Kirchenjahr 1952/53 - 22 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum:09/08/1953 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte:
| Año Eclesiástico/Kirchenjahr:10. Sonntag nach Trinitatis 1953 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Römer 13, 1 - 7 | | |
Skopus: Das Verhältnis zur Obrigkeit | | Kirchenjahr 1952/53 - 22 - Römer 13, 1-7 "Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet. Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt Gottes Ordnung; die aber widerstreben, werden über sich ein Urteil empfangen. Denn die Gewaltigen sind nicht den guten Werken, sondern den bösen zu fürchten. Willst du dich aber nicht fürchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes, so wirst du Lob von ihr haben. Denn sie ist Gottes Dienerin dir zugut. Tust du aber Böses, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst; sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe über den, der Böses tut. Darum ist's not, untertan zu sein, nicht allein um der Strafe willen, sondern auch um des Gewissens willen. Derhalben müßt ihr auch Schoß geben; denn sie sind Gottes Diener, die solchen Schutz sollen handhaben. So gebet nun jedermann, was ihr schuldig seid: Schoß, dem der Schoß gebührt; Zoll, dem der Zoll gebührt; Ehre, dem die Ehre gebühret."
Ein kleines Häuflein, die Gemeinde Jesu Christi, in der Weltstadt Rom, aber dennoch eine Schar, die etwas weiß von der eingebrochenen Herrschaft Gottes, die weiß, das alles, was um sie her glänzt und glitzert, im letzten Grunde nichts ist als lauter Fassade. Sie hatte den Glauben, daß sie mehr besitzt als auch das Größte, was diese Weltstadt Rom im entfernstesten bieten kann. Das Licht des Evangeliums strahlt in ihr Leben hinein und läßt das Kleine klein und das Große groß erscheinen. Und von diesem Lichte der frohen Botschaft fällt vor ihnen auch die Größe und die Macht und die Herrlichkeit und aller Pomp vom damaligen römischen Reich, das sich fast über die ganze damalige bekannte Welt erstreckte, in ein Nichts zusammen. Wenn da der staatliche Machthaber, der Kaiser, von einer Massenversammlung zur anderen zog, um sich die Gunst des Volkes durch das Aufzählen seiner Erfolge auch weiterhin zu erhalten, dann wußten diese Christen: Es ist ja doch alles Bluff, es stecktr ja doch nichts dahinter. Oder wenn die Feldherren der damaligen Zeit stolz mit ihren Armeen durch die Triumpfbögen einhermarschierten und damit zum Ausdruck brachten: Wer will es mit uns aufnehmen, dann standen die Christen dabei und wußten: Gott, in seiner unendlichen Weisheit, hat es gefallen, durch seinen Sohn am Kreuz als der König mit der Dornenkrone, einmal alle diese Machtgelüste zur Strecke zu bringen, sodaß davon nichts mehr übrigbleiben wird. Wir können uns gut vorstellen, daß die römischen Christen nun, da vor ihren Augen die Fassaden als politisches Treiben gefallen sind, zu der Überzeugung kommen: Aus diesem Lug und Trug der Politik halten wir uns heraus. Wir wollen damit nichts zu tun haben. Wir haben unsere Gottesdienste und Versammlungen, da leben wir und im übrigen soll uns das politische Treiben, soll uns der Staat in Ruhe lassen, wir könnten ja vielleicht unsere Hände und unsere Seele beschmutzen. Wir brauchen uns daran nicht zu beteiligen, wir haben eine andere Stadt als unsere Heimat, das himmlische Jerusalem. Solch eine Haltung finden wir nicht nur unter den Christen von damals, sondern zu allen Zeiten bis auf den heutigen Tag. Wir alle als Christen haben diese gewisse Abscheu vor dem Staat und vor der Politik. Es herrscht die Meinung, wenn wir nur Gottes Wort haben, dann soll uns alles andere gestohlen bleiben. Mir ging es doch selbst bei der Vorbereitung dieser Predigt so, daß mir der Text sehr unangenehm, ja ärgerlich, wurde und ich am liebsten einen schöneren Text für diesen Sonntag ausgesucht hätte, aber dürfen wir vor der Realität dieses Textes fliehen? Wie oft hören wir die Meinung: Geh mir weg mit dem Staat und mit der Politik, davon haben wir die Nase voll. Was wir ja erlebt haben, ist zu scheußlich gewesen. Eben hat der Wahlkampf bei uns begonnen und schon keine wirklichen Gespräche mehr möglich, schon ist die ganze Luft vergiftet und verpestet und die Wahlreden sind sind erfüllt von Vorwürfen, Verdächtigungen und Prahlereien. Eine sachliche Auseinandersetzung ist fast nicht mehr möglich und wir fragen uns als Christen sicher zu recht, was haben wir Christen damit zu tun? Da ist es nur ein kleiner Schritt bis zu der Haltung: Wir ziehen uns zurück. Wir leben unser frommes Leben still im Verborgenen, sollen sich ruhig die anderen stechen und hauen. Es wäre auch zu schön, auf einer Insel der Seligen zu leben. Ob das aber so geht? Jedenfalls läßt das Wort des Apostels Paulus hier in unserem Text eine solche Haltung nicht zu. Er weiß und kennt die Haltung der römischen Christen. Er kennt durchaus auch die Echtheit mancher Gründe, die sie anführen. Er kennt auch die Echtheit mancher Gründe, die wir in unserer Stellung zum Staat angeben. Und dennoch, er bleibt dabei, auch für den Christen ist der Staat eine Wirklichkeit, an der er sich nicht vorbeidrücken kann: "Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott. Wo also Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet." Wir leben auch als Christen noch immer auf Erden und nicht im Himmel. Und auf dieser Erde haben wir Staaten und Regierungen und wir werden sie auch weiterhin haben. Im neuen Jerusalem haben diese Staaten und Obrigkeiten keine Bedeutung mehr, aber hier auf Erden haben wir sie ernstzunehmen. Wir haben sie ernstzunehmen, weil Gott sie ganz ernstnimmt. Darum kann und darf es auch bei uns nicht anders sein, als daß wir zur Heiligen Schrift auch die Zeitung lesen, die uns sagt, wo und in welchem politischen Zusammenhang wir leben. Das gilt, solange wir noch nicht im Himmel sind. Der Apostel Paulus bringt die Tatsache, daß Gott die Obrigkeit und den Staat sehr ernstnimmt, dadurch zum Ausdruck, daß er sagt: "Jede Obrigkeit ist von Gott eingesetzt." Damit sagt Paulus sogar das schwere Wort, jeder , der vor der Verantwortung gegenüber dem Staat und auch vor dem Gehorsam gegenüber dem Staat flieht, flieht im letzten Grunde vor Gott, denn Gott hat ja diese Obrigkeit eingesetzt. Wer vor den Entscheidungen flieht oder ausweicht, die jetzt bei der Wahl auf uns warten, flieht im letzten Grunde vor Gott, denn Gott hat ja diese Obrigkeit eingesetzt, die uns zu den Wahlen aufruft. Was uns bei diesem Wort des Apostels Paulus auffällt und merkwürdig berührt, ist, daß er dieses Wort den römischen Christen sagt, die eine durch und durch heidnische Regierung und Obrigkeit haben. Wir wissen, daß nur noch wenige Jahre fehlen bis zur Christenverfolgung durch diesen Staat unter dem Kaiser Nero. Dennoch bleibt Paulus dabei: "Seid untertan der Obrigkeit, die Gewalt über euch hat." Paulus kennt also damals noch keine sogenannten christlichen Staatsgebilde, sondern nur heidnische. Und sogar von diesen bezeugt er, daß sie von Gott eingesetzt wurden. Wenn Paulus das für möglich hält und er hält es ja für möglich, dann macht Gott ja gar keinen Unterschied zwischen einem sogenannten christlichen Staat und einem sogenannten heidnischen Staat; vielleicht würden wir ihn heute den bolschewistischen oder den mohammedanischen Staat nennen: "Jede Obrigkeit ist von Gott eingesetzt." Wie schwer werden unsere westlichen Politiker daran schlucken müssen, daß wir auf Grund dieses Wortes sagen müssen, daß genauso wie die Bonner Regierung auch die Pankower Regierung von Gott eingesetzte Obrigkeiten sind. Vielleicht würde man deswegen als Kommunist verschrieen, aber was tuts. Oder, so müßten wir uns vielleicht noch genauer fragen: Sind sie beide im letzten Grunde keine selbständige Obrigkeiten, sondern nur ausführende Organe von Washington und Moskau. Aber das Letzte bleibt noch dahingestellt. Es bleibt jedenfalls dabei, daß eine Obrigkeit, die sich das Eigenschaftswort "christlich" zulegt, damit noch nicht zu einer göttlichen Obrigkeit wird, und die andere, die sich als gottlos bezeichnet, eine nicht von Gott eingesetzte Obrigkeit ist. Paulus sagt: "Wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet." Auch die Unterschiede, ob eine Obrigkeit bolschewistisch, königlich, demokratisch oder sonstwie geprägt ist, spielen bei der Klarstellung einer Obrigkeit keine Rolle: "Wo Obrigkeit ist, da ist sie auch von Gott eingesetzt." Nun fühlen wir wohl alle, daß da noch irgendwo ein Haken sein muß. Es muß doch irgednwo ein Prüfstein bei jeder Obrigkeit sein, die uns erkennen läßt, ob nicht doch der Fall eintreten muß, daß wir einer Obrigkeit, einer Regierung, den Gehorsam aufkündigen müssen, wo dann das andere Wort Gottes in Kraft tritt: "Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen." Wir denken dabei aber ganz besonders an das, was schon gesagt worden ist, daß die Worte christlich, heidnisch, kommunistisch oder mohammedanisch, für diesen Fall keine Bedeutung hat. Paulus läßt uns zum Glück mit dieser Frage nicht allein. Er zeigt uns den Maßstab, an dem wir messen können, wann wir auch einer Obrigkeit den Gehorsam verweigern müssen. Dieses kann wiederum nicht so sein, daß wir jede Anordnung dieses Staates sabotieren und nicht ausführen. Wenn die Polizei während der Nazizeit einen Raubmörder festnahm, damit er seiner gerechten Strafe zugeführt würde, dann war doch in dieser Handlung auch der nazistische Staat Obrigkeit, die von Gott eingesetzt war. Man kann also eine Obrigkeit nicht von vornherein in allen seinen Entscheidungen ablehnen. Aber wo ist der rechte Maßstab? Paulus sagt uns, was man von einem Staat oder von einer Obrigkeit, die von Gott eingesetzt worden sind, erwarten kann. Eine Obrigkeit, die von Gott eingesetzt worden ist, sieht gern die, die Gutes tun und straft die, die Böses tun. Wir wissen, wie schwierig es wäre, wollten wir jetzt untersuchen, was Gutes und was Böses bedeutet. Aber darin sind wir uns doch alle einig, daß GUT das ist, was unser Herr und Heiland uns befiehlt, zu tun und BÖSE das ist, wovor uns unser Herr und Heiland warnt, es zu tun. Danach gäbe es eine Ausnahme, dem Befehl eines Staates nicht zu gehorchen. Diese Ausnahme tritt dann in Erscheinung, wenn wir durch den Staat daran gehindert werden, unserem Herrn Jesus Christus zu gehorchen. In diesem Falle ist der Staat nicht Gottes Diener, sondern sein Gegner und dann tritt der Fall ein: "Man soll Gott mehr gehorchen als den Menschen." Wir brauchen aber als Búrger unter einer Regierung, die sich christlich nennt und von sich behauptet, christliche Politik betrieben zu haben, nicht meinen, sie, die christlichen Politiker wissen von vornherein schon, was Recht und was Unrecht ist und wir brauchen nur zu tun, was sie sagen und befehlen, nein, auf keinen Fall. Auch wäre gegenüber einer sogenannten christlichen Regierung zu fragen, ob sie etwas von uns verlangt, was mich hindert, meinem Herrn und Heiland gehorsam zu sein. Diese Verantwortung für unser Handeln kann uns weder Adenauer noch Niemöller abnehmen. Eine Obrigkeit aber, die von Gott eingesetzt ist und wir sagten es schon, und das müssen wir wir zuerst von allen bestehenden Obrigkeiten sagen, kann ihre Befehle, Dekrete und Gesetze, nur dann in einer rechten Weise geben, wenn ihr von uns Christen das Wort von dem EINEN GUTEN, der über diese Erde ging, der der Herr aller Obrigkeiten wurde, verkündigt und bezeugt wird. Laßt uns nicht in Winkel und Löcher kriechen, wie die Mäuse, sondern laßt uns mutig auftreten und auch unsere Obrigkeit auffordern, daß sie ihr Amt nur dann recht ausführt, wenn auch sie dem Herrn aller Herren gehorsam ist. Dieser Gehorsam ist nicht zu verwechseln mit den Parolen vom christlichen Abendland und von einer christlichen Weltanschauung, die vor Jesus Christus doch auf derselben Stufe stehen, wie Heidentum, Bolschewismus, wie Mohammedanismus oder Egoismus. Laßt uns der Obrigkeit nicht den Hauptdienst, den wir ihr schuldig sind, verweigern. Bezeugen wir ihr Jesus Christus, dann bereitet uns das "STEUER ZAHLEN" keine Schwierigkeit mehr. Die römischen Christen von damals haben es gewußt, worum es ging. Gott schenke es auch uns, daß wir den Auftrag unseres Herrn, auch der Obrigkeit das Evangelium zu verkündigen, treu ausführen.
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