Kirchenjahr 1952/53 - 06 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum:18/01/1953 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte:
| Año Eclesiástico/Kirchenjahr:2. Sonntag nach Epiphanias 1953 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Hebräer 12, 18 - 24 | | |
Skopus: Ihr seid zu dem Berg Zion gekommen | | Kirchenjahr 1952/53 - 6 - Hebräerbrief 12, 18 - 24 "Denn ihr seid nicht zu einem Feuer gekommen, das loderte und in das man hineingreifen könnte, noch in Dunkelheit, Finsternis und Ungewitter, noch zum Schall der Posaunen und zum Dröhnen der Stimme, wobei die Hörer baten, daß ihnen kein Wort mehr gesagt würde; denn sie konnten nicht ertragen, was da gesagt wurde: Und wenn auch nur ein Tier den Berg anrührt, soll er gesteinigt werden. Und so erschrecklich war die Erscheinung, daß Mose sagte: Ich bin erschrocken und zittere. Sondern ihr seid zu dem Berge Zion gekommen, und zu der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, und den vielen tausend Engeln, und zu der Versammlung und Gemeinde der Erstgeborenen, deren Namen im Himmel aufgeschrieben sind, und zu Gott, dem Richter über alle, und zu den Geistern der vollendeten Gerechten und zu dem Mittler des neuen Bundes, Jesus, und zu dem Blut der Besprengung, das besser redet als Abels Blut."
Mit diesen Worten "Denn ihr seid nicht gekommen zu diesem betreffenden Berge." wird eine Gemeinde angeredet. Daraus können wir ganz klar erkennen, daß das die große Gefahr für diese Gemeinde ist, daß sie sich immer wieder an diesem Berge aufhält. Aber dieses Wort ruft mit aller Entschiedenheit und mit allem Ernst die Gemeinde von diesem Berge zurück oder warnt sie auch, jemals zu diesem Berge hinzupilgern. DENN IHR SEID NICHT GEKOMMEN ZU DIESEM BETREFFENDEN BERGE, würde heißen: um Himmels willen, ihr seid doch nicht dort, wo ihr unter keinen Umständen angetroffen werden dürftet. Wir könnten jetzt durchaus erschreckt auffahren und fragen: Was ist denn das für ein entsetzlicher Berg, bei und auf dem sich niemand aufhalten darf? Besteht denn dort Lebensgefahr? Wartet dort auf uns der Tod?. Jawohl, an diesem Berge erwartet uns der Tod und eine Gemeinde, die sich dort aufhält, ist eine tote Gemeinde. Das Äußere. das diesen Berg umgibt, "das brennende Feuer, das Dunkel und die Finsternis, das Ungewitter und die großen Warnungstafel: Vorsicht, Lebensgefahr!" erinnert an die starke Bedrohung, die jeder zu spüren bekommt, der sich an diesem Berge aufhält. Aber es steht auch fest , daß alle diese Naturgewallten, die den Berg umgeben, uns nicht in die große Gefährdung des Todes hineinbringt. Was uns bedroht, ist etwas ganz anderes. Nein, nichts etwas anderes bedroht uns, keine Sache, kein Ding, sondern die starke Bedohung, die uns von diesem Berge entgegenkommt, "ist Gott, der Herr, selbst", der auf diesem Berge erschienen ist. Wir wissen, daß Gott, der Herr, dort auf dem Berge Sinai seine Stimme hat erschallen lassen und dort hat er seinem Volke Israel für die ganze Welt die Gebote gegeben, die alle beginnen mit: "Du sollst dies und das nicht tun!" Und Gott sagt von allen diesen Geboten, wer sie nicht hält, wer sie übertritt, der ist des Todes schuldig. Von diesem Gott, der diese Gebote gegeben hat, kommt der Hauch des Todes über alle die, die sie nicht halten, über alle, die sich diesem Berge nähern. Die Warnung: "Nähert euch nicht dem Berge Sinai!" heißt dann doch: Du, christliche Gemeinde, mache nicht die 10 Gebote zur Grundlage deines christlichen Glaubens! Und in unserem gesamten christlichen Denken besteht doch die Annahme, als ob die Gebote die Grundlage unseres christlichen Glaubens wäre. Viele großen Männer in der Geschichte meinen, ihre Christlichkeit dadurch beweisen zu können, daß sie für die 10 Gebote eintreten. Unser Text treibt uns heute in eine große Unruhe und wir kommen alle ins Fragen: Verbreitet der Hebräerbrief hier nicht durch seine Behauptung, das in der christlichen Gemeinde die 10 Gebote keinen Platz mehr haben dürfen, eine ganz gefährliche Irrlehre? Aber am Anfang unserer Predigt hieß es doch, daß die christliche Gemeinde vom Berge Sinai weggerufen wird, also daß die Gemeinde von den 10 Geboten als GRUNDLAGE ihres Glaubens weggerufen wird. Die christliche Gemeinde hat mit den 10 Geboten nichts mehr zu tun. Will uns der Text alle miteinander zu Schwärmern machen? Warum predigen wir dann noch die 10 Gebote? Allerdings hilft hier alles Widerstreben nichts. Der Text lautet: "Ihr seid nicht zum Berge Sinai gekommen." Und das heißt ganz deutlich: Die 10 Gebote haben Ihre Rolle für den Glauben ihre Rolle ausgespielt. Das Erschrecken, liebe Gemeinde,, wird aber riesengroß und es könnte uns das Entsetzen packen, wenn wir daran denken, daß hinter diesen Geboten ja Gott , der Herr. selbst steht, der wirklich diese Gebote gegeben hat. Dann würde unser Text sagen: Gott, der Herr, wie er sich in diesen 10 Geboten gezeigt hat, hat seine Rolle in der christlichen Gemeinde ausgespielt. Während wir gerade dabei waren, dem Verfasser des Hebräerbriefes einen Ketzerhut zu geben, liegt es uns jetzt sogar auf der Zunge, ihn zum Gotteslästerer zu machen. Ist das kein Gotteslästerer, der von Gott, der sich auf dem Berge Sinai gezeigt hat, so zu sprechen, als ob er in der christlichen Gemeinde keinen Platz mehr habe? Alles sieht wahrhaftig nach Gotteslästerung aus. Dieses große Ärgernis werden wir aber niemals verschönern dürfen, werden wir niemals hinwegpredigen können. Nein, dieses Ärgernis wird bleiben bis in alle Ewigkeit hinein. Und wer sich daran stoßen mag, soll es tun. Aber als Christen brauchen wir daran keinen Anstoß zu nehmen, denn wir wissen, daß Gott, der Herr, es so gewollt hat. Sagen wir es ruhig: Gott, der Herr, wie er sich auf dem Berge Sinai gezeigt hat, hat sich selbst ins Gesicht geschlagen. Ja, um mit unseren Worten zu sprechen, Gott hat sich selbst gelästert. Das ist die Lösung des großen Ärgernisses, Gott hat sich selbst gelästert. Wodurch kommt dieses zum Ausdruck? Unser Text ruft uns zu: "Sondern ihr seid gekommen zu dem Berge Zion." Hören wir also recht, die christliche Gemeinde wird vom Berge Sinai weggerufen, aber nicht ins Leere hinein, sondern zu dem Berge ZION. Dieser Berg Zion spielt für die christliche Gemeinde die größere Rolle. Das, was dort geschah, bildet die Grundlage für den Glauben in der christlichen Gemeinde. Wir wissen, daß dort auf dem Berge Zion Gott seine Wohnung aufschlagen wollte. Dort stand auch der Tempel Gottes. Dort stand die Stadt Jerusalem. Dort stand also das Zentrum des Volkes Gottes. Diese Stadt Jerusdalem dort auf dem Berge Zion wurde zum Bild der himmlischen Stadt Jerusalem, auf die wir warten. Wir merken, wo das alles sich vollzieht, da weht nicht der Hauch des Tode, sondern da herrscht das Leben. Der Berg Zion hat es mit dem Leben zu tun, das dort zu Hause ist und das von dort aus in die ganze Welt hineingetragen wird. Wir sagten schon, daß von diesem Berge Zion, auf dem Gott wohnt, das Leben ausgeht und nicht der Tod, daß von diesem Berge dort eine andere Stimme aus dem Munde Gottes erschallt als die vom Berge Sinai. Und diese Stimme aus dem Hause Gottes vom Berge Zion allein, soll in der christlichen Gemeinde zu hören sein. Ja, diese Stimme ist es, die erst immer wieder die Gemeinde Gottes schafft. So ist die christliche Gemeinde eine Gemeinde des Lebens und nicht des Todes. DAS LEBEN IST AUF DEM BERGE ZION ERSCHIENEN. Haben wir recht gehört? Wir werden weggerufen aus der Angst des Todes hinein in die helle Freude des Lebens. Wir dürfen leben, welch herrliches Geschenk, das uns dargereicht wird. Seit dem Anfang der christlichen Geschichte haben sich Menschen darüber Gedanken gemacht, daß Gott einmal Tod und ein anderes Mal Leben bedeuten kann und sie grübelten dem nach und kamen auf den Gedanken, daß der Gott des Sinai ein anderer Gott sei als der des Zion. Es wurde gesagt, sie können beide nicht zusammengehören, Leben und Tod können beide sich nicht vertragen. Sie wollten dieses Ärgernis auslöschen, daß Gott sich selbst ins Gesicht schlägt. Aber wir kommne nicht daran vorbei, daß Gott sich in den 10 Geboten als der zeigt, der eifersüchtig darauf achtet, daß die Grenze zwischen ihm und dem Menschen nicht verwischt wird und der darauf achtet, daß wir es niemals vergessen, daß wir in seinen Augen Todeskandidaten sind. Wir kommen aber auch nicht daran vorbei, daß Gott der ist, der als die helle Sonne des Lebens in unsere Dunkelheit hineinstrahlt. Beides steht nebeneinander, aber die christliche Gemeinde hat als ihre Glaubensgrundlage nur mit dem Gott des Lebens zu tun, hat es nur mit dem Gott zu tun, der uns zuruft: "Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein." Es ist der Gott, der, obwohl er am Berge Sinai die scharfe Trennung zwischen sich und den Menschen vollzog, und der wiederum als der Heilige und Unnahbare sich zu uns gesellte, unser Fleisch und Blut annahm. Es ist der Gott also, der es fertigbringt, sich dem Todeshauch der 10 Gebote auszusetzen und den Tod am Kreuz zu sterben. "O große Not, Gott selbst ist tot." Dort auf dem Berge Zion steht hoch aufgerichtet das Kreuz auf Golgatha. Dort geschah die größte Gotteslästerung aller Zeiten, die Gott an sich selbst vollzog: "Ihr seid gekommen zu dem Mittler des Neuen Testamentes, Jesus, und zu dem Blut der Besprengung." Warum tat das Gott? Warum geht er mit sich selbst in ein solch furchtbares Gericht? Gott tat das, was wir Menschen niemals werden recht verstehen können, um unsretwillen, damit wir eine Gemeinde der Lebendigen sein können, damit wir nicht mehr dem Todeshauch ausgesetzt sein brauchen. Wir alle als eine christliche Gemeinde leben von Gottes eigener Lästerung, darum ist die christliche Gemeinde keine Gemeinde der 10 Gebote, sondern eine Gemeinde unter dem Kreuz von Golgatha, eine Gemeinde die von Gottes eigener Schande lebt, von seinem eigenen Tod in seinem Sohne Jesus Christus. Die Gemeinde Jesu Christi lebt von Gottes Liebe zu uns, die sich selbst aufgibt. Fasse das, wer das fassen mag, dieses Handeln Gottes wird durch alle Zeiten hindurch ein Ärgernis bleiben, aber es wird ebenfalls für alle Zeiten auch das Heil seiner Gemeinde bedeuten. Wir sagten schon in aller Deutlichkeit: Die Gemeinde Jesu Christi ist keine Gemeinde vom Berge Sinai, ist keine Gemeinde der 10 Gebote. Daran müssen wir scharf festhalten. Ja, ist es dann aber so, daß diese 10 Gebote ein Nichts sind, die, wie einmal ein nationalsozialistischer Schulungsredner sagte, auf den Misthaufen gehörten? Nein und abermals nein, sie haben eine entscheidende Aufgabe zu erfüllen. Die Erscheinung Gottes am Berge Sinai ragt in einer nicht zu überhörbaren Weise bis in die heutige Zeit hinein, in welcher Weise aber, wenn sie nicht die Grundlage unseres christlichen Glaubens sind? Warum sind dann in den christlichen Gemeinden die Gebote Gottes nicht verstummt, obwohl sie nicht die Grundlage unseres Glauben sind? Gott, der Herr, will uns mit seinen Geboten niemals vergessen lassen, woher wir kommen. Er hält uns mit den Geboten seinen Spiegel vor, in dem wir erkennen können, wer wir sind. Wer sind wir denn, wir frommen Menschen? Halten wir uns doch einmal selbst den Spiegel der 10 Gebote vor unsere Augen. Müssen wir nicht erkennen, daß wir alle miteinander solche sind, die diese Gebote übertreten, tragen wir nicht damit alle bereits das Zeichen des Todes an unserer Stirn? Woher kommen wir? Aus der Flucht vor Gott, aus einer tiefen Feindschaft gegen ihn. Niemand von uns könnte sagen, daß er alle Gebote gehalten hat, daß ihn nicht die Strafe Gottes, nicht der Tod, träfe?? Unsere Schuld gegen Gott war so groß, daß er sich selbst untreu wurde und unseren Tod starb. Im Angesichte dieser 10 Gebote werden wir voll Dankbarkeit für das, was Gott für uns getan hat. Darum sollten durchaus die 10 Gebote noch mehr als sonst von der christlichen Gemeinde als Spiegel unserer Unwürdigkeit betrachtet werden. Aber nicht nur diese Aufgabe haben die Gebote für uns innerhalb einer christlichen Gemeinde, die nicht mehr unter dem DU SOLLST und DU SOLLST NICHT stehen. Wir stehen ja in der Nachfolge Jesu Christi, wir lauschen und folgen SEINEM Wort. Aber dennoch stehen wir in der Gefahr, solange unser Leben nicht vollendet ist, diesem Jesus nicht mehr zu folgen, unseren Blick nicht mehr auf ihn zu richten. Sobald wir aber den Blick von Jesus Christus weglenken auf irgendwelche andere Ziele, im gleichen Augenblick schauen wir in die Gebote hinein mit ihren Todesdrohungen. Sie rufen uns auf diese Weise immer wieder zurück, nicht den Tod zu wählen, sondern uns das Leben schenken zu lassen. "Ihr seid nicht gekommen zu dem Berge Sinai, sondern ihr seid gekommen zu dem Berge Zion.", darum stehen wir nicht mehr unter der Bedrohung des Todes, sondern wir dürfen leben, Jesus Christus am Kreuz auf Golgatha auf dem Berge Zion schenkt uns allein dieses Leben."
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