Kirchenjahr 1953/54 - 15 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum:04/04/1954 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte: Bibelstunde Reffino, 20-8-1955 Brüderkonferenz La Querencia, 23-8-1955 Bibelstunde für Frauen in Buenos Aires, im April 1955 | Año Eclesiástico/Kirchenjahr:Judika 1954 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:1. Korinther 4, 9 - 20 | | |
Skopus: Paulus der Geringste | | Kirchenjahr 1953/54 - 15 - 1. Korinther 4, 9 - 20 "Ich halte aber dafür, Gott habe uns Apostel für die Allergeringsten dargestellt, als dem Tode übergeben. Denn wir sind ein Schauspiel geworden der Welt und den Engeln und den Menschen. Wir sind Narren um Christi willen, ihr aber seid klug in Christo; wir schwach, ihr aber stark; ihr herrlich , wir aber verachtet. Bis auf diese Stunde, leiden wir Hunger und Durst und sind nackt und werden geschlagen und haben keine gewisse Stätte und arbeiten und wirken mit unsern eigenen Händen. Man schilt uns, so segnen wir; man verfolgt uns, so dulden wir's; man lästert uns, so flehen wir; wir sind stets wie ein Fluch der Welt und ein Fegopfer aller Leute. Nicht schreibe ich solches, daß ich euch beschäme; sondern ich vermahne euch euch als meine lieben Kinder. Denn ob ihr gleich zehntausend Zuchtmeister hättet in Christo, so habt ihr doch nicht viele Väter; denn ich habe euch gezeugt in Christo Jesu durchs Evangelium. Darum ermahne ich euch: Seid meine Nachfolger! Aus derselben Ursache habe ich Timotheus zu euch gesandt, welcher ist mein lieber und getreuer Sohn in dem Herrn, daß er euch erinnert meiner Wege, die in Christo sind, gleichwie ich an allen Enden in allen Gemeinden lehre. Es blähen sich etliche auf, als würde ich nicht zu euch kommen. Ich werde aber gar bald zu euch kommen, so der Herr will, und kennen lernen nicht die Worte der Aufgeblasenen, sondern die Kraft. Denn das Reich Gottes steht nicht in Worten, sondern in Kraft."
Was muß das schon für eine Gemeinde sein, von der Paulus sagt: "Ihr seid klug in Christus, ihr seid stark, ihr seid herrlich!" Wenn er das auch in einer gewissen Weise ironisch meint, so steht doch dahinter das Wissen, daß die Gemeinde zu Korinth eine Gemeinde ist, die nach außen und wie es scheint, auch nach innen, in Ordnung ist. Mitten in einer heidnischen Umgebung, in der auf allen Plätzen die heidnischen Götter und Götzentempelchen die Menschen grüßten und Beachtung forderten, besteht eine Schar, die unter der Verkündigung des Paulus vom gekreuzigten und auferstandenen Herrn diesem götzendienerischen Treiben ein klares Nein entgegensetzten und die wußten, nur einer ist unser Meister, JESUS CHRISTUS. Was sich da in Korinth in der Gestalt einer christlichen Gemeinde gebildet hatte, allen heidnischen Mächten zum Trotz, ist in der Tat ein Wunder Gottes. Das ist und bleibt auch bis auf den heutigen Tag ein Wunder, daß sich Menschen zusammenfinden, nicht um ins Kino oder ins Theater oder auf den Sportplatz zu gehen, sondern sich jeden Sonntag und manchmal auch am Wochentag aufmachen, um Gottes Wort zu hören. Ja, ja, in dieser Gemeinde war bestimmt etwas los, sie befand sich nicht geschlossen in dem schönsten Kirchenschlaf und genossen träumend das Glück ihrer Seligkeit. Ihr Glaube hatte sie nicht dazu geführt, die Hände in den Schoß zu legen und zu sagen: Gott, der Herr, gibt den Seinen alles im Schlaf, sondern es war zu spüren. wie der Heilige Geist in der Gemeinde und bei den Einzelnen am Werke war, wie Menschen sich auf seinen Wink in Bewegung setzten, um einen Dienst für Jesus Christus zu tun. Eine Gemeinde, die sich dem Wirken des Heiligen Geistes öffnet, spürt etwas von der Mannigfaltigkeit und Größe des Geschenkes des Heiligen Geistes durch unseren Herrn Jesus Christus. Wenn wir im 12. Kapitel unseres Briefes lesen, wie mannigfaltig der Heilige Geist Menschen in Dienst nahm, dann müßten wir, christliche Gemeinde und wir Christen, vor Scham erblassen, daß wir seinem Wirken uns so entgegenstemmen. Die Gemeinde zu Korinth hatte Menschen, die rechte Verkündiger des Wortes Gottes waren. Sie hatte gute Lehrer des Evangeliums. Sie hatte Menschen, die die Gabe hatten, die Menschen im Namen Jesu Christi gesund zu machen oder andere Wunder zu tun. Einige konnten mit Zungen reden und andere wiederum konnten dieses Zungenreden verstehen und auslegen. Manche Gaben des Geistes dort in der Gemeinde zu Korinth kennen wir im 20. Jahrhundert vielleicht nur noch dem Namen nach. Wir haben also wirklich eine reich gesegnete christliche Gemeinde vor uns. Es schien auch so, daß dieses kleine Häuflein der Christen Licht und Salz für seine Umgebung war. Selbst die Heiden konnten nicht mehr achtlos daran vorübergehen und standen staunend vor dem, was sich da ereignet hat und sparten sogar hier und da nicht mit ihrem Lob. Was uns da als eine christliche Gemeinde vor die Augen tritt, das ist doch, so müssen wir bekennen, das Ideal einer jeden christlichen Gemeinde; das wir uns ersehnen und wonach wir uns mit allem, was wir haben, ausstrecken. Es ist ja für uns alle eine rechte Befriedigung und Genugtuung, daß die christlichen Kirchen nach einer Zeit der Bedrängnis bei uns wieder in aller Öffentlichkeit als eine durchaus ernstzunehmende Angelegenheit angesehen wird. Wie fühlen wir uns zufrieden und glücklich, daß große Männer aus allen Gebieten des öffentlichen Lebens der christlichen Kirche gegenüber ihre Komplimente machen. Der Glaube ist in der Öffentlichkeit in Korinth, wie ja auch bei uns, eine Sache geworden ist, die zum guten Ton gehört. Und man fühlte sich in Korinth und man fühlt sich auch bei uns, in einer solchen geachteten und ernstgenommenen Position sehr wohl. Man hatte es geschafft, das war die Meinung der Christen. Es stimmt also schon das, was der Apostel Paulus von der Gemeinde zu Korinth sagt: "Ihr seid klug in Christus, ihr seid stark, ihr seid herrlich." Paulus kennt seine Gemeinde sehr gut und weiß, welch ein Segen Jesus Christus auf sie gelegt hat. Aber doch verspüren wir es in der Art und Weise, wie der Apostel Paulus es sagt, daß in seiner Feststellung eine beißende Ironie liegt. Er sieht in allem Erfolg nach innen und außen etwas, was ihn tief traurig macht, was aber die Gemeinde zu Korinth nicht sieht und nicht sehen will, und auch nicht wahrhaben mag. Er sieht, wie mitten in der Gemeinde Jesu Christi neben dem Heiligen Geist sich geradezu in einer gefährlichen Weise der menschliche Geist breitgemacht hat. Allerlei Lehren aus der heidnischen Umgebung sind in die Gemeinde eingedrungen und haben die Gemeinde vergiftet. Er deckt auch auf, wie es kommt, daß die heidnische Umgebung der Kirche solch eine Hochachtung und Ehre entgegenbringt. Die heidnische Umgebung erkennt, diese Kirche ist ja garnichts Besonderes, sie hat etwas, was wir als Welt, was wir als Heiden in genau derselben Weise auch haben. Sie spüren es, ihre Ideen und Meinungen, ihre Weltanschauungen und Parole und Ziele und Programme haben in der Kirche Eingang gefunden und die eigentliche evangelische Botschaft von Jesus Christus verdeckt. Zu keiner Zeit ist die Kirche davor verschont, daß außerkirchliche Parolen die Macht in ihr ergreifen und dadurch den Willen Gottes an die Wand drücken und ihn nicht mehr zu Worte kommen lassen. Jetzt wird es uns deutlich, was los ist, wenn außerchristliche Mächte vor der Kirche, vor bedeutenden Christen, ihren Hut voll Ehrfurcht ziehen? Sie verneigen sich vor der Größe des menschlichen Geistes, den sie dort erblicken oder wenigstens zu erblicken meinen. Nicht nur heidnische Lehren waren in die Gemeinde eingedrungen, sondern es war etwas geschehen, was bis auf den heutigen Tag immer wieder geschieht und noch geschehen kann. Die Götter und Götzlein, die an den verschiedenen Stellen von Korinth aufgestellt waren oder ihre Tempelchen hatten, fühlten sich vereinsamt und begehrten Einlaß in der christlichen Gemeinde und fanden begeisterte Aufmahme. Wir Menschen und auch wir Christen hängen doch so sehr an Gestalten und Personen und Mächte, die uns handgreiflicher sind als unser Herr und Heiland Jesus Christus, Aber beileibe war es nicht so, daß diese heidnischen Götter ihre heidnischen Namen Zeus oder Apollo oder Hermes oder wie sie sonst noch heißen mögen, behielten. Nein, diese Namen wären sofort erkannt worden. Sie haben sich einfach andere Namen gegeben, die christlicher klangen. Wir wissen von 4 solcher Götter, die in Korinth inder Tat begeisterte Aufnahme gefunden fanden. Und um sich jeweils eine große Anhängerschaft zu schaffen, ehe die Konrinther sich in ihrer vermeintlichen Klugheit versahen, war der größte Streit in ihrer Mitte zugange. Jede schwur auf ihren Götzen. Diese Götzen, die da Einlaß begehrten, hatten sich wirklich tadellose Namen gegeben, an ihrer Christlichkeit war doch ihrem Namen nach nicht zu zweifeln. Der eine nannte sich nach dem Herrn der Kirche CHRISTUS, der Zweite nach Petrus, der Dritte nach Apollo, und der Vierte nach Paulus selbst. Unter diesen Namen war es den heidnischen Götzen sehr leicht möglich, Eingang in der christlichen Gemeinde zu finden. Wir spüren es doch selbst in unseren Tagen, wie der größte Teil der Christenheit vor Ehrfurcht erstarrt, wenn sich irgendeine Sache CHRISTLICH ausgibt. Nach diesen 4 sich christlich nennenden Götzen haben sich sich 4 große Parteien in der Gemeinde gebildet, die sich im schwersten Kampf befehdeten. Jeder schwört auf seinen Götzen mit dem christlichen Namen. An einer anderen Stelle des Korintherbriefes schreibt Paulus von diesem Streit, der da in Korinth ausgebrochen ist: "Denn es ist vor mich gekommen, daß unter euch gesprochen wird: Ich bin paulisch; der andere: ich bin apollisch; der Dritte: Ich bion kephisch; der Vierte: Ich bin christisch." Denken wir nur nicht, daß diese Zeit, da heidnische Götzen unter christlichem Namen in unsere Kirche eindringen und die Kirche in Verwirrung bringen, vorbei wäre. Heute ist das nicht anders als zu der damaligen Zeit. Die Vielfalt der Kirchen und Gemeinschaften und Gebetsvereine und sonstiger christlicher Vereine sehen, dann sehen wir bei allen die Gefahr, daß sie sich ihren eigenen Hausgötzen auf den Altar stellen möchten, und zwar in der Gestalt der Männer vielleicht, denen diese Kirchen oder Gemeinschaften oder christlichen Vereine wirklich sehr viel verdanken und die schärfstens gegen eine solche Behandlung ihrer Person protestieren würden, wenn sie noch lebten. Wenn wir einmal die Entwicklung der Evangelisch-Lutherischen Kirche bei uns in Deutschland ansehen, dann wird man den Eindruck nicht los, daß man sich einen eigenen Kirchengötzen baut, dem man den Namen Luther gibt. Dabei wehrte sich Martin Luther, wie es auch der Apostel Paulus getan hat, in verschiedener Weise dagegen, daß ein Personenkult mit ihneen getrieben wurde. Der Apostel Paulus hat diese ganze schiefe Entwicklung in Korinth vor Augen, darüber können all die Erfolge nach innen und außen nicht hinwegtäuschen und es kommt ihm alles darauf an, daß wieder das in der Gemeinde zur Geltung kommt, was die Mitte jeder Gemeinde sein soll. Und gerade an dieser Mitte der christlichen Gemeinde wollten die Korinther vorüber gehen. Sie meinten, damit nichts anfangen zu können. Paulus weist auf das KREUZ AUF GOLGATHA. Wo das Kreuz auf Golgatha mit dem gehängten Sohn Gottes aus der Mitte einer christlichen Gemeinde herausgeholt und durch einen Hausgötzen ersetzt wird, da fällt alle Christlichkeit zusammen. Ob die heidnische Umgebung diese Gemeinde gelobt hätte, wenn sie es deutlich gemerkt hätte, worum es in der christlichen Botschaft geht? Kaum! Das Wort vom Kreuz erregt bei denen draußen immer nur Ärgernis. Daß die Gemeinde zu Korinth so gelobt wird und so geachtet, ist ein Zeichen dafür, daß das Kreuz auf Golgatha in den Hintergrund gedrückt wurde. Jede christliche Kirche und jede christliche Gemeinde muß sich, falls sie eine geachtete Stellung einnimmt, fragen lassen, ob sie nicht auch schon das Kreuz bereits verleugnet hat. Wir wissen, wie sich heute alle , was sich christlich nennt, in ihren Zeitungen und Zeitschriften eifrig bemüht, möglichst weitschweifig in Christentum zu machen. Man möchte doch kein Heide mehr sein, Da wird dann zu Ostern gefaselt von "Ostern, Ostern, Frühlingswehen" und vom Erwachen der Natur, und von Weihnachten als vom "Fest der Liebe". Abber mit dem Kreuz auf Golgatha, mit dem bitteren Leiden und Sterben unseres Herrn und Heilandes, woran wir jetzt gerade in der Passionszeit denken, da weiß man heute nichts mit anzufangen, da schweigt man lieber. Sicher ist es auch ganz gut, daß man schweigt, es käme ja nur noch banaleres dabei heraus als es schon bei den anderen christlichen Festen üblich ist. Paaulus weiß, daß "das Wort vom Kreuz eine Torheit ist denen, die verloren sind, uns aber ist es Gotteskraft." Zu dieser Mitte ruft der Apostel Paulous die Gemeinde zu Korinth. Bitte, eilt unter das Kreuz unseres Herrn, dann hat auch eure so verworrene Lage ein Ende, denn dort allein ist Rettung für den Einzelnen und für eine durch den Einbruch götzendienerischer Kräfte verstörte und aufgerieben Kirche und Gemeinde. Werft alle eure vermeintliche Klugheit und Weisheit und Frömmigkeit und euer Pochen auf einen Mann, auf den ihr als Christen schwört, weg und haltet euch in der Nähe des Kreuzes auf. Von dort allein wird euch Kraft zufließen für euer persönliches und für euer gemeindliches Leben. "Denn das Reich Gottes stehet nicht in hohen Worten, sondern in der Kraft des Kreuzes auf Golgatha." Hätten die Korinther unter dem Kreuz auf Golgatha gestanden, dann hätten sie auch etwas von der Kraft, die davon ausgeht, gespürt. Und Paulus ermuntert sie und auch uns: Versucht es doch jetzt einmal! Nichts anderes als das Kreuz ist deine Rettung, vergiß es nicht. Paulus selbst weiß, daß er einer ist, der von seinem Herrn unter das Kreuz gerufen worden ist. Er weiß, daß es der Gekreuzigte ist, der ihn in Dienst gestellt hatte. Er zeigt als dieser unter das Kreuz gerufene Apostel seiner korinthischen Gemeinde, was es um das Leben eines solchen Menschen ist, dem das Wort die helfende Gottes Kraft bedeutet: "Gott hat uns Apostel für die Allergeringsten geachtet, er hat uns dem Tode übergeben, wir sind zum Theater der Welt geworden. Wir sind Narren Christi. Wir leiden Hunger und Durst und haben nichts zum Anziehen. Wir werden verfolgt. Wir sind zum Fluch der Menschen geworden. So sieht das Leben eines Menschen aus, dem das Kreuz die alleinhelfende Gotteskraft geworden ist, die wahrlich nichts von Ansehen, Macht und Ehre vor der Welt wissen. Paulus ist zum Skandal der heidnischen und jüdischen Welt geworden, so wie es Jesus Christus seinen Jüngern vorhergesagt hat. Wir können die Ironie jetzt vielleicht heraushören, wenn er den Korinthern zuruft: Wir sind Narren um Christi willen, ihr aber seid klug in Christus; wir schwach, ihr aber stark; ihr herrlich, wir aber verachtet. Welch ein Unterschied zwischen einem verwässerten christlichen Glauben und einem echten Stehen unter dem Kreuz. Aber Paulus sagt das den Korinthern nicht, um sie zu beschämen, um verächtlich auf sie herabzublicken. Er sagt es ihnen, um sie von ihrem verwässerten Glauben zum Kreuz zu rufen. Damit steht Paulus in unserem Text auch vor uns und warnt uns, einen anderen Standpunkt als den unter dem Kreuz einzunehmen. Er steht auch vor uns und ruft uns von unserem verwässerten Glauben, der nach Ehre und Anerkennung ausschaut und sich Götzen macht, weg und ruft uns hin zu dem, was in der Passionszeit unserem Herrn geschah. Laßt uns dem Rufe des Paulus folgen und eine rechte und echte Passionszeit erleben.
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