Denn die Erde bringt von selbst zum ersten das Gras, darnach die Ähren, darnach den vollen Weizen in den Ähren. Wenn sie aber die Frucht gebracht hat, so schickt er bald die Sichel hin; denn die Ernte ist da."
Unser Altar, der mit den Früchten des Feldes geschmückt ist, macht uns in aller Deutlichkeit klar: Es ist Erntezeit. Das Ziel, um das wir solange gebangt haben; das Ziel, nach dem wir uns viele Monate ausgestreckt haben, ist erreicht. Ein großes Aufatmen geht durch das Land. Gott, der Herr, hat uns für die kommende Zeit wieder das beschert, was wir brauchen, um leben zu können. Und es geht wohl allen so, daß wir alle in besonderer Weise auf diesen TAG DER ERNTE hingearbeitet haben, daß wir noch einmal rückschauend all die vielen Mühen und Sorgen überblicken, die sie um diese Ernte gehabt haben. Und das kann man wohl sagen, bis daß es zu dieser Ernte kam, ist mancher Schweißtropfen vergossen worden. Und wir können wahrhaftig den Männern und Frauen, die für uns stellvertetend diese schwere Arbeit geleistet haben, nicht genug danken. Aber unser Herr Jesus ruft uns von einer solchen Betrachtung über die Ernte in unserem Gleichnis zurück. Er sagt uns etwas, was wir nur allzuleicht vergessen. Er erinnert uns an das Geheimnis, das darin liegt, daß die Ernte in erster Linie nur dadurch ermöglicht wurde, daß in der Erde Kräfte verborgen sind, die aus dem kleinen Samenkorn eine hundertfältige Frucht werden lassen. Was wären wir ohne diese ungeheuren Kräfte, die wir niemals vollständig erforschen können, sondern immer nur erfahren dürfen, was wären unsere Mühen, unsere Arbeiten und unsere Sorgen ohne diese Kräfte? Wie klein wird dabei all unser Tun! "Die Erde bringt von selbst hervor", sagt Jesus Christus. Aber wiederum wären wir auf einem Irrwege, wollten wir uns jetzt in naturwissenschaftliche Abhandlungen ergehen, was es um diese Kraft der Erde sei. Nein, Jesus Christus spricht von diesen Dingen nur, um damit das Geheimnis der Gottes Herrschaft zum Ausdruck zu bringen: "Und Jesus sprach: So ist Gottes Herrschaft." An der Hand dessen, was wir im Angesichte der Ernte überdacht haben, will er uns helfen, Gottes Herrschaft auf dieser Erde in rechter Weise zu erfassen. über diesem ganzen Gleichnis steht diese eine frohe Botschaft: In einem Siegeszuge ohnegleichen, ungehindert, wie nach einem heimlichen Gesetz angetreten, bricht die Gottes Herrschaft in diese Welt ein und geht einer letzten großen Ernte entgegen. Gottes Herrschaft kommt aus eigenen Kraft zum Ziele. Daß Jesus diese ungeheure Botschaft seinen Jüngern gesagt hat und uns immer wieder bis auf den heutigen Tag sagt, ist von einer großen Bedeutung. Kann man es den Jüngern verübeln, daß sie langsam in Zweifel geraten? Nun wandern sie schon längere Zeit mit diesem Jesus von Nazareth. Sie hören seine Botschaft, die Herrschaft Gottes ist nahe herbeigekommen. Er spricht vom Sieg dieser Herrschaft Gottes. Und das Ergebnis: Von einem Sieg der Herrschaft Gottes ist wahrhaftig nichts zu spüren. Gerade unser Evangelist bemüht sich, herauszustellen, daß nicht die Anhänger, die Jünger, mehr werden, sondern die Feinde dieser Gottes Herrschaft bekommen immer mehr Oberwasser. Das ist ja nicht nur damals so gewesen, sondern das ereignet sich immer wieder neu bis in unsere Tage hinein. Auch heute würde es niemand wagen, zu sagen: Wir sehen es deutlich vor Augen, in welch einem starken Maße immer mehr Menschen unter die Herrschaft Gottes kommen; werden doch in den meisten Fällen die Kirchen leerer statt voller. Darüber täuschen auch die großen Kirchentage nicht hinweg, an denen sich Zigtausende unter Gottes Wort versammeln. Und wie muß es uns allen, die wir berufen sind, diese Herrschaft Gottes auszurufen, zumute sein, wenn wir sehen, wie so alles vergeblich ist? Da erhoffen wir doch, daß das Wort der Verkündigung Frucht bringt und dabei spielt es keine Rolle, ob es hier von der Kanzel gesagt wird, ob es dem Nachbarn am Schraubstock oder tief unten in der Erde bei Bohren bezeugt wird. Und das Ergebnis ist: Taube Ohren. Da erhoffen wir, daß in der Kirche, in der Gemeinde, daß hier in Hassel endlich einmal Gottes Wort zum Ziele kommt und seine Herrschaft weiter ausgebreitet wird. Und das Ergebnis: Es bleibt alles beim Alten. So könnten wir jetzt in einer unendlich langen Kette weiter fortfahren und niegergeschlagen feststellen: Von einem Sieg Gottes ist nichts festzustellen. Hier aber ruft Jesus uns, die wir uns auf einer abschüssigen Straße befinden, ein entscheidendes Halt zu: Was willst du dem großen Erntetag Gottes vorgreifen! Wieviel Frucht sein Wort bringt, das wir verkündigt haben, können wir erst erfahren, wenn der große Erntetag gekommen ist. Aber das eine dürfen und sollen wir jetzt schon wissen, es wird reiche Frucht bringen, so wie es eine ausgemachte Sache ist, daß die Erde aus dem Samen hervorbringt "Erst das kleine Pflänzlein, darnach die Ähren und darnach den vollen Weizen in den Ähren." Weg also mit aller Traurigkeit, denn Gott steht zu seinem Wort! Wir hören aber einige sagen: Bei uns in der Gemeinde ist wirklich etwas Neues geworden, in unserem Kreise spürten wir etwas vom Wirken des Heiligen Geistes oder auf unserer Freizeit. Erlebten wir es nicht, daß Gottes Segen auf uns ruhte? Und zu leicht kommt es dann dazu, daß wir auf unsere Gemeinde oder unseren Kreis stolz werden, daß wir den Verkündiger in den Himmel hineinloben; daß man von unserem Kreise sagen kann, wir haben Christi Geist unter uns, denn wir alle sind ja auch so liebe, ernste und gläubige Menschen. Dann passiert es auch, daß wir den anderen Gemeinden und Gemeindekreisen, den anderen Christen, die von sich bekennen, das alles haben wir noch nicht erlebt, sagen: Seht, daran kann man ja erkennen, daß ihr es mit eurem Glauben nicht ernst meint, daß ihr überhaupt nicht an Jesus Christus glaubt. Da müßt ihr erst zu unserem Kreise kommen, da müßt ihr erst unseren Verkündiger hören und kennenlernen. Halt, so geht das nicht weiter, fällt uns da Jesus Christus ins Wort. Das Wachsen der Gottes Herrschaft hat nichts zu tun mit dem Verkündiger, nichts mit der Gemeinde, mag sie noch so bestrebt sein, in ernster Nachfolge zu stehen. Das alles kommt erst an letzter Stelle. Wenn Jesus von dieser unseren Arbeit spricht, mag sie nach unserer Meinung noch so gesegnet sein, können wir in unserem Text nachlesen. Wir werden verglichen mit dem Mann, der den Samen auf das Land wirft. Mag unsere Arbeit noch so gut geplant und vorbereitet und ausgerichtet sein, in den Augen Gottes ist unsere Arbeit nur ein bloßes Auswerfen und ein Schlafen und Aufstehen. Wenn Gott so unsere Arbeit und unseren Dienst ansieht, dann laßt uns von unserer Arbeit auch nicht höher denken als Gott selbst. Er setzt unserem geistlichen Hochmut eine Grenze, indem er uns hinweist auf das Geheimnis, daß Gottes Herrschaft auch ohne uns aufgerichtet wird. So sagt es ja auch schon Martin Luther in seiner Erklärung zur 2. Bitte. Jesus behütet uns also davor, daß wir auf unsere eigenen Fähigkeiten oder Unfähigkeiten schauen und darüber geistlich hochmütig werden oder vor Niedergeschlagenheit verzweifeln. Wenn es um die Herrschaft Gottes auf dieser Welt geht, dann ist beides nicht recht am Platze, denn nun gilt es, dem Worte Jesu allein zu vertrauen, das uns zuruft: Verwundere dich mit mit, daß Gottes Herrschaft in dieser Welt zum Ziele kommt, und zwar aus eigener Kraft, ohne menschliche Hilfe. Er will unsere Augen von uns selbst, von unserem Dienst und von unserem Einsatz wegrufen und hinlenken auf das kleine Senfkörnlein. Wie unscheinbar es doch ist, wie es aber dennoch allen feindlichen Einflüssen trotzt. Ja, wie es selbst dem Tode trotzt oder mit anderen Worten, wie er, dieser Jesus von Nazareth den Tod am Kreuz auf Golgatha überwindet. Wo waren da die Menschen, die ihm beizustehen in der Lage gewesen wären? Verwundere dich ruhig darüber, daß es heißt: "Sie flohen aber alle!" Und wir würden in derselben Lage auch fliehen. Verwundern wir uns auch ruhig darüber, daß seine Feinde triumphieren. Dennnoch: Auch ohne ihre Hilfe brach der Auferstehungstag herein. Trotz des Schnaubens und Tobens der Feinde Jesu , der Ruf ist nicht mehr stumm zu bekommen: "Jesus Christis lebt, er ist von den Toten auferstanden!" Es soll und darf allerdings bei diesem Sichverwundern nicht stehen bleiben, sondern wir werden von Jesus aufgemuntert: Freue dich mit mir, daß Gottes Herrschaft in dieser Welt zum Ziele kommt, und zwar aus eigener Kraft, ohne deine Hilfe. Wie können wir uns dann nicht mitfreuen?, fragt vielleicht der eine oder der andere von uns. Aber ist diese Frage überhaupt noch nötig? Sind wir alle nicht der beste Beweis, das Gott mit seiner Herrschaft auch ganz allein zum Ziele kommt. Was waren wir denn für Menschen, bevor Gottes Wort in uns zu wirken begann? Wir waren genau dieselben wie die, die heute noch an Jesus Christus und seiner Gemeinde vorbeilaufen. Wir waren die, die sich Gott verschlossen. Und nun? Die Türen dürfen jetzt weit aufgetan sein, damit seine Herrschaft in uns Platz ergreifen kann. Und das müssen wir doch ehrlicherweise zugeben, wir haben uns nicht darauf gerüstet, nicht vorbereitet, damit der König der Ehren einziehen kann; im Gegenteil, wir hatten die Türen nur noch fester verriegelt und verrammelt und dennoch - eines Tages ist es geschehen, da gingen die Türen trotz unseres NICHTWOLLENS auf und es wurde in unserem Herzen licht von dem Glanze der Herrschaft Jesu Christi. Da können wir in der Tat in einer unaussprechbaren Freude leben, Jesus Christus ist in unserem Leben zum Siege gelangt. Und wenn das noch nicht der Fall sein sollte, wie wir vielleicht meinen, so ruft uns Jesus Christus in dieser Stunde zu: Ich bin bei dir bereits am Werke und möchte bei dir Einkehr halten und ich werde auch bei dir zum Siege kommen. Du darfst es in deinem eigenen Leben erfahren: Jesus Christus kommt auch bei dir zum Siege, und zwar allein aus seiner eigenen göttlichen Kraft, ohne deine Mithilfe, vielleicht sogar gegen deinen Willen: "Aus Gnaden seid ihr selig geworden durch den Glauben und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus den Werken, auf daß sich nicht jemand rühme." Dieses Wort lädt uns zur Mitfreude ein. Wir sahen, wie die Herrschaft Gottes bei Jesus Christus, wie sie auch bei uns zum Siege gelangt ist, so dürfen wir auch das andere glauben und dazu ruft uns das heutige Gleichnis in ganz besonderer Weise auf: Jesus Christus kommt mit seiner Herrschaft auf der ganzen Linie zum Siege. Und da kann es doch keinen von uns geben, der nicht über diese Gewißheit zur unausprechlichen Freude kommt. Der große Erntetag Gottes rückt immer näher und er wird den Sieg Gottes aller Welt offenbar machen. Aber wenn dieser große Erntetag Gottes noch ferne ist und wir uns noch ein wenig gedulden müssen bis wir den himmlischen Gabentisch schauen dürfen und sehen können, welch herrliche Pracht Jesu Wort gebracht hat, so ragt doch auch dieser Erntetag Gottes schon in unsere Zeit hinein als ein Zeichen der einen großen Herrlichkeit. Es ist der Tisch des Herrn mit der einen Frucht, die alle anderen noch werdenden Früchte umfaßt. Es ist das Fleisch und Blut Jesu Christi, für uns in den Tod gegeben, aber auch für uns verherrlicht durch die Auferstehung. Hier an dieser Frucht wird es in einer unaussprechlichen Einmaligkeit deutlich, wie diese Frucht geworden ist aus einer Kraft heraus, die von uns nicht gefördert und auch nicht gehemmt werden kann, die ein Geheimnis der Herrschaft Gottes ist. Und unser Dienst kann nur immer wieder der sein, daß wir uns an diesen Tisch niederlassen und teilnehmen an der großen Gabe Gottes, an seinem Sohne Jesu Christus. Wir werden an diesem großen Erntetisch für die Wegstrecke, die noch vor uns liegt, bis die endgültige Ernte eingeholt wird, gespeist. Wie ist es aber dann mit dem Dienst der Verkündigung des Wortes Gottes, zu dem wir alle, ohne Ausnahme, gerufen sind? Wenn wir so auch wissen, daß Gottes Wort, als Same ausgestreut, ohne uns, zur Ernte, zur Frucht drängt, so werden wir dennoch nicht aus unserem Dienst am Worte Gottes entlassen, sondern wie könnte es anders sein, als daß wir alles, was wir sind und haben, in diesen Dienst stellen, weil wir ihn tun als Dank für die so große Gabe und weil wir ihn tun mit der einen Bitte, Gott möge uns doch diesen unseren Dienst nicht von uns wegnehmen, sondern ihn annehmen als etwas, was wir einfach nicht lassen können. Wie können wir schweigen, wenn unser Herz überläuft von dieser Freude über das Hereinbrechen der Gottes Herrschaft in unser Leben, in das Leben der Gemeinde. Wir werden aber diesen Dienst nicht tun als solche, die meinen: Wir werden es schon schaffen. Wir brauchen vielleicht nur die Methode der Verkündigung zu ändern, wir brauchen uns nur einer anderen Theologie zu verschreiben, wir brauchen nur frömmer zu werden, sondern wir werden diesen Dienst tun dürfen als solche, die den Blick wegwenden von sich selbst auf das große Geheimnis der Herrschaft Gottes, daß das Wort. das wir verkündigen, von selbst wächst und zur Ernte heranreift, auch ohne uns. Wir werden aber diesen Dienst auch tun dürfen ohne alle Schwarzseherei. Wir dürfen am Platze stehen und unseren Dienst ausüben, auch wenn rings um uns her alles eher nach Niederlage und nicht nach Sieg aussieht. Wir dürfen es tun, weil wir schon den alles übertönenden Chor des einen großen Erntetages hören und wissen von der Fülle dieser Ernte. Wir dürfen es aber auch tun, weil wir schon zeichenhaft diesen kommenden Erntetag Gottes vorwegfeiern, indem wir uns um den Tisch des Herrn sammeln. "Herr, dein Reich komme!"
(Das exakte Datum ist nicht vorhanden.)
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