Kirchenjahr 1953/54 - 28 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum:29/08/1954 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte: Hausgottesdienst bei Gauss in Camarero, 17-1-1957 | Año Eclesiástico/Kirchenjahr:11. Sonntag nach Trinitatis 1954 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Jakobus 1, 2-12 | | |
Skopus: Der Glaube bewährt sich im Leben | | Kirchenjahr 1953/54 - 28 - Jakobus 1, 2-12 "Meine lieben Brüder, achtet es für eitel Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallet, und wisset, daß euer Glaube, wenn er rechtschaffen ist, Geduld wirkt. Die Geduld aber soll festbleiben, bis ans Ende, auf daß ihr seid vollkommen und ganz und keinen Mangel habt. So aber jemand unter euch Weisheit mangelt, der bitte Gott, der da gibt einfältig jedermann und rücket's niemand auf, so wird sie ihm gegeben werden. Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht; denn wer da zweifelt, der ist gleich wie die Meereswoge, die vom Winde getrieben und gewebt wird. Solcher Mensch denke nicht, daß er etwas von dem Herrn empfangen werde. Ein Zweifler ist unbeständig in allen seinen Wegen. Ein Bruder aber, der niedrig ist, rühme sich seiner Höhe; und der da reich ist, rühme sich seiner Niedrigkeit, denn wie eine Blume des Grases wird er vergehen. Die Sonne geht auf mit der Hitze, und das Gras verwelkt, und seine Blume fällt ab, und seine schöne Gestalt verdirbt; also wird der Reiche in seinen Wegen verwelken. Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche Gott verheißen hat denen, die ihn liebhaben."
Ist es für uns alle nicht eine Zumutung, wenn der Apostel Jakobus uns zuruft: "Denn, liebe Brüder, achtet es für eitel Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen fallet." Wir möchten meinen, er hat seinen Mund doch ein wenig zu voll genommen. Das ist doch gegen alle Vernunft und gegen alle menschliche Ansichten, daß wir uns freuen sollen, wenn es uns recht dreckig geht. Wenn Krankheitsnöte über uns hereinbrechen oder der liebste Mensch uns von der Seite gerissen wird oder wenn wir in große Gewissensnöte hineinkommen, uns dann noch darüber freuen? Das ist doch ein Ding der Unmöglichkeit! Es wäre genauso unmöglich, wenn wir am Grabe des liebsten Menschen singen sollten: "Immer fröhlich, immer fröhlich, alle Tage Sonnenschein!" Daß wir so etwas tun sollen, hat Jakobus nicht im entfernsten gemeint. Er hat im Verse vor unserem Text das, was er meinte, so ausgedrückt: Bevor ich nun anfange mit meinem Brief, erinnere ich euch an eine andere Freude, die so groß ist, daß sie auch noch in die dunkelsten Stunden eures Lebens hineinleuchtet und euch nicht in Verzweiflung und Mutlosigkeit und Verzagtheit fallen läßt. Es ist die Freude, daß Jesus Christus uns zugerufen hat: Komm und folge mir nach und sei mein Jünger! Es ist die Freude, die Jesus Christus für uns erwarb, als er am Kreuz auf Golgatha die Worte aussprach: "Es ist vollbracht!" Es ist vollbracht das Werk, damit wir, du und ich, wieder den Zugang zum gnädigen und liebenden Vater im Himmel haben. In einem Leben, in dem dieses Wirklichkeit geworden ist, wird es nie mehr so dunkel, daß er sagen muß: Ich bin ganz und gar von Gott verlassen, es lohnt sich nicht mehr zu leben. Wo diese Freude, von der Jakobus spricht, im Leben eines Menschen Platz ergriffen hat, da kann die letzte Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit nicht mehr aufkommen. In dieser großen Freude Gottes leben, heißt selbstverständlich nicht, daß uns Traurigkeit und Nöte erspart bleiben; bedeutet nicht, daß wir nie in Lagen hineinkommen, in denen wir meinen, keinen Ausweg mehr zu sehen. Das Leben eines Christen ist nicht ein Weg durch das Paradies. Es kann auch schon einmal knüppeldick über uns hereinbrechen. Aber diese Freude, die uns von Jesus Christus als seinen Jüngern geschenkt worden ist, weicht nicht von uns, sie ist es, die uns dann Kraft gibt, mitten im Leid, mitten in der Anfechtung, zu wissen: Dennoch bist du bei mir, Herr, und hältst mich bei deiner rechten Hand. Diese Freude, die von dem Herrn aller Herren ausstrahlt, schenkt uns die Geduld und die Kraft, auch die Anfechtungen aus seiner Hand zu nehmen. Er fragt dann nicht mehr, WARUM? und nochmals Warum?, sondern er spricht mit dem Herrn im Garten Gethsemane: "Ist es möglich, Herr, so laß diesen Kelch vorübergehen, aber nicht wie ich will, sondern wie du willst!" Jakobus sagt es, daß der, der im Glanze dieser Freude Jesu Christi lebt, auch diese Geduld geschenkt erhält: "Und wisset, daß euer Glaube, wenn er rechtschaffen ist, Geduld wirkt; die Geduld aber soll fest bleiben bis ans Ende, auf daß ihr seid vollkommen und ganz und keinen Mangel habet." Und nun sagt uns unser Text etwas, das in unseren Ohren sehr unbekannt klingt. Jakobus gebraucht das Wort WEISHEIT. Wenn wir dieses Wort WEISE ode WEISHEIT vernehmen, dann verbindet sich damit unwillkürlich die Vorstellung: Ein alter ergrauter Mann mit schlohweißem Bart, der aus seiner reichen Lebenserfahrung seine Weisheit lehrt. Und damit verbindet siuch auch ein langjähriges Studieren und Lernen der verschiedensten Wissenschaften. Ein weiser Mann auf seinem Gebiete, sagen wir dann. Oder wir verbinden mit dem Wort WEISHEIT: Klug sein, sich im Leben zurechtfinden. Voll Ehrfurcht blicken wir zu den weisen Menschen und schauen auf ihre Werke. Aber in dieser Bedeutung gebraucht der Apostel Jakobus das Wort WEISHEIT nicht. Er kennt nur die eine Weisheit, wie Gott sie sieht. Und er sagt auch gleichzeitig, wer vor Gottes Augen ein WEISER Mensch ist, nämlich der, der in Trübsal und in Anfechtungen geduldig sein kann. Sind wir solche WEISE Menschen, solche Menschen, die sich in allen Lagen ihres Lebens in der treuen Hand Gottes wissen? Wer also in Nöten und Anfechtungen Geduld aufbringt, der ist weise. Und was, wenn wir nicht solche weisen Menschen sind, wenn wir in schweren Zeiten nicht aus- noch ein-wissen?, wenn wir wirklich sehr ungeduldige Menschen sind? Das eine steht dann fest daß wir dann unsere Ohren vor der Freudenbotschaft verstopft, unsere Augen, verschlossen haben, wir in unserem Christenstande lau und träge geworden sind und so die Freude Jesu Christi bei uns nicht mehr zum Durchbruch kommt. Wer von uns wollte behaupten, daß er solche Lauheit und Trägheit seines Glaubens nicht kennt? Wie war das zum Beispiel vor 14 Tagen, wo sich nur ausschließlich dunkle Regenwolken am Horizonte sich zeigten, wo waren wir da am Sonntag? Haben uns da schon allein diese dunklen Regenwolken vom Gottesdienst ferngehalten? Und wer von uns wollte dann noch behaupten können, daß er nicht lau und träge gewesen sei, als es in unserem Leben wirklich einmal große Nöte hereinbrachen? Jakobus sagt uns, was auch in einer solchen Lage zu tun sei: "So aber jemand unter euch WEISHEIT mangelt, der bitte Gott, der da gibt einfältig jedermann und rücket's niemand auf, so wird ihm gegeben werden. Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht." Damit wird uns zugerufen, daß auch in einer solchen Lage, wo wir infolge unserer Lauheit nicht weise und nicht geduldig sein können, eine Möglichkeit besteht, wieder das helle Licht in unsere Dunkelheit hineinzulassen: "Bitte!" sagt der Apostel, "Bete!", denn Jesus Christus hat uns die Tür zum Vater ja geöffnet. Wir dürfen ihm, vor dem wir stehen, alles sagen, was uns vom Glauben abhält. Wir dürfen vor ihm stehen in all unserer Schwachheit und Lauheit und Angst und Anfechtung und Hilflosigkeit und wir dürfen stammeln: "Gott, sei mir Sünder gnädig!" Stehen wir so vor unserem Vater im Himmel, dann werden wir es erleben, daß unsere Hand wieder gefüllt wird, daß wir weise und geduldig und getrost werden. Der Vater im Himmel steht vor uns und hat seine Hände weit ausgestreckt, um uns, seine verlorenen Kinder wieder in seine Arme zu schließen. Hören wir, wie er das Wort uns zuruft: "Dieser, mein Sohn, war tot, siehe aber, er lebt; dieser, mein Sohn, war verloren, nun aber hat er wieder heimgefunden."?! Diese offene Türe zum Vater, die uns Jesus Christus aufgeschlossen hat, kann allerdings auch einmal wieder zugehen. Aber wo sie jemand wieder zuknallt, da ist es nicht geschehen, weil Gott sie verschlossen hat, weil Gott uns etwa nicht mehr als seine Kinder anerkennt, sondern ausschließlich und allein sind wir es, die wir die Türe zu Gott nur zu gerne wieder zuknallen. Es wird uns auch gesagt, womit wir sie uns selbst verschließen, mit dem Zweifel nämlich: "Der Christ bitte aber im Glauben und zweifle nicht, denn wer da zweifelt, der ist gleich wie die Meereswoge, die vom Himmel getrieben und geweht wird. Solcher Mensch denke nicht, daß er etwas von dem Herrn empfangen werde." Denken wir doch bei all unseren Gebeten und Bitten, daß wir den bitten, dem alle Macht gegeben ist, im Himmel und auf Erden. Der sollte sich nicht deiner Not und Anfechtung annehmen können? Darum kann es nur eines für uns geben, unsere Hände zu Gott zu erheben und dann alles, aber auch alles, von ihm erwaten. Das bedeutet schon etwas, unseren Blick von unserer Dunkelheit wegzuwenden auf den Herrn aller Herren. Wer nur seine Not sieht, der ist leicht der Meinung verfallen, hier kann ja doch keiner mehr helfen. Und wenn wir dann wohl noch unseren Mund zum Gebet öffnen, dann geschieht es so in der Haltung: Man kann es ja mal versuchen, verkehrt kann es auf keinen Fall sein, zu beten. Aber Gott wirklich bei seinem Worte nehmen und ihm alles zuzutrauen, das fällt uns nicht leicht. Aber doch kommt es darauf an, daß wir wirklich im Glauben an Gottes Hilfe ihn bitten, da wir sonst die Hilfe versäumen. Entweder bleiben wir kleben bei uns selbst und an unsere Not, wenn eine haushohe Welle über uns hereinzubrechen droht, und dann können wir in der Tat keine Hilfe erwarten. Oder wir schauen auf den Herrn und unsere Bitte wird erfüllt, unsere Bitte um Weisheit und Geduld, unsere Bitte um Hilfe. Wer so, mitten in der Anfechtung selbst als ein Geschlagener und Geplagter seinen Blick auf Gott richtet, sich vom barmherzigen Samariter aus dem Staube heben läßt, der ist in aller seiner Armut ein reicher Mann. Wir wissen es selbst von dem Apostel Paulus, daß er darunter stöhnt, daß er "von Satanas mit Fäusten geschlagen" wird, aber Gott ihm dann diese Geduld schenkt: "Laß dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in dem Schwachen mächtig." Und Paulus dann bekennt: "Am meisten aber will ich mich meiner Schwachheit rühmen." Jakobus geht im letzten Vers sogar dazu über, demselben Heil, Glück und Seligkeit, zuzusprechen, der sich durch Gottes Hilfe durch alle Anfechtungen und Nöte hat hindurchretten lassen: "Selig ist der Mann, der die Anfechtungen erduldet." Das ist ja doch das, was sich durch die ganze Heilige Schrift als der große Zug der Freudenbotschaft Gottes hindurchzieht, daß der gerettet und geheilt und erlöst ist, der sich von Gottes Hilfe helfen läst, der sich von ihm aus dem Schmutz und Dreck herausziehen läßt, der sich in aller Anfechtung und Not von Gott an die Hand nehmen läßt, der ihn durch alle Probleme seines Lebens sicher hindurchführt zum Ziel: "Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche Gott verheißen hat denen, die ihn liebhaben."
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