Predigten im Jahre 1952 - 10 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum: / / | Otros Lugares/Weitere Predigtorte:
| Año Eclesiástico/Kirchenjahr:1952 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Römer 5, 12 - 21 | | |
Skopus: Durch den einen Menschen Jesus kam das Heil zu uns | | Predigten im Jahre 1952 - 10 - Römer 5, 12 - 21 "Derhalben, wie durch EINEN Menschen die Sünde ist gekommen in die Welt und der Tod durch die Sünde, und ist also der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, dieweil sie alle gesündigt haben; denn die Sünde war wohl in der Welt bis auf das Gesetz; aber wo kein Gesetz ist, da achtet man der Sünde nicht. Doch herrschte der Tod von Adam an bis auf Mose auch über die, die nicht gesündigt haben mit gleichen Übertretungen wie Adam, welcher ist ein Bild des, der zukünftig war. Aber nicht verhält's sich mit der Gabe wie mit der Sünde. Denn so an eines Sünde viele gestorben sind, so ist viel mehr Gottes Gnade und Gabe vielen reichlich widerfahren durch die Gnade des EINEN Menschen Jesus Christus. Und nicht ist die Gabe allein über EINE Sünde, wie durch des einen Sünders eine Sünde alles Verderben. Denn das Urteil ist gekommen aus EINER Sünde zur Verdammnis; die Gabe aber hilft auch aus vielen Sünden zur Gerechtigkeit. Denn so um des einen Sünde willen der Tod geherrscht hat durch den einen, viel mehr werden die, so da empfangen die Fülle der Gnade und der Gabe zur Gerechtigkeit, herrschen im Leben durch EINEN, Jesum Christum. Wie nun durch eines Menschen Sünde die Verdammnis über alle Menschen gekommen ist, also ist auch durch eines Gerechtigkeit die Rechtfertigung des Lebens über alle Menschen gekommen. Denn gleichwie durch EINES Menschen Ungehorsam viele Sünder geworden sind, also auch durch eines Gehorsam werden viele Gerechte. Das Gesetz aber ist neben eingekommen, auf daß die Sünde mächtiger würde. Wo aber die Sünde mächtig geworden ist, da ist doch die Gnade viel mächtiger geworden, auf daß, gleichwie die Sünde geherrscht hat zum Tode, also auch herrscht die Gnade durch die Gerechtigkeit zum ewigen Leben durch Jesum Christum, unsern Herrn."
Mit unheimlicher Macht ist eine große Angst vor dem Tode über uns hereingebrochen. Diese Angst vor dem Tode ist so groß, daß sie alle Gebiete unseres Lebens erfaßt. Wir haben es in den vergangenen Jahren, da die Bomben über uns und unsere Häuser fielen, da wir mit Schrecken mit der Möglichkeit rechneten, daß der liebste Mensch, den wir besitzen, gefallen ist, da haben wir die Unentrinnbarkeit vor dem Tode an unserem eigenen Leibe und an unseren Lieben gespürt. Wir mußten es erleben und viele müssen es bis auf den heutigen Tag noch erleben, wie das Leben eines Menschen in der Hand eines tyrannischen Machthabers keinen Pfennig mehr wert ist. Ein Schuß nur - und der Tod hat die Hand nach einem Menschen ausgestreckt. Aber wir brauchen nicht nur an die Vergangenheit zu denken, sondern denken wir an unser gewöhnliches alltägliches Leben. An jedem Sterbebett wird uns klar und deutlich, wie machtlos wir der Gewalt des Todes ausgeliefert sind, heute unser Freund, unser Nachbar und morgen - vielleicht wir selbst. Jede Krankheit, die wir an unserem eigenen Leibe spüren müssen, mahnt uns daran, daß auch wir den Keim des Todes in und an uns tragen. Erst recht wagen wir es micht, an die Zukunft zu denken, wenn einmal die Atombomben auf uns losgelassen werden könnten. Wie ein grauenhaftes Gespenst geht der Tod durch unsere Reihen und grinst uns an, dabei macht er nicht halt vor den Machthabern dieser Welt, nicht vor groß und klein, nicht vor arm und reich. Jeder von uns ist gefragt, wie er mit dieser Frage fertig wird. Es gab eine Zeit, noch unsere Väter haben sie erlebt, da schob man diese Frage beiseite. Man versuchte dieser Frage zu entgehen, indem man sich mit anderen Dingen, die schöner und nicht so entsetzlich waren, beschäftigte. Nun ist der Tod durch die Furchtbarkeit der letzten Kriege und durch die Angst vor dem Kommenden so in unser Leben eingedrungen, daß wir ihn nicht mehr übersehen können. Schauen wir uns einmal die Titel der neuesten Bücher an: Die Pest, Am Abgrund des Lebens, Die Letzte am Schaffot, Eine Handvoll Staub, Die Nackten und die Toten, dann mahnen sie uns daran, daß wir uns alle am Abgrund des Todes befinden und jeden Augenblick in diesen Abgrund stürzen können. Der Tod hat sich mit solcher Eindringlichkeit und Deutlichkeit bei uns angemeldet, daß selbst Menschen, die von Gott nichts wissen wollen oder ihn leugnen, mit ihm nicht fertig werden können. Darüber gibt es wohl bei allen Menschen, ob Christen oder Nichtchristen, oder sogar Gotteslästerer, keinen Zweifel: Wir leben am Rande des Todes. Wir sind eine dem Tode verfallene Welt. Wir sind eine Menschheit, die im finsteren Tal des Todes umherschleicht. Aber diese Erkenntnis brauchte uns garnicht so neu sein, denn das ist es, was der Apostel Paulus im heutigen Text längst schon erkannt hat: "Der Tod ist zu allen Menschen durchgedrungen!" Wir Menschen müssen also mit diesem Tod fertig werden, ganz gleich auf welche Art und Weise. Und wahrhaftig, wir Menschen versuchen schon, auf diese Bedrohung unseres Lebens eine Antwort zu finden. Die einen stecken auch heute noch den Kopf in den Sand, wie der Vogel Strauß es tut, wenn er Gefahr wittert. Diese Menschen verhalten sich so, als ob es halb so schlimm sei, als ob eben der Tod einfach zum Wesen des Menschen gehört. Die anderen aber grübeln und kommen keinen Schritt weiter und müssen dann schließlich vor Resignation feststellen: Wir werden damit nicht fertig. Wir müssen einfach den Mut aufbringen, dem Tod in großer Gelassenheit entgegen zu gehen, auch wenn wir damit nicht fertig werden, schließlich können wir daran doch nichts ändern. Wir hören dann vielleicht die Worte: Ja, mein lieber Mann, wir können dir, der du dem Tod entgegengehst, und wer geht nicht dem Tode entgegen, zwar nicht sagen, was das bedeutet. Wir können dich von diesem Tode auch nicht befreien; aber wenn schon alles Leben umsonst ist, so gehe doch wenigstens geraden und stolzen Blickes dem Tode entgegen. Wir als Christen können weder den Tod als eine halb so schlimme Sache ansehen, noch können wir in Verzweiflung und Resignation dem Tode entgegengehen wie ein Ochse, der zur Schlachtbank geführt wird. Wir können beides nicht, weil wir wissen, daß der Tod eben nicht wie ein böses Schicksal über uns hängt, sondern daß der Tod uns bedroht, weil wir ihn durch unsere Sünde herbeigeholt haben in unsere Welt, von der Gott in der Schöpfung gesagt hatte, daß sie sehr gut sei. "Die Sünde ist gekommen in die Welt und der Tod durch die Sünde, und ist also der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, dieweil sie alle gesündigt haben." Wir sind also eine dem Tode verfallene Welt, weil wir selbst durch unsere eigene Sünde im Angesichte des Todes leben wollten. Das Leben war uns von Gott angeboten, aber wir wählten den Tod. Was ist es um unsere Sünde, die uns so an den Abgrund des Todes getrieben hat? Wir wissen, wie das Wort SÜNDE heute eigentlich gar nicht nehr recht verstanden wird. Selbst wir als Christen nehmen dieses Wort nicht mehr ernst. Wir gebrauchen es als Dekorationswort für unseren Christenstand und für unser christliches Reden. Wir gleichen als Christen nur zu sehr der Frau, die von einem Seelsorger aufgesucht wird. Und als der Seelsorger ihr ins Gewissen redet, in einem eifrigen Tonfall beteuert: Ach ja, sie sei wirklich eine arme Sünderin; sie habe die Strafe Gottes verdient. Die Frau sprang aber hoch, als der Seelsorger ihr darauf sagte: Ja, liebe Frau, da haben sie ganz recht, das erzählten vor wenigen Minuten auch schon ihre Nachbarinnen, wie unverträglich sie sind, und wütete gegen diese Nachbarinnen los, die das fertig brachten, das von ihr als einer frommen Frau zu sagen. Wir haben uns so verschiedene fromme Redensarten und Wörter angeeignet und meinen, jetzt haben wir die ganze Wahrheit erfaßt. Es gehört zum guten Ton eines frommen Christen, daß er davon spricht, daß er ein ganz elender und großer Sünder ist. Aber Gott sei Lob und Dank, Paulus läßt uns nicht im Unklaren, was er unter Sünder versteht. Sünde ist kein leerer Begriff, sondern Sünde ist konkreter Ungehorsam, ist Rebellion und Auflehnung gegen Gott und sein Gebot. Sünde ist es, wenn Gott uns auffordert, einen kranken oder hilflosen Menschen zu besuchen und wir sagen: Kommt ja garnicht in Frage, Gott, hast du vergessen, daß ich jetzt in der Adventszeit selbst so viel Arbeit in meinem eigeneen Hause zu tun habe. Sünde ist es, wenn Gott uns den Auftrag gibt, einmal nicht nur bei den Geschenken an unsere eigenen Kinder und Angehörigen zu denken, sondern auch etwas übrig zu halten für ein Kind in der Nachbarschaft, das von seinen Eltern nichts erwarten kann, und wenn wir dann sagen: Wie kannst du, Gott, nur so etwas sagen, du weißt, wie klein unsere Geldbörse ist, es reicht ja kaum für uns. Sünde ist es, wenn Gott uns vielleicht in einem Augenblick, da uns großes Unrecht geschieht, sagt: Schweig jetzt erst einmal ruhig still. Laß den anderen dich ruhig zu Unrecht beschimpfen, und wir dann sagen: Das kannst du doch einfach nicht von mir verlangen, ich muß doch meine Ehre verteidigen. Sünde bedeutet es, wenn Gott uns zuruft, nutze diese Adventszeit dazu aus, um in besonderer Weise mein Wort zu hören und zu lesen! und wir sagen: Wie kannst du nur so etwas von mir verlangen>? Du weißt doch, wie fromm ich bin. Du weißt aber auch, daß ich jetzt vor Weihnachtsvorbereitungen keine Zeit für irgendwelche anderen Dinge habe. Sünde bedeutet, wenn Gott mir sagt: Fange heute noch an, stehe 1/2 Stunde früher auf und lies die Heilige Schrift, damit ich dir aus ihr für den Tag Kraft schenken kann! und wir sagen: Selbstverständlich lese ich gern einmal in deinem Wort, aber du kannst doch nicht von mir erwarten, daß ich morgens, wenn ich noch so müde bin, aufstehe. Um aller dieser Dinge willen sind wir also dem Tode verfallen. Sünde ist Ungehorsam gegen Gott, der uns seine Gebote gegeben hat, damit wir leben können. Und wer von uns wollte von sich behaupten können: Ich bin nie Gott gegegnüber ungehorsam gewesen, sondern ich habe immer das getan, was er von mir haben wollte? Wenn wir das auch so anerkennen, so könnten wir uns doch dem ganzen Ernst dieser Tatsache entziehen, wenn wir sagen: Ich weiß, daß ich Gott gegenüber ungehorsam geworden bin, aber ich kann doch nichts dafür, warum war denn auch Adam so ungehorsam? Ich kann doch nicht dafür haftbar gemacht werden, was dieser Mensch da am Anfang der Welt verbrochen hat; unser Text sagt es uns doch, daß dieser erste Mensch die Sünde und den Tod über uns gebracht hat. Es lautet dort: "Wie durch einen Menschen die Sünde ist gekommen in die Welt und der Tod durch die Sünde, und ist also der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, dieweil sie alle gesündigt haben." oder: "Nun ist durch eines Sünde die Verderbnis über die Menschen gekommen." oder: "Durch eines Menschen Ungehorsam sind viele Sünder geworden." Tun wir das bitte nicht, daß wir Adam als einem Sündenbock die ganze Schuld aufladen, denn das will uns unser Text in keinster Weise ermöglichen, sondern hier in diesem Adam finden wir uns selbst wieder. Dieser Adam ist das Bild des Menschen schlechthin, mein und auch dein Bild. So, wie dieser Adam Gottes Gebot nicht beachtete und seinen eigenen Weg gehen wollte, so sind wir auf der ganzen Linie gegen Gott ungehorsame Menschen. So, wie er die Folgen dieses Ungehorsams tragen mußte und aus der Náhe Gottes gestoßen wurde, so sind wir alle miteinander Menschen, die dem Tode verfallen sind und gleichen alle dem Volk, das im Finstern wandelt und im Schatten des Todes. Im Angesichte dieser furchtbaren Tatsache und im Hinblick auf unsere große Schuld, die uns in diese große Finsternis gestürzt hat, brauchen wir aber nicht verzweifelt zu stöhnen und zu sagen: Es hat doch alles keinen Zweck, sondern das ist ja das Einmalige und Unbegreifliche, daß in diese Finsternis ein Licht hereindringt. Das haben schon die Propheten des Alten Bundes erkannt. Paulus sagt uns auch, woher dieses Licht kommt. Und wir, die wir gerade in der Adventszeit stehen, müßten es bereits ebenfalls wissen. Dieses Licht kommt aus dem Stall zu Bethlehem, da, wo der auf dieser Erde seinen Anfang genommen hat, der das Ebenbild seines Vaters ist, bei dem keine Finsternis, sondern nur Licht ist. Von diesem Kind in der Krippe geht der Glanz aus in alle Dörfer und Städte, in die Familien und Schulen, zu den Umherirrenden und Verzweifelten, zu den Kranken und Sterbenden, in der Nähe und in der Ferne. Und überall da, wo dieser Glanz hinreicht, weicht die Dunkelheit des Todes und des Verderbens und der Verdammnis und da wird es wieder hell. Dort im Stall zu Bethlehem nimmt der seinen Anfang, der durch seinen ganzen Gehorsam sein Leben seinem Vater weiht. "Er ward ihm gehorsam, ja gehorsam bis zum Tode am Kreuz." Im Angesichte dieses Gehorsams bricht alle Furcht vor dem Tode zusammen. Der Tod selbst wird von seinem Thron, von seiner Tyrannei gestürzt. Statt der Herrschaft der Sünde, des Ungehorsams gegen Gott, hält der Gehorsam seinen Einzug auch bei uns. Wir dürfen solche Menschen werden, die nun als gehorsame Kinder an Gottes Seite durch diese Zeit gehen, als Menschen, die nicht mehr das Zeichen des Todes und der Sünde tragen, sondern das Zeichen des Lebens und des Gehorsams. Gerade das, was wir bis jetzt noch nicht fertig gebracht haben, das wird uns im Zeichen dieses Lichtes gelingen, nämlich auf Gottes Gebot achten und auch danach tun: "Wo aber die Sünde mächtig geworden ist, da ist die Gnade viel mächtiger geworden."
(Das exakte Datum ist nicht vorhanden.)
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