Kirchenjahr 1953/54 - 06 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum:26/12/1953 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte:
| Año Eclesiástico/Kirchenjahr:2. Christtag 1953 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Jesaja 11. 1 - 9 | | |
Skopus: Wer ist der, der kommt? | | Kirchenjahr 1953/54 - 6 - Jesaja 11, 1 - 9 "Und es wird eine Rute aufgehen von dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen, auf welchen wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn. Und Wohlgeruch wird ihm sein die Furcht des Herrn. Er wird nicht richten, nach dem seine Augen sehen, noch Urteil sprechen, nach dem seine Ohren hören, sondern wird mit Gerechtigkeit richten die Armen und rechtes Urteil sprechen den Elenden im Lande und wird mit dem Stabe seines Mundes die Erde schlagen und mit dem Odem seiner Lippen den Gottlosen töten. Gerechtigkeit wird der Gurt seiner Lenden sein und der Glaube der Gurt der Hüften. Die Wölfe werden bei den Lämmern wohnen und die Parder bei den Böcken liegen. Ein kleiner Knabe wird Kälber und junge Löwen und Mastvieh miteinander treiben. Kühe und Bären werden auf der Weide gehen, daß ihre Jungen beieinander liegen, und Löwen werden Stroh essen wie die Ochsen. Und ein Säugling wird seine Lust haben am Loch der Otter, und ein Entwöhnter wird seine Hand stecken in die Höhle des Basilisken. Man wird nirgend Schaden tun noch verderben auf meinem ganzen heiligen Berge; denn das Land ist voll Erkenntnis des Herrn, wie Wasser das Meer bedeckt."
Der Anfang unseres Textes "Und es wird eine Rute von dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen." ist uns sehr geläufig. Oft schon haben wir dieses Wort als Adventsverheißung gelesen oder gehört. Uns ist heute ganz deutlich, daß dieses Wort von dem spricht, dessen Kommen wir auch in diesem Jahre wieder feiern. Für uns ist diese Verheißung eine Selbstverständlichkeit geworden. Jahr für Jahr hören wie sie. So, wie bei uns allgemein der Weihnachtsbaum zum Christfest gehört, so gehört auch diese Adventsverheißung zur Adventszeit. Wir machen es uns garnicht mehr klar, was es für den Propheten Jesaja damals etwa 800 Jahre vor Christi Geburt bedeutete, daß er diese Botschaft seinem Volk verkündigte. Wir können die Verkündigung des Propheten vergleichen mit einem Rettungsring, den man einem Ertrinkenden zuwirft, um ihn vor dem sicheren Tode zu erretten. Das Volk Israel liegt zerstört am Boden. Der größte Teil ist in die Gefangenschaft geführt. Das Königtum Davids ist ausgerottet. So scharf packt der zürnende Gott den an, der ihm den Gehorsam verweigert. Wir brauchen nur an den furchtbaren Krieg mit seinen Folgen bis auf den heutigen Tag zu denken, dann wissen wir aus eigener Erfahrung, was es heißt, daß Gott mit seinem Zorn dazwischenfährt, wenn ihm der Gehorsam aufgekündigt wird. Aber mitten im Zusammenbruch wird es dem Propheten Jesaja offenbar: Gottes Zorn währet nicht ewiglich, sondern nur eine kurze Zeit. Welch ein Trost liegt in dieser Gewißheit, Gottes Zorn währet nur eine kurze Zeit. Gott zürnt, damit die Seinen seine große Liebe in rechter Weise empofangen können. Er möchte uns durch durch seinen Zorn noch näher an sich ziehen. Wir dürfen bei ihm bleiben. Die größte Not für das Volk Isarel war, daß es nicht mehr seinen König aus dem Geschlecht Davids hatte. Wir wissen doch noch, daß dem König David die Verheißung gegeben worden war, daß aus seinem Geschlecht ein König kommen soll, der das ewige Königtum Gottes aufrichten und das Friedensreich auf Erden begründen wird. So war es denn in all den Jahren jedesmal beim Antritt eines neuen Königs gewesen, daß das Volk insgeheim fragte: Ist er der, der das ewige Königtum Gottes begründen wird? Und nun ist dem Volke auch diese letzte Hoffnung genommen worden. Es hatte keinen König mehr und damit verschwand auch die Hoffnung auf das kommende Friedensreich. Gott, der Herr, schlug in seinem Zorn seinem ungehorsamen Volk alle Sicherheit, alle frommen Sicherungen aus der Hand. Es wollte von Gott nichts wissen und es sollte darum auch ganz in der Gottes Ferne leben, ohne die große Hoffnung auf das kommende Friedensreich. Wir sagten aber schon: Gottes Zorn währet nicht ewiglich, sondern nur eine kurze Zeit. So dauerte diese Hoffnungslosigkeit auch nicht ewig. Bald ruft der Prophet Jesaja im Auftrage Gottes dem zerschlagenen Volk wieder zu: Fasse Mut! Dein Elend und deine Gefangenschaft sollen bald ein Ende haben. Fasse Mut! Meine Verheißungen, die ich dem König David gegeben haben, gelten weiterhin, ich stehe dazu. Allerdings sagt unser Wort: "Es wird eine Rute aufgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel sprießen." Das Wort geht davon aus, daß in der Tat die Reihe der Nachkommen Davids abgebrochen ist. Jesaja vergleicht diese Tatsache mit einem abgehauenen Baumstumpf. Aber aus dem Baumstumpf, aus der Wurzel, wird ein neuer Sproß hervorkommen und der da hervorkommen wird, der ist der Messias. Er ist der, der das ewige Königtum Gottes aufrichten und das Friedensreich herbeiführen wird. Nun kann das Volk in der Gefangenschaft, nun kann das Volk in den mancherlei Nöten in der Heimat, wieder mit Freuden an die Arbeit gehen, denn es weiß: Gott hatt uns noch nicht ganz verlassen. Er steht zu uns als seinem Volk. Er steht zu seinen Verheißungen, die er uns gegeben hatte. Diese fröhliche Gewißheit, daß Gott zu seinen Verheißungen steht, daß er trotz allem das ewige Königtum Davids aufrichten wird, begleitete nach dem Propheten Jesaja alle Frommen des alten Bundes. In den Kreisen dieser Frommen wurde die Sehnsucht immer größer und es wurde gefragt: Wann, Herr, willst du den Messias senden?! Haben die Frommen umsonst gewartet? Heute wissen wir es und können es bekennen: Sie haben nicht umsonst gehofft. Gott hat gezeigt, daß er zu seinem Worte und zu seiner Verheißung steht. Weil das so ist, darum sind wir ja auch hier im Gottes Hause versammelt, um gemeinsam das Christfest zu begehen. Dort im Stalle zu Bethlehem ging die Verheißung des Jesaja in Erfüllung. Dort kam der lang ersehnte neue und ewige König aus dem Geschlecht Davids zur Welt. Die Evangelien sind sehr interessiert daran, daß Jesus aus dem Stamm Davids kommt. Sie sind bemüht, es an den Vorfahren nachzuweisen. Die Evangelien zeigen uns auch in aller Deutlichkeit, daß die Frommen der damaligen Zeit durchaus in diesem Jesus den verheißenen Messias erkennen. Denken wir an Simeon, der das Jesuskindlein auf den Armen hielt und freudig ausrief: "Herr, nun lässest du deinen Diener im Frieden fahren, wie du gesagt hast, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen." Oder denken wir an Hanna, die Prophetin, die von diesem Kindlein verkündigte zu all denen, die auf die Erlösung zu Jerusalem warteten: Das Kind, das da im Stall zu Bethlehem geboren ist, ist der, den Gott seinem Volke als den ewigen König verheißen hat. Jesaja sagt von diesem Messias, daß er in einer siebenfachen Weise Träger des Geistes Gottes sein wird: "Auf welchem wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn." Auf ihm wird die Fülle des Geistes Gottes liegen und wir können es wahrhaftig aus dem Leben und Handeln und Reden unseres Heilandes, aus seinem Leiden und Sterben ersehen, wie er, wie sonst keiner, Träger des Heiligen Geistes gewesen war. Denken wir dabei auch an die Taufe Jesu durch Johannes, dem Täufer, wie der Geist Gottes sich auf Jesus legte. Wenn Jesus der verheißene Messias ist, dann beginnt mit seinem Kommen auch das große messianische Friedensreich. Es ist ein Reich, in dem kein Streit und kein Leid und keine Ungerechtigkeit sein werden, ein Reich, nach dem wir uns alle doch so sehr sehnen. Mit dem Kommen Jesu als ein Kind ist unsere Verheißung des Propheten Jesaja in Erfüllung gegangen, die ewige Königsherrschaft Gottes begann und das messianische Friedensreich wurde aufgerichtet. Das bezeugt das ganze Neue Testament. Aber beim näheren Zuschauen müssen wir doch feststellen, daß die Erfüllung anders geschehen ist, als Jesaja es geglaubt hatte. Jesaja hatte durchaus nicht an eine Geburt in einem elende Stalle gedacht. Er war davon überzeugt, daß der kommende Messias in einem herrlichen Palast zur Welt kommen würde und daß dann bei der Geburt die Herolde von Stadt zu Stadt und von Land zu Land eilen und verkündigen würen: Der Herr aller Herren ist geboren, der König aller Könige. Und Gott, der Herr, in seiner großen Weisheit und Güte und Liebe zu uns hatte seinem Sohn einen anderen Thron zugedacht als Jesaja es angenommen hatte. Es wurde kein goldener Thron, um den die Minister geschäftig hin und her eilten, um des Königs Befehle in Empfang zu nehmen, sondern es wurde ein Thron, der die Gestalt eines Kreuzes hatte, von dem seine nächsten Anhänger ängstlich flohen. Die Efüllung der Verheißung ist geschehen, aber in einer Weise, wie es sich Jesaja und auch die anderen Propheten nicht gedacht haben. Aber hatten sie deswegen etwas Falsches verkündigt? Durchaus nicht! Sie haben schon ein Stück weiter gesehen. Sie haben bereits das gesehen, worauf wir auch noch warten. Die Propheten sahen den ewigen König, den Herrn, dem alle Reiche der Welt untertan sind. Und wir wissen, daß das ja das Vermächtnis unseres Herrn an seine Gemeinde, an seine Jünger, ist: Ich komme wieder. Aber nun nicht mehr in der Gestalt eines schwachen und kleinen Kindes und nicht mehr in einer elenden Hütte. Er, Jesus Christus, kommt jetzt wieder in aller Macht und Herrlichkeit. Vor ihm werden sich beugen alle Kniee derer, die im Himmel und auf Erden sind. So warten wir mit dem Propheten Jesaja auf diese neue Ankunft des Herrn in seiner Herrlichkeit. Mit seiner Ankunft wird dann auch das Friedensreich sichtbar vor allen Augen werden. In diesem Reiche werden wir all das finden, worauf wir jetzt unter uns so vergeblich warten müssen: Frieden und Gerechtigkeit. Wenn wir einmal einen Blick tun würden in die Gerichtssäle unserer Zeit, dann würden wir sehen, wie die Richter, die Recht sprechen sollen, angewiesen sind auf das, was gesehen und gehört worden ist. Und wir wissen, wie leicht unter solchen Umständen das Recht in Unrecht verdreht werden kann. Aber im kommenden Friedensreich wird das ausgeschlossen sein. Jesus Christus selbst wird richten und nichts kann seinen Augen verborgen bleiben. Wer Unrecht getan hat, wird vor ihm erscheinen als der Ungerechte. Keiner kann sich vor ihm verbergen: "Er wird nicht richten, nach dem seine Augen sehen, noch Urteil sprechen, nach dem seine Ohren hören, sondern wird mit Gerechtigkeit richten." Wehe dem, der meint, in seinem Friedensreich leben zu können mit seiner Ungerechtigkeit, mit seinem Haß: "Er wird mit dem Stabe seines Mundes die Erde schlagen und mit dem Odem seiner Lippen den Gottlosen töten." Dieses Wort ruft uns schon hier zur Wachsamleit auf, ja nicht die Stunden unseres Lebens, die wir noch leben dürfen, zu versäumen, denn sie sind Stunden des Heils. Hier in dieser Zeit entscheidet es sich, wo unser Platz sein wird, wenn der Herr kommt. Mögen wir davor bewahrt bleiben, daß es uns so geht, wie den 5 törichten Jungfrauen, die bei der Ankunft nicht mehr hereingelassen wurden. Die ganze Liebe des wiederkommenden Herrn gilt denen, die hier schwach und arm und krank und hilflos waren. Wir finden es im ganzen Alten Testament, wie Gott sich gerade derer annimmt, die nichts auf dieser Erde an Besitz, an Fähigkeit, aufzuweisen haben. Gottes Wohlgefallen gilt den Armen und Elenden, denen, die hier durch die Gier der anderen zu kurz gekommen sind. Sie alle werden im kommenden Friedensreich das Recht bekommen, das ihnen zusteht, denn der Herr Jesus Christus selber wird König sein und die Zügel in seiner Hand halten: "Er wird ein rechtes Urteil sprechen den Elenden und den Armen im Land." In bunten Bildern schildert Jesaja, daß im kommenden Friedensreich selbst die Beziehungen zwischen den Tieren untereinander und in ihrem Verhältnis zu den Menschen zu dem ursprünglichen friedlichen Miteinander kommen werden. Der Römerbrief bezeugt es uns, daß durch die Schuld des Menschen selbst die ganze Schöpfung in ein Chaos, in ein Durcheinder verwandelt wurde. Das Morden und der Kampf der Tiere untereinander ist eine Folge unserer Schuld. Wir sind die Zerstörer des gesamten Kosmos. Aber der wiederkommende Herr wird das alles in seinen ursprünglichen Zustand versetzen: Die Wölfe werden bei den Lämmern wohnen und die Parder bei den Böcken liegen. Ein kleiner Knabe wird Kälber und junge Löwen und Mastvieh miteinander treiben. Kühe und Bären werden auf die Weide gehen, und ihre Jungen werden beieinander liegen, und Löwen werden Stroh essen wir die Ochsen. Und ein Säugling wird seine Lust haben am Loch der Otter, und ein Entwöhnter wird seine Hand stecken in die Höhle des Basilisken." Unsere Verheißung des Jesaja bleibt also, trotz ihrer Erfüllung in Jesus Christus, bestehen. Sie verkündet die Geburt des Heiloandes der Welt, sie zeigt aber auch das Ziel, auf das wir zugehen. Und wir können nichts anderes gegenüber diesem Wort des Jesdaja tun, als in den Bittruf der Offenbarung mit einzustimmen: "Ja, komm Herr Jesus, komme bald!" Laßt uns so eine auf den Herrn wartende Gemeinde werden!
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