Kirchenjahr 1953/54 - 21 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum:09/05/1954 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte:
| Año Eclesiástico/Kirchenjahr:Jubilate 1954 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Matthäus 10, 16 - 20 | | |
Skopus: Die Feinde der Freudenbotschaft | | Kirchenjahr 1953/54 - 21 - Matthäus 10, 16 - 20 "Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe; darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben. Hütet euch aber vor den Menschen; denn sie werden euch überantworten vor ihre Rathäuser und werden euch geißeln in ihren Schulen. Und man wird euch vor Fürsten und Könige führen um meinetwillen, zum Zeugnis über sie und über die Heiden. Wenn sie euch nun überantworten werden, so sorget nicht, wie oder was ihr reden sollt; denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt. Denn ihr seid es nicht, die da reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet."
Dieses Wort unseres Herrn an seine Jünger gilt nicht nur ihnen, sondern allen denen, die mit Ernst Christen sein wollen. Also gilt es auch uns, die wir uns hier zum Gottesdienst versammelt haben. Denn das wir uns hier eingefunden haben, läßt doch mit einiger Gewißheit annehmen, daß wir auch mit Ernst Christen sein wollen. Dieser Text setzt etwas von einer enormen Bedeutung voraus. Es setzt voraus, daß alle die, die mit Ernst Christen sein wollen, auch diesen Ruf gehört haben: "Siehe, ich sende euch!" Es wäre ein katastrophaler Irrtum, wollte einer von uns meinen, daß Jesus Christus, nachdem er ihm das ganze Heil in der Vergebung seiner Schuld geschenkt hat, einfach laufen lassen würde. Jesus Christus, der Herr, läßt niemanden von uns, die wir sein Heil begehren, einfach laufen, sondern er stellt ihn in seinen Dienst. Schmarotzer gibt es in der menschlichen Gesellschaft genug, aber in der christlichen Kirche haben sie keinen Raum, auch nicht die frommen Schmarotzer. Jesus Christus ruft in das stille Kämmerlein hinein, ruft aber den Christen auch wieder heraus und stellt ihn und sendet ihn mitten in die Brandung dieses Lebens mit allen seinen Gefahren, Nöten und Sorgen. Wer glaubt, daß Jesus Christus zu ihm noch nicht das Wort gesprochen hat: "Siehe ich sende dich!", der muß sich fragen lassen, ob er überhaupt schon das ganze Heil empfangen hat. Aber noch besteht die große Möglichkeit, auch heute wieder, das ganze Heil zu empfangen, das auch den Dienstauftrag mit einschließt. Wir brauchen als evangelische Kirche keine Kirche der Schlafmützen und Schmarotzer zu szein, sondern wir dürfen eine Schar sein, die sich in den Dienst ihres Herrn und Meisters stellen läßt. Dabei spielt es dann aber nur eine untergeordnete Rolle, ob wir den Auftrag ausführen hier auf der Kanzel oder vor Kohle im Zeugnis für Jesus Christus vor unseren Kumpeln oder als Invalide auf einer Bank im Park im Gespräch mit anderen oder durch unser Tun und Handeln in der Nachbarschaft oder ob ich es tue als Politiker, der weiß, das weder Nordamerika noch Rußland ewige Reiche sind, die uns den Frieden bringen, sondern der weiß, daß allein das Königreich Jesu Christi die Zukunft unserer Welt und unserer Zeit ist, auch trotz Atombomben und Waffengeklirr. Alles kommt darauf an, daß wir unseren uns gegebenen Platz als ein Zeuge Jesu Christi einnehmen. Die Jünger jedenfalls ließen sich von ihrem Herrn senden, um ihren Auftrag auszuführen. Dieser Auftrag ist das ganze Evangelium, die ganze Freudenbotschaft, die Jesus Christus der ganzen Welt durch seine Jünger zurufen möchte: "Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen>" Wie ein einziger Freudenschrei soll über diese zerrissene und verstörte und sich zerfleischende Menschheit das Heil und der Frieden verkündigt werden. Wer dieses Evangelium der verzweifelnden Menschheit verkündigt, bringt im Unterschied zu den Friedensengelchen aller Zeiten den allein wahren und echten Frieden Gottes auf diese Erde, durch den allein uns Menschen geholfen werden kann. Aber nun geschieht das Unfaßbare, sagt unser Herr. daß diese Friedensbotschaft Gottes auf den erbittersten Widerstand stoßen wird. Der Mensch läuft lieber menschlichen Parolen von Frieden und Freude und Freiheit nach, als daß er das hört, was ihm Gott selber schenken will. Nicht nur, daß wir Menschen uns unsere Ohren gegenüber der Freudenbotschaft zustopfen, nein, wie eine Hyänenmeute stürzt sich der Mensch gegen Gottes Wort und bringt ihm den größten Haß entgegen. Dieser Haß gegen Jesus Christus und sein Wort fällt auch auf seine Zeugen. Ein Zeuge Jesu Christi, und wir dürfen und sollen ja Zeugen Jesu Christi sein, ein Zeuge Jesu Christi braucht nicht zu meinen, daß die Menschen ihm vor Freuden um den Hals fallen. Haben sie Jesus Christus gekreuzigt, wie sollten sie das mit seinen Jüngern nicht auch machen! Unser Herr gaukelt uns auch keine Illusion vor, sondern er sagt klar und deutlich, was uns als Zeugen des Herrn erwartet: "Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe!" Wenn Jesus dieses als das Normale für den Dienst eines Christen sieht, dann muß sich schon ein Christ fragen lassen, der vielleicht von allen Seiten hoch geehrt wird, ob er noch wirklich ein Zeuge der Botschaft Jesu Christi ist, oder ob er nicht bereits seine eigenen menschlichen Ideen hinausruft, die den anderen Menschen leichter eingeht? Eine Kirche, die nicht mehr spürt, daß ihrer Botschaft von Seiten der Welt ein Widerstand entgegengesetzt wiord, ist in der größeren Gefahr, als eine Kirche, die mitten in der größten Verfolgung steht. Die Regel und das Kennzeichen echten Zeugendienstes sind nach den Worten Jesu: "Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe!" Die Kirche des Westens in ihrer Sicherheit und ihrem Getätscheltwerden von staatlicher und politischer Macht steht in größerer Gefahr zum Nachplapperer menschlicher Parolen zu werden als die Kirche des Ostens, die als eine echte Zeugengestalt inmitten der Anfeindungen des Bolschewismus steht. Es ist sicher auch sehr heilsam, daran zu denken, wie vor 20 Jahren mitten in der Feindschaft des Nationalsozialismus gegen die Botschaft von Jesus Christus eine Schar von Zeugen sich versammelte, um trotz Kerker und KZ in aller Öffentlichkeit zu bekennen: "Wir verwerfen die falsche Lehre, als gäbe es Bereiche unseres Lebens, in denen wir nicht Jesus Christus, sondern anderen Herren zu eigen wären." Diese Männer wagten es, Jesus Christus als den Herrn aller Herren zu bekennen und fragten nichts danach, ob sie darunter zu leiden hatten. Wenn wir so unseren Text lesen: "Sie werden euch überantworten vor ihre Rathäuser und werden euch geißeln in ihren Häusern und man wird euch vor Fürsten und Könige führen um meinetwillen.", dann sieht es in der Tat so aus, als ob das nur die Lage der Kirche im Osten wäre; bei uns im Westen sei ja alles in Ordnung. Aber wir sagten es ja schon, daß wir uns fragen lassen müssen, ob wir hier im Westen schon längst keine echten Zeugen Jesu Christi sind, sondern nur Wiederkäuer propagandistischer und politischer christlichgefärbter Parolen geworden sind, denn wer heute von uns noch seinen Dienst als Zeuge Jesu Christi in rechter Weise wahrnimmt, der wird auch hier im Westen die bitterste Feindschaft von allen Seiten zu spüren bekommen. Haben wir es wirklich schon einmal versucht, echte Zeugen inmitten unserer Umgebung zu sein? Ich bin vor einiger Zeit sehr beeindruckt worden von dem, was ein Vertreter des Studienwerkes Villigst, das unbemittelten jungen Menschen das Studium ermöglichte, berichtete. Ein junger Mann aus einem wohlbehüteten frommen Hause wurde in Villigst an einen Arbeitsplatz in einer Fabrik gestellt, um sich damit die Kosten für die ersten 2 Semester zu verdienen. Schon nach einer Woche kommt er völlig aufgebracht zum Leiter des Studienwerkes und sagt: Es sei unmöhlich, ihm eine solche Arbeit zuzumuten, mitten in dem Lärm einer Fabrikhalle, inmitten einer Arbeitsgruppe, die von seinem Christsein erfahren hatte und die ihn nun schon seit Tagen zum Ziel ihres Spottes gemacht hatte. Dieser junge Mann wollte seine Arbeit niederlegen. Er glaubte, das nicht mehr aushalten zu können. In einem ernsten Gespräch wurde ihm aber klargemacht, daß das Flucht vor seinem Herrn wäre, wenn er jetzt weglaufen wollte. Er solle einmal ruhig seine Arbeit weiter verrichten. Er solle einmal zeigen, daß er nicht nur in einer frommen Umgebung ein Christ sein könne, sondern er solle einmal das tun, was ein Christ immer tun soll, zu allen Zeiten und bei allen Gelegenheiten: Nämlich ein Zeuge Jesu Christi mitten in einer christusfeindlichen Welt zu sein. Haben wir nicht auch solche ernsten Gespräche nötig, da uns gesagt und bezeugt wird: Tue doch endlich deinen Mund auf und bezeuge, daß du Jesu Eigentum bist! Auch in unserem sogenannten christlichen Abendland ist das nötige Zeugnis zu Jesus Christus eine unbedingt notwendige Sache. Auch wir werden es dann erleben, daß wir den Spott und die Mißachtung und Ungunst unserer Mitmenschen zu tragen haben. Hinter der christlich übertünchten Welt verbirgt sich ein großer Trümmerhaufen von Christlichkeit und dieselbe Christusfeindschaft wie auch im Osten. Der junge Mann in der Fabrik hat es dann erleben dürfen, was Jesus in unserem Text sagt: "Wenn sie euch nun verraten werden, so sorget nicht, wie oder was ihr reden sollt, denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt. Denn ihr seid es nicht, die da reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet." Auch uns will dieses Wort alle Angst und Sorge wegnehmen. Unser Herr weiß, daß es nicht leicht ist, mitten in einer gottfeindlichen Welt ein Zeuge der Liebe Gottes zu sein. Er hat uns etwas verheißen, was er uns schenken will, mitten in den Anfechtungen dieser Welt, die auf uns einstürmen, wenn wir unseren Zeugendienst wahrnehmen. Er hat uns einen Beistand verheißen, der bei uns ist und uns in allen Lagen hilft, der selbst unseren Mund öffnet, wenn wir vermeinen, wir könnten kein Zeugnis mehr ablegen. Jesus Christus hat uns seinen Heiligen Geist verheißen. Wer ihn bei sich hat, der darf mitten in dieser Welt ein gutes Zeugnis zu seinem Herrn Jesus Christus bekennen. Damit zeigt uns unser Text eine Richtung an, die entscheidend ist: PFINGSTEN, das Fest der Ausgießung des Heiligen Geistes. Dort bei dr Ausgießung des Heiligen Geistes ist es Wirklichkeit geworden, daß sich der Heilige Geist dem Zeugen Christi zugesellt und bei ihm ist und bleibt und ihm hilft, daß sein Bekenntnis ein gutes werde. Wenn zum Zeugendienst uns der Heilige Geist geschenkt werden will, dann kann es für uns, die wir heute den Ruf Jesu gehört haben: "Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe!", nur eines geben, daß wir unsere Hände emporstrecken und bitten: "O Heilger Geist kehr bei uns ein und laß uns deine Wohnung sein!" Diese Bitte dürfen wir heute und alle Tage unseres Lebens vor ihn bringen und wir werden es dann auch erleben, daß der Heilige Geist uns zum Zeugendienst recht zurüstet, Auf dieses Pfingstfest brauchen wir nicht zu warten bis zum 6. und 7. Juni, sondern Pfingsten will es schon heute bei uns werden. Der Heilige Geist will heute schon bei uns Wohnung nehmen, bei dir und bei mir.
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