Kirchenjahr 1952/53 - 18 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum:07/06/1953 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte:
| Año Eclesiástico/Kirchenjahr:1. Sonntag nach Trinitatis 1953 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:2. Timotheus 1, 3-7 | | |
Skopus: Paulus dankt Gott | | Kirchenjahr 1952/53 - 18 - 2. Timotheus 1, 3 - 7 "Ich danke Gott, dem ich diene von meinen Voreltern her in reinem Gewissen, daß ich ohne Unterlaß dein gedenke in meinem Gebet Tag und Nacht; und mich verlangt, dich zu sehen, wenn ich denke an deine Tränen, auf daß ich mit Freude erfüllt würde; und wenn ich mich erinnere des ungefärbten Glaubens in dir, welcher zuvor gewohnt hat in deiner Großmutter Lois und in deiner Mutter Eunike; ich bin aber gewiß, auch in dir. Um solcher Ursache willen erinnere ich dich, daß du erweckest die Gabe Gottes, die in dir ist durch die Auflegung meiner Hände. Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Zucht."
"Ich danke Gott." Wie ein Märchen aus 1001 Nacht klingt das in unseren Ohren. Das soll es also auch noch geben, daß man an den Anfang eines Briefes das Wort setzt: "Ich danke Gott." Das soll es also auch noch geben, daß jemand sein Leben lebt unter dieser einen Tatsache "Ich danke Gott". Wenn wir sagten, dieser Satz klingt in unseren Ohren wie ein Märchen, dann kommt es wohl doch daher, daß wir in unserem Leben das Danken gegenüber unserem Vater im Himmel vergessen haben. Vielleicht reichts es in unseren Gebeten noch dazu, daß wir alle unsere Wünsche und Nöte emporschreien. Und wieviel Not sehen wir in unserem Leben und im Leben unserer Lieben. Aber zum Danken kriegen wir unseren Mund nicht auf oder pressen inhaltslose Worte als Dank durch unsere Zähne. Und würden wir einmal genau hinschauen, in welch überwältigender Weise uns unser Gott unsere Hände füllt, dann müßte es eigentlich so sein, daß wir nicht nur Dankesworte stammeln, sondern dann könnten wir wahrhaftig nichts anderes tun, als uns selbst dem Vater im Himmel als Dank hingeben. Jedenfalls weiß der Apostel Paulus, in welch großartiger Weise Gott ihn in seinem Leben schon beschenkt hat und noch beschenkt. Er kann daher nichts anderes als an den Anfang seines Lebens, ja in die Mitte seines Lebens, den Satz zu stellen: "Ich danke Gott." Nun könnte jemand auf den Gedanken kommen und sagen: Ja, mich hat Gott ganz vergessen. Wenn er mich so beschenkt hätte, wie den Apostel Paulus, dann wollte ich wohl auch das Danken nicht vergessen. Glaube aber ja keiner, daß es dem Apostel Paulus in den äußeren Dingen, um die wir uns so gerne drehen, einfach glänzend ging. Nein, auf keinen Fall, da ging es dem Paulus vielleicht dreckiger als uns. Wir alle sitzen hier - und ermessen wir das Geschenk, daß uns damit gereicht ist? - , wir alle sitzen hier im Gotteshaus und der Apostel? Der Apostel schreibt diesen Brief mit dem Anfang: "Ich danke Gott, " aus dem Gefängnis in Rom. Er wartet auf sein Todesurteil. Auf sein Todesurteil warten und dann aus vollem Herzen Gott danken, das ist wahrhaftig etwas anderes, als ein Leben in Ruhe und Frieden zu leben und dann noch kein Wort des Dankens über die Lippen zu bringen. Es gibt also noch im Angesichte des Todes soviele Großes, wofür wir danken können. Wenn das der Apostel Paulus in der Erwartung des Todes noch tun kann: "Gott danken," dann gibt es wahrhaftig auch für uns, die wir vielleicht in großer Trauer über den Verlust eines lieben Menschen sind, dann gibt es auch für uns, die wir vielleicht einen lieben Menschen krank zu Hause liegen haben, dann gibt es auch für uns, die wir irgendeinen Kummer haben, der uns schärfstens bedrängt, dann gibt es für uns alle dennoch Anlässe genug, um Gott danken zu können. Paulus sagt uns, wofür er Gott dankt: "Daß ich ohne Unterlaß deiner gedenke in meinem Gebet Tag und Nacht." Merken wir es? Und hoffentlich merken wir es aber auch, in welch ein helles Licht die Möglichkeit der Fúrbitte für den anderen Menschen rückt. Paulus dankt Gott dafür, daß Gott ihm durch das Gebet die Möglichkeit geschenkt hat, für seinen Schüler Timotheus die Hände zu falten. Paulus zeigt es uns, wie wir in unseren Gebet uns nicht um uns selbst drehen brauchen, um unsere Nöte und Sorgen, um unsere Erlebnisse, sondern daß wir vor Gott auch für einen anderen Menschen eintreten dürfen. Paulus sieht in dieser Möglichkeit der Fürbitte für einen anderen Menschen ein solch großes Geschenk, daß er selbst im Angesicht des Todes noch für diese Móglichkeit danken kann. Seht einmal, wir versuchen ja alle miteinander Einfluß auf andere Menschen zu gewinnen. Dieses kann in einer schönen Weise, kann aber auch in einer geradezu häßlichen Weise, geschehen. Und oft könnte es bei einem Worte, das wir unserem Nächsten zur Mahnung oder zur Tröstung, gesagt haben, heißen: Besser wäre es gewesen, du hättest geschwiegen. Hier an diesem Punkte aber, da wir für den anderen die Hände falten, da kann es keine Pannen geben, da können wir ruhig alles unserem Herrn anvertrauen. Wir sollten auf alle Fälle vielmehr mit Gott über unseren Nächsten, der uns Sorgen macht, sprechen , als mit ihm selbst oder gar mit einem anderen Menschen über ihn reden. Paulus hat es auf alle Fälle schon oft erfahren, welch ein Segen auf Fürbitten liegt, auf Gebete, die für ihn beim Vater im Himmel eintreten und auf Gebete, in denen er für andere beim Vater eintritt. Paulus dankt Gott dafür, daß er für seinen Mitstreiter Timotheus die Hände falten darf. Für wen darfst und sollst du die Hände falten? Wir spüren es aus unserem Text, welch eine innige Verbindung zwischen Paulus und Timotheus besteht. Sie Beide wissen, daß sie Brüder sind, Brüder, die sich zur gegenseitigen Hilfe gesetzt sind. So ist ja auch im letzten Grunde doch nur die Wirklichkeit der Gemeinde Jesu Christi zu sehen. Es ist schon wirklich in unseren übergroßen Gemeinden ein bitterer Schaden, daß ein Christ den anderen nicht kennt. Da sitzen wir jetzt in dieser Stunde gemeinsam im Gotteshaus zusammen, um Gottes Wort zu hören, um zu danken und zu bitten und dann gehen wir wieder auseinander, ohne überhaupt voneinander Notiz genommen zu haben. Wissen wir überhaupt noch, daß wir in der Gemeinde gegenseitig zur Freude und zur Hilfe gesetzt sind? Wie könnte es sonst heißen: "Leidet ein Glied, so leiden alle Glieder mit." Möge es doch auch uns hier in Hassel geschenkt werden, daß es von uns allen heißt: "Sie waren ein Herz und eine Seel." Paulus kennt diese Hilfe, die ein Christ dem anderen sein kann. Er weiß gerade auch jetzt im Angesichte seines Todes, welch eine Hilfe ihm sein Schüler, sein Mitbruder Timotheus, sein könnte. So schreibt er ihm das auch in aller Offenheit: "Mich verlanget, dich zu sehen, auf daß ich mit Freuden erfüllet würde." Diese Sehnsucht des Paulus nach Timotheus zieht sich durch diesen ganzen Brief. Paulus braucht Timotheus, damit er sein Werk, das er nun aus seinen Händen legen muß, ihm übertragen kann. Timotheus soll nach dem Tode des Paulus das Werk der Verkündigung der Botschaft von Jesus Christus unter den Heiden weiter fortführen. Paulus braucht Timotheus aber auch als einen, der ihm in seinen letzten Stunden das Wort des Trostes zuruft, der ihn auf den Tod vorbereitet. Diese beiden Dinge lassen die Sehnsucht des Paulus nach Timotheus übergroß werden. Diese Sehnsucht kommt nicht zur Ruhe. Doch, sie könnte zur Ruhe kommen, wenn Timotheus seine Zelte abbricht und nach Rom zu ihm ins Gefängnis kommt. Das bedeutet, daß Timotheus aus der Ruhe und Sicherheit seines jetzigen Lebens heraustritt und sich in den Rachen des Löwen hineinbegibt. Das würde heute dasselbe bedeuten, wie wenn ein Pfarrer hier im Westen jetzt den Auftrag bekäme, in die Ostzone zu gehen, um dort die Junge Gemeinde zu leiten, über die im Augenblick eine Verfolgungswelle dahingeht. Von solch einem Menschen könnte man mit fast 100 %-iger Sicherheit sagen, er reist in die Ostzone, um dort ins Gefängnis geworfen zu werden. So können wir uns von Timotheus auch denken, daß es ihm nicht leicht fällt, nach Rom zu gehen. Wir wissen zumal gerade auch von Timotheus, daß er kein heldenmütiger, sondern ein etwas furchtsamer Mensch gewesen ist. Und doch läßt Paulus nicht locker. In der Nachfolge geht es nicht darum, heldenmütig oder furchtsam zu sein, sondern es geht ausschließlich darum, Jesus Christus zu gehorchen. Der Aposel Paulus, der sein Ende kommen sieht, weiß, daß es der Auftrag seines Herrn ist, dem Timotheus seine Arbeit zu übergeben. So gilt für Timotheus nur die eine Parole AUF NACH ROM! AUF INS LEIDEN! Bei diesem Marschbefehl AUF NACH ROM! und dem Gehorchen gegenüber diesem Befehl, geht es nicht um menschliche Heldenmütigkeit oder menschliche Angst, sondern es geht um die Kraft, die Gott uns schenken will und diese Kraft bringt dann auch unsere Angst zum Schweigen. Und Paulus weiß, daß diese Kraft Gottes schon längst beim Timotheus vorhanden ist, sie wirkt oder sollte sie noch darauf warten müssen, daß sie bei ihm noch wirken kann? Paulus stützt sich auf ein Ereignis, das in das Leben des Timotheus hereingebrochen war und mit diesem Ereignis hat Timotheus längst schon das erhalten, was er braucht, um gehorsam sein zu können: "Um solcher Ursache willen erinnere ich dich, daß du erweckest die Gabe Gottes, die ich dir durch die Auflegung meiner Hände, also damals, als ich, Paulus, durch die Auflegung meiner Hände, segnete und dich in den Dienst Jesu Christi stellte, da hast du von Gott etwas erhalten, das du noch besitzest. Jetzt nutze einmal diese Kraft auch wirklich aus. Wenn das nun stimmt, was der Apostel hier sagt, und wer von uns wollte das anzweifeln, dann ist ja auch bei uns, als wir vor dem Altar standen und durch die Handauflegung gesegnet wurde, nicht Theater gespielt worden, sondern dann ist uns ja genauso wie bei Timotheus die Gabe Gottes geschenkt worden. Seit dieser Handauflegung halten wir also eine köstliche Gabe in unseren Händen und es kommt darauf an, daß wir diese Gabe in unserem Leben auch zur vollen Auswirkung kommen lassen. "Ich erinner dich, daß du erweckest die Gabe Gottes, die in dir ist durch die Auflegung meiner Hände." Vielleicht sind wir erstaunt darüber und haben gemeint, unsere Konfirmation wäre nur ein Formsache gewesen und vielleicht war es dann so, daß wir dann auch immer wieder auf ein besonderes Ereignis oder Erlebnis warteten, das uns erst zu einem rechten Christen machen würde. Nein, hier in unserem Text steht nichts davon drin. Paulus erinnert Timotheus ganz schlicht daran, daß er jetzt die Gabe Gottes, die er in der Handauflegung geschenkt bekommen hat, voll wirken lasse. Es soll uns nicht so gehen wie dem Mann im Gleichnis von den anvertrauten Pfunden, der das anvertraute Gut vergrub anstatt mit diesem Gut, wie es die anderen taten, zu arbeiten. Laßt uns wuchern mit dem, was wir von Gott bei der Konfirmation geschenkt bekommen haben! Laßt uns die Gabe, die uns zu Jüngern Jesu gemacht hat, voll und ganz zur Auswirkung kommen lassen. Und worin zeigt es sich, daß wir die Gabe Gottes erwecken? Eben dadurch, daß wir unserem Herrn und Meister in allen Dingen gehorsam sind. Die Gabe, die uns geschenkt, ist die Möglichkeit, jetzt endlich Gott und unserem Herrn Jesus Christus gehorsam sein zu können, trotz all der Dinge, die sich uns in den Weg legen und die uns von dem Gehorsam abbringen wollen. Das ist doch das, was wir heute in deutlicher Weise hören dürfen: Wandle als Christ in allen Stücken, denn dir ist dadurch diese Möglichkeit geschenkt woorden, daß du die Gabe Gottes erhalten hast. Hier in unserem Text nun heißt für den Timotheus der Gehorsam: Ich gehe nach Rom ins Leiden. Gehorsam steht natürlich seiner Furcht entgegen, aber diese Furcht ist nur da, wenn er die Gabe Gottes vergraben hat und mit ihr nichts anzufangen weiß. Wenn Timotheus aber das tut, was Paulus sagt: Die Gabe Gottes wirken lassen! dann erfährt er, daß die Furcht, die dem Gehorsam entgegensteht, überwunden wird. "Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht." Gott hat uns überhaupt nicht einen Geist gegeben, der irgendetwas bei uns befürwortet, was uns von unserem Gehorsam abbringt. Gott hat uns nicht den Geist der Entschuldigung gegenüber den Aufträgen unseres Herrn Jesus Christus gegeben, sondern den Geist, der nichts anderes sagen kann, wenn Jesus ruft: Hier bin ich, was willst du. das ich tun soll.. Laßt uns nicht die Gabe, die Gott uns geschenkt hat, im Wege stehen, denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern den Geist "der Kraft, der Liebe und der Zucht".
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