Predigten im Jahre 1952 - 01 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum: / / | Otros Lugares/Weitere Predigtorte:
| Año Eclesiástico/Kirchenjahr: | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:5. Mose 30, 19 | | |
Skopus: | | Predigten im Jahre 1952 - 1 - 5. Mose 30, 19 "Ich nehme Himmel und Erde über euch zu Zeugen: ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, daß du das Leben erwähltest und du und dein Same leben mögest."
An dem heutigen Sonntag will sich die gesamte evangelische Kirche in Deutschland um dieses Wort sammeln und darauf hören, was Gott uns durch dieses Wort zu sagen hat. Es ist dasselbe Wort, um das sich in diesen Tagen in Stuttgart der Deutsche Evangelische Kirchentag bemüht, der zusammengekommen ist unter der Losung: WÄHLT DAS LEBEN! In einer Klarheit ohnegleichen hat Mose seinem Volk Gottes Wort verkündigt, hat ihm die Verantwortung klargemacht, in der es nun, da es im Besitze dieses Worte Gottes ist, steht. Wahrhaftig, es ist ein großer Unterschied zwischen dem, der Gottes Wort gehört hat und einem Heiden, der noch nichts von der Botschaft weiß. Aber für uns ist dieses ja gar keine Frage mehr. Wir sind Menschen, die mehr oder weniger jeden Sonntag in dieses Gotteshaus kommen und Gottes Wort hören. Auch von uns kann das gelten, was Mose von seinem Volke sagt: "Ich nehme Himmel und Erde über euch zu Zeugen, daß euch das Wort Gottes gesagt worden ist." Ein Vorbeidrücken wird uns also im Angesicht Gottes unmöglich gemacht sein. Nun ist für uns die große Frage, vor die wir gestellt sind: Zu welcher Entscheidung ist es bei uns gekommen, die wir durch viele Jahre hindurch Gottes Wort gehört haben? Um welche wichtigen Dinge es bei dieser Entscheidung immer geht, zeigt uns unser Text: "Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch, vorgelegt." Wahrhaftig, es geht bei dieser Entscheidung um Leben und Tod. Und haben wir aber nicht gemeint, beim Christsein handelt es sich um ein frommes Gefühl, sei es himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt. Nein, bei dieser Entscheidung, vor die wir gestellt sind, geht es nicht um fröhliche Stimmungen oder um trauriges Niedergeschlagensein, sondern es geht um Leben und Tod. Aber nur zu gerne sind wir alle geneigt, die Schwere dieser Entscheidung von uns abzuwälzen, indem wir sagen: Es ist schon recht, daß es um Leben und Tod geht, aber es geht um das innere Leben oder um den inneren Tod. Wir schieben die Entscheidung auf den inneren Menschen. Und man kann schon feststellen, daß unser gesamtes christliches Denken von dieser Haltung geprägt ist. Wir zählen zum Beispiel unsere Gemeinde nach der SEELENZAHL. Wir reden davon, daß wir unsere Seele retten müssen. Oder wir reden von der SEELsorge. Dabei geschieht es nur zu leicht, daß wir Gottes Wort gerne für unsere SEELE in Anspruch nehmen wollen, ziehen aber unseren Körper, unseren Leib, vor der Verantwortung gegenüber Gott, dem Herrn, zurück. Vor Gott aber ist der innere Mensch nicht höher geachtet als der äußere, gilt die Seele nicht mehr als der Leib. Die Aufspaltung des Menschen in einen inneren und einen äußeren Menschen, ist dem Denken des Mose einfach unmöglich. Er kennt nur den einen und ganzen Menschen, der mit allem, was er ist und was er hat, vor diese Entscheidung gestellt wird: "Leben oder Tod!" Hier an dieser Stelle geht es hauptsächlich um das Leben oder um den Tod auf dieser Erde, nicht so sehr um unser Sein nach dem Tode. So sind uns jetzt alle Mauern, die wir um uns gebaut haben, um uns vor der Entscheidung LEBEN ODER TOD? zu drücken, eingerissen und wir haben nun nicht mehr davon zu reden, wie es unserem Gefühl zumute ist und auch nicht, ob unsere Seele gerettet wird oder verlorengeht, auch nicht, ob wir im Jenseits tot oder lebendig sein wollen, sondern wir haben die Frage zu beantworten, ob wir, jeder einzelne von uns, hier auf dieser Erde als Menschen des 20. Jahrhunderts, als Bürger des so zerschlagenen Deutschlands, als Glieder unserer Gemeinde, in tiefem Ernst und voller Verwantwortung vor die Frage des Mose gestellt wissen: LEBEN ODER TOD? Leben und Tod sind nicht Dinge, die uns nichts angehen, die einer anderen Welt angehören, sondern Leben und Tod hat es mit diesem unserem Leben auf dieser Erde zu tun. Die Frage lautet also: Leben oder Tod in der Kirche? Leben oder Tod in der Ehe und in der Familie? Leben oder Tod im Staate? Wir könnten uns die Frage nach Leben oder Tod in der Kirche sehr leicht machen und all die vielen Urteile der verschiedensten Menschen zusammentragen, die alle sicherlich verschieden wären. Die einen würden von unserer Gemeinde in Hassel sagen, sie sei eine tote Gemeinde, nicht fähig zum Leben und nicht zum Sterben. Und die anderen könnten wiederum behaupten, wir sind eine lebendige Gemeinde, sieht man das nicht an allen Ecken, allen Verleumdungen zum Trotz. Aber so lautet die Frage, die wir beantworten sollen, nicht. Die Frage, vor die wir heute in dieser Stunde gestellt sind, lauttet: Willst du ein lebendiges oder ein totes Glied in der Gemeinde zu Hassel sein? Was es bedeutet, ein lebendiges oder ein totes Glied in der Gemeinde zu sein, wissen wir alle, wie es auch das Volk Israel bei der Frage des Mose gewußt hat. Aber vielleicht tut es gut, doch noch einige Anhaltspunkte zu geben. Beschränkt sich unser Christsein vielleicht nur darauf, daß wir die Kirchensteuer bezahlen und hin und wieder den Pfarrer für Amtshandlungen in Anspruch zu nehmen und dann von Zeit zu Zeit auch einmal in den Gottesdienst zu gehen? Wo sind wir aber, wenn es einmal gilt, unsere Hände mitanzulegen an die Arbeit, die auch hier in Hassel massenhaft auf uns wartet? Wir bringen es noch nicht einmal fertig, unsere Kinder in die Jugendkreise zu schicken? Wer von uns ist solch ein lebendiges Glied in der Gemeinde, daß er sich vom Pfarre die Liste der Kranken und Alten geben läßt, um sie im Namen Christi zu besuchen? Wer von uns öffnete wirklich schon einmal in der letzten Zeit seine Geldbörse so weit, daß es ein rechtes Opfer wurde, um einem armen Menschen, der in Not geraten war, im Namen Jesu Christi zu helfen? Mose ruft uns zu: "Ich habe euch Leben und Tod zur Entscheidung vorgelegt." In erschreckendem Maße müssen wir überall feststellen, es gibt eine unzähliche Zahl von toten Ehen und toten Familien. Wenn man diese große Zahl ohne viel Schwierigkeiten feststellen kann, wie viel größer ist erst die Zahl der Ehen, die tot sind auf eine Weise, daß man es so oberflächlich garnicht erkennen kann. Vielleicht leben wir auch in einer solchen toten Ehe, in der ein eisiger Wind weht? Aber auch hier kommt es nicht darauf an, festzustellen, welche Ehe tot oder welche Ehe lebendig ist, sondern die Frage lautet für jeden einzelnen von uns: Führst du deine Ehe dem Tode, dem Zusammenbruch, entgegen, oder wird sie unter deiner Führung zu dem, wozu sie Gott eingesetzt hat, nämlich zu einer lebendigen Ehegemeinschaft? Wie ist es mit uns Eheleuten, steht wirklich und wahrhaftig zwischen Mann und Frau in der Ehe als die engste Verbindung zwischen Menschen die Bereitschaft zur Vergebung, die Breitschaft zum täglichen Neuanfang, selbst wenn es sich im schlimmsten Falle um Ehebruch handelt? Wäre das doch eine herrliche Angelegenheit, wenn wir heute wieder den Mut fassen würden, unsere Ehe auf allen Gebieten einem Neuanfang entgegenzuführen. Haben wir schon eibnmal gemeinsam, Mann und Frau, die Hände gefaltet, um mit Gott in Kontakt zu kommen? Oder wenn das nicht der Fall sein könnte, dann fragen wir uns, ob wir denn schon einmal für unseren Ehegatten, mit dem wir nicht auskommen können, Gott um Hilfe angerufen? Das natürliche bei uns ist leider, daß wir den Riß, den schon Kleinigkeiten hervorbringen können, nur noch immer größer machen, das wir unsere Ehe zu Grunde wirtschaften, sodaß sie dann endlich auseinanderbrechen muß. Mose ruft uns zu: "Ich habe euch Leben und Tod zur Entscheidung vorgelegt." Heute in dieser Zeit, da man überall wieder mit dem Säbel rasselt und die letzte Hoffnung auf eine gute Zukunft nur noch von Panzern und Flugzeugen erwartet, gilt die entscheidende Frage: Sind wir bereit, uns nicht dem Wahn hinzugeben, als ob wir durch eine Remilitarisierung, durch Mordinstrumente und Soldaten, die auf Vernichtung menschlichen Lbebens aus sind, unser Leben schützen können und uns dann schließlich doch wieder gerade dadurch dem Tode ausliefern? Oder setzen wir unsere Hoffnung allein auf den Herrn, der uns auch mitten in den politischen Wirrungen und Irrungen dieser Zeit, in die wir durch eigene Schuld hineingeraten sind, als Volk herausretten kann und will, ohne daß wir die furchtbarsten Mordinstumente in die Hand nehmen?! Sind wir bereit, den Weg des Lebens zu gehen, vorbei an Soldaten und Waffen oder wollen wir durch ein Spielen mit dem Streichholz wieder die Welt in Flammen setzen? Unsere politische Stimmung ist bereits so festgefahren, daß das Mädchen aus Süddeutschland, das von der Freudigkeit zum Frieden und damit zum Leben so durchdrungen war, daß es glaubte, die Menschen während der Olympiade auffordern zu müssen, doch endlich alles zu tun, damit der Friede, und damit das LEBEN auf dieser Erde bewahrt bleibe, ohne ein vorhergehendes Blutvergießen, ohne das Rasseln der Panzer. Als sie in Deutschland wieder zurückkam, wurde sie für verrückt erklärt und ihr der Auslandspaß entzogen. "Siehe, ich habe euch Leben und Tod zur Entscheidung vorgelegt", sagt uns Mose. Bei diesen Entscheidungen, die wir im Angesichte Gottes zu fällen haben, geht es nicht darum, zwischen 2 Möglichkeiten, die gleichwertig sind, zu wählen, Gott sagt uns nicht: Na, wenn du nun statt des Lebens, den Tod gewählt hast, dann ist ja alles gut; ich habe dir ja die Möglichkeit der Entscheidung gelassen, jetzt siehe zu, wie du selbst fertig wirst, des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Nein, so sagt uns Mose dieses ernste Wort Gottes nicht, sondern es wird uns das Leben und der Tod vorgelegt, damit wir das Leben wählen sollen: "Ich habe euch das Leben und den Tod vorgelegt, damit du das Leben wählren mögest!" Gott will uns durch sein Wort die Möglichkeit zum Leben geben und es ist die Frage, ob wir lebendige Glieder in der Kirche sind, ob wir in einer lebendigen Ehe leben, ob wir als lebendige Christen im Staate ein Zeichen aufrichten von Gottes Reich?
(Das exakte Datum nicht vorhanden.)
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