Kirchenjahr 1952/53 - 09 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum:01/03/1953 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte:
| Año Eclesiástico/Kirchenjahr:Reminiscere 1953 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Hebräer 2, 10 - 18 | | |
Skopus: Jesus Christus - seinen Brüdern gleich | | Kirchenjar 1952/53 - 9 - Hebräer 2, 10 - 18 "Denn Gott kam es zu - um desentwillen das All ist und durch den es besteht und der viele Söhne zur Herrlichkeit geführt hat-, daß er den Herzog ihres Heils durch Leiden vollendete. Denn er, der heiligt, und sie, die geheiligt werden, kommen alle von einem her; darum schämte er sich auch nicht, sie Brüder zu nennen, und spricht: Ich will deinen Namen meinen Brüdern verkündigen und mitten in der Gemeinde dir lobsingen. Und wieder: Ich will mein Vertrauen auf ihn setzen; und dann: Siehe, hier bin ich und die Kinder, die mir Gott gegeben hat. Weil nun die Kinder von Fleisch und Blut sind, hat auch er die gleiche Art angenommen, um durch seinen Tod den zu vernichten, der die Macht über den Tod hat, das ist der Teufel, und um die zu erlösen, die durch Todesfurcht ihr Leben lang Sklaven sein mußten. Denn er nimmt sich ja nicht der Engel an, sondern der Kinder Abrahams nimmt er sich an. Daher mußte er in allem seinen Brüdern gleich werden, damit er barmherzig wurde und ein treuer Hoherpriester vor Gott, um die Sünde des Volkes zu sühnen. Denn weil er selbst gelitten hat und versucht worden ist, kann er denen helfen, die versucht werden."
"Denn er, der heiligt, und sie. die geheiligt werden, kommen alle von einem her." Mit diesen Worten wird uns etwas gesagt, was so gewaltig ist, daß wir vor Freuden springen, daß unsere Gesichter strahlen könnten, sodaß die Leute auf der Straße stehen bleiben und staunend fragen müßten: Was ist denn mit diesem Menschen los. Dieses Wort ruft uns nämlich zu: Du Menschenkind, ganz gleich, wer du auch sein magst, ganz gleich, welche Vergangenheit hinter dir liegt, du kommst von Gott her. Nun würden wir sicher fragen: Stimmt das denn? Gilt es nicht nur für eine kleine Schar von auserwählten Menschen? Nein, dieses Wort gilt in seiner ganzen Bedeutung für jeden einzelnen unter uns. Ja, gerade der, der von sich meint, das gelte nicht für ihn; er sei doch in seinem ganzen Handeln doch so, daß niemand daran erkennen kann, daß er ein EBENBILD GOTTES ist, der darf es heute in dieser Stunde hören: Du kommst von Gott her, oder anders ausgedrückt: Du bist ein Kind Gottes. Unsere Gottes Kindschaft, das muß einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden und das ist auch das Anliegen unseres Reformators Martin Luther, hängt nicht von unseren Taten ab, hängt nicht davon ab, wieviele Male wir gebetet haben, wieviele Male wir zum Gottesdienst gegangen sind, ob wir auch immer so gelebt haben, wie man es von uns hätte erwarten können, nein, daß wir Gottes Kinder sind, hängt in keinster Weise von uns ab, dann wären wir Katholiken, sondern wir sind dadurch Gottes Kinder, daß Gott es un zuruft. Unser Text bringt es in der Weise zum Ausdruck, daß er von Kindern Gottes als von Menschen spricht, die geheiligt werden. Wir werdenm als die Kinder Gottes noch mit einem anderen aus der gleichen Linie gesehen. Es heißt: "Beide kommen sie her von dem einen, der da heiligt und die da geheiligt werden." Es kommt also noch ein anderer von Gott, zu dem Gott nicht erst sagen braucht: Du bist mein liebes Kind, sondern der es schon in seiner ganzen Art und in seinem ganzen Handeln ist. Er ist der, bei dem wir in seinem Handeln, im Gegensatz zu uns, schon erkennen, daß er Gottes Sohn ist. Er braucht nicht geheiligt werden, sondern er ist selbst heilig, ja, er ist nicht nur selbst heilig, sondern er ist sogar der, der uns heiligt, der uns zu Gottes Kindern macht "Beide kommen sie von dem einen, der da heiligt und die da geheiligt werden." Dieser Eine, der da von Gott kommt und der da selbst heilig ist und der da uns zu Gottes Kindern macht, heißt im Vers 10 der "Herzog unseres Heils". Wenn wir uns an die wörtliche Bedeutung des Wortes HERZOG halten, dann ist damit verbunden, daß da einer ist, der uns vorangeht. Es gibt ja viele Menschen und Weltanschauungen, die uns vorangehen und den Weg weisen wollen und denen wir nachfolgen sollen, aber es gibt nur den einen "HERZOG UNSERES HEILS." Dieser Herzog unseres Heils will uns aus der heillosen Welt herausführen. Wir erinnern uns daran, daß die Amsterdamer Weltkirchenkonferenz 1948 sich zur Frage hat werden lassen, wie es mit dem Heil in einer heillosen und unheilsvollen Welt bestellt sei. Und daß unsere Welt eine heillose Welt ist, das zeigt uns jeder Blick in die Zeitung, das zeigt uns das ganze Geschehen in dieser Welt, im Kampf um die Macht, der nicht mehr nach dem Nächsten fragt und unter dem Motto geführt wird: OHNE RÜCKSICHT AUF VERLUSTE. Zeigen nicht auch die Katastrophen, die in der letzten Zeit über Europa und über die Welt dahingegangen sind, daß wir in einer unheilvollen Welt leben? Zeigte nicht das schändliche Treiben des Karnevals in diesem Jahr, daß wir von einer unheilvollen Welt umgeben sind. Aber wir haben keinen Grund, nur die Welt draußen zu sehen und mit dem Finger dahinzuzeigen, sondern fragen wir uns doch selbst, wie es mit uns bestellt ist? Haben in unseren Familien Hader und Streit keinen Platz mehr? Sind wir in der Lage, auf den anderen, der mehr Glück hat als wir, dem es besser geht als uns, ohne Neid zuzuschauen? Ist in unserer Gemeinde wieder ein echtes Miteinander eingekehrt? Oder schauen wir in unser eigenes persönliches Leben. Von welchen Gedanken und Leidenschaften sind wir geplagt, die uns in immer größere Tiefen hinabziehen? Wahrhaftig, wir alle, auch als ernste Christen, sind ein Stück der unheiligen Welt. Aber nun steht da vor uns einer, der will uns aus dieser unheilvollen Welt, will uns aus unserem eigenen Unheil, herausführen zum Heil. Er will uns, die wir im Kampf gegen den Widersacher Gottes, in den unzähligen Niederlagen unseres Lebens so manche harte Wunde bekommen haben, an denen wir bis heute noch leiden, diese Wunden zur Heilung bringen. Er ist so nicht nur der Herzog, sondern auch der Begründer, die Grundlage, unseres Heils. Und welch ein Trost, er will uns nicht nur einmal aus unserem Schmutz und Dreck herausführen, sondern immer wieder, jeden Tag neu. Es gibt im Leben eines Christen nicht so etwas wie eine einmalige Bekehrung, von der wir dann fortan zehren. Es ist nicht so, daß der Herzog unseres Heils uns nicht nur ein einziges Mal herausführt aus einer Welt, die hinter uns einstürzt und danach wären wir aus eigener Kraft dazu in der Lage. Nein, er allein will das bei uns jeden Tag neu tun. Die Welt um uns und in uns ringt jeden Tag neu um unser Herz und oft verfallen wir dann wieder dieser Welt. Darum sind wir auf diesen Herzog unseres Heils jeden Tag angewiesen, auch als Christen sind wir auf diese Rettung immer neu angewiesen. Ein Christ kann nur durch eine immer wieder neu geschenkte Bekehrung leben. Daß wir uns jedesmal von diesem Herzog und Begründer unseres Heils herausretten lassen, das ist die Bekehrung, die uns nottut. Vielleicht haben wir schon von jenem Bilde gehört, auf dem eine brennende Stadt zu sehen ist. Und durch diese Stadt zieht einer, der überall da, wo Menschen in Gefahr sind, erscheint und mit ihnen, er voran, aus dem nahen Untergang und dem Tod herausschreitet. Der das tut, ist der Herzog unseres Heils, der Herzog unserer Seligkeit. Dem Verfasser unseres Textes liegt es aber auch daran, daß er uns ein wenig den Schleiuer von dem Geheimnis wegziehen möchte, wie denn der Eine, der da von dem Vater im Himmel gekommen ist, zum Herzog unseres Heils geworden ist. Aber es ist dabei nicht so, daß er das alles in einer großzügigen Sicherheit tut, und auch nicht so, als ob er damit das ganze Geheimnis gelöst hätte, sondern nur die wesentlichen Gründe, die den Sohn Gottes zum Herzog und zum Begründer unseres Heils unserer Seligkeit werden ließ. Für unseren Verfasser hängt sehr viel davon ab, daß der Sohn Gottes in unser Fleisch und Blut kam, daß er unser Bruder geworden ist. Es heißt in unserem Text: "Darum schämte er sich auch nicht, sie Brüder zu heißen." Daher weiß also dieser Herzog unseres Heils, wo er uns in dieser so heillosen Welt antreffen kann, weil er selbst die Beschwernisse unseres menschlichen Lebens auf sich genommen hat. Ihm ist keine Not, die uns bedrängen kann, unbekannt geblieben, wie ist er doch selbst der Macht des Herrschers dieser unheilvollen Welt in der Versuchungsgeschichte begegnet. Wie macht doch oft die Tatsache uns das Bekennen unserer Schuld so schwer, daß wir die Befürchtung haben, daß der, dem wir beichten möchten, sich garnicht in unsere Lage hineindenken kann. Und wir befürchten, daß der Betreffende uns ein Wort sagt als einer, der besser dasteht als wir, der von einer Höhe zu uns herniederspricht. Aber wir dürfen hier wissen, Gott selbst ist in seinem Sohne in unseren eigenen Schmutz gestiegen und steht jetzt vor uns als unser Bruder. Ihm können wir unser Herz öffnen. Uns kennt er und uns versteht er. Unser Text wird nicht müde, diese frohe Tatsache dadurch zu bekräftigen, daß er alttestamentliche Stellen heranführt, die das schon im Alten Bunde geweissagt haben, daß Gott persönlich zu uns herniedersteigt: "Ich will verkündigen deinen Namen meinen Brüdern und mitten in der Gemeinde dir lobsingen." oder "Siehe da, ich und die Kinder, welche mir Gott gegeben hat." Der Sohn Gottes ist unser Bruder geworden. Das zeigt sich in ganz besonderer Weise darin, daß er selbst in die größte Not eines menschlichen Lebens hinabstieg, die es überhaupt gibt. Diese größte Not, die wir Menschen zu durchleben haben, ist der Tod mit allen seinen Schrecknissen. Allerdings müssen wir ganz klar sehen, hier wird der Tod nicht als etwas angesehen, das von Natur aus einfach dem Menschen anhängt oder der Tod wird auch nicht angeschaut, als ob er über uns wie ein blindes Schicksal steht und wir meinen, nun - da ist halt nichts zu ändern. Nein - machen wir uns die Schau des Todes nur nicht zu leicht. Hier wird einmal hinter die Kulisse des Todes geschaut und es wird mit aller Deutlichkeit klargestellt, daß der Tod im Dienste des Teufels, des Widersachers Gottes, steht Weil wir in der immerwährender Bedrohung dieses Widersachers in dieser unheilvollen Welt stehen und uns immer wieder gefangennehmen lassen, steht hinter all unserem Tun und Handeln das Schreckgespenst des Todes vor uns. Nehmen wir also den Tod ja nicht zu leicht. Er ist die Quittung dafür, daß wir ein Nein zu Gott sagen und ein Ja zu seinem Gegenspieler. Weil das so ist, verfolgt uns der Tod auf Schritt und auf Tritt. Nun aber steht vor dem Tod einer, der ihm ein entscheidendes Halt entgegenruft, der ihn von uns zurückdrängt, der uns aus seiner Knechtschaft herausreißt. "Und erlöset die, so durch Furcht des Todes im ganzen Leben Knechte sein mußten." Durch welches Geschehen hat der Sohn Gottes nun den Tod überwunden, sodaß wir nicht mehr seine Knechte sein brauchen? Eben dadurch, daß er selbst in den Todesrachen hineinsprang. Er, dem der Tod nichts anhaben konnte, wagte dennoch um unsretwillen, sich dem Tode auszuliefern. Er ging um unsretwillen den Weg des Leidens und des Sterbens bis zum Kreuz auf Golgatha, als ein Zeichen dafür, daß Tod und Teufel ihre Macht verloren haben. "Er nahm durch den Tod die Macht dem, der des Todes Gewalt hatte, das ist der Teufel." So ist der Christus dadurch, daß er unser Bruder wurde, dadurch, daß er sich für uns dem bitteren Leiden und Sterben auslieferte, zum Herzog und Begründer unseres Heils geworden, dem wir uns bedenkenlos anvertrauen können. Er enttäuscht uns nie, mag unsere Schuld noch so groß gewesen sein. Unser Text faßt diese frohe Gewißheit der Sündenvergebung, die Tatsache, daß wir, die wir von Gott hergekommen sind, aber durch unsere Schuld die Gotteskindschaft verloren haben und nun wieder heimkehren dürfen in das Haus des Vaters, in das Bild des Hohenpriesters des Alten Bundes. Dem Hohenpriester des Alten Bundes war es gegeben, einmal im Jahr am Großen Versöhnungsfeste vor Gottes Angesicht zu treten, beladen mit der Schuld des ganzen Volkes, und durfte diese Schuld vor Gott niederlegen. Jetzt aber steht unser Hohepriester, der Jesus Christus, der Gekreuzigte, heißt, ständig vor Gottes Thron und bittet um die Vergebung unserer Schuld, bittet Gott darum, daß er uns nicht losläßt, obwohl wir auf der ständigen Flucht vor ihm stehen. "Daher mußte er in allen Dingen seinen Brüdern gleich werden, auf daß er barmherzig würde und ein treuer Hoherpriester vor Gott zu versöhnen die Sünden des Volkes." Es ist also Tatsache, was wir am Anfang unserer Predigt hörten. Wir dürfen Kinder Gottes sein, die von dem Herzog unseres Heils herausgerettet werden aus der unheilvollen Verkettung mit dieser dem Tod verfallenen Welt. Wir, du und ich, dürfen Gottes Kinder sein, weil Jesus Christus unser Bruder geworden ist und durch sein Leiden und Sterben uns aus der Knechtschaft des Todes befreit hat. In dieser für uns so frohen Gedwißheit dürfen wir auch in diesem Jahre die Passionszeit begehen. Lasset uns beten: Herr Jesus Christus, der du unser Bruder geworden bist und dein Leiden und Sterben um unsretwillen erduldetest. Wir bitten dich, nimm auch uns jeden Tag neu an die Hand und reiße uns aus dem Rachen des Todes. Führe uns aus der Dunkelheit dieser Welt, aus der Dunkelheit unseres Lebens heraus in das helle Licht des Heils. Sei du der Herzog unserer Seligkeit. Amen.
|
|