Kirchenjahr 1952/53 - 05 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum:04/01/1953 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte:
| Año Eclesiástico/Kirchenjahr:Sonntag nach Neujahr 1953 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Jakobus 4, 13 - 17 | | |
Skopus: Warnung vor Selbstsicherheit | | Kirchenjahr 1952/53 - 5 - Jakobus 4, 13 - 17 "Und nun zu euch, die ihr sagt: Heute oder morgen wollen wir in die oder die Stadt gehen und wollen ein Jahr dort zubringen und Handel treiben und Gewinn machen, und ihr wißt doch nicht einmal, was morgen sein wird. Denn was ist euer Leben? Eine Rauchwolke seid ihr, die nur kurze Zeit bleibt, dann aber verschwindet. Stattdessen solltet ihr sagen: Wenn der Herr will, werden wir leben und dies oder das tun. Nun aber rühmt ihr euch in eurer Überheblichkeit. All dieses Rühmen ist böse. Wer also Gutes zu tun weiß und es nicht tut, für den ist es Sünde."
Wir stehen am Anfang eines neuen Jahres und da ist es selbstverständlich, daß alle Menschen, die etwas von einer Verantwortung wissen, sich fragen, welches Ziel habe ich in diesem angefangenen Jahr zu erreichen? Was kann ich für die Erreichung dieses Zieles tun? Was kann ich dazu beitragen? Wenn wir uns die Ziele einmal ansehen, die erreicht werden wollen, dann können wir feststellen, wie verschieden doch diese Ziele sind. Bei dem einen ist es das Ziel, jetzt endlich nach mehreren Jahrzehnten schwerster Arbeit sich pensionieren zu lassen, damit ein schöner Lebensabend beginnen kann; bei dem anderen ist es das Bestreben, für seinen Sohn oder seine Tochter, die zum Frühjahr aus der Schule entlassen werden, eine gute Lehrstelle zu erhalten. Bei dem dritten geht alles darauf hinaus, es am Ende dieses Jahres zu einem Motorrad hebracht zu haben. Auch jede Partei hat das Bestreben, in diesem Jahr ihr Programm zur Durchführung zu bringen. Für die eine Partei ist es das Ziel dieses Jahres, endlich die Regierungsgewalt durch die Wahl zu erlangen, für die andere kommt alles darauf an, die verschiedenen Verträge mit dem Westen im Bundestag durchzubringen. Überall, wohin wir schauen, werden große Ziele geplant und große Ziele zu erreichen versucht. Wir haben ja auch in unserer Gemeinde noch nicht vergessen, daß es das Ziel dieses Jahres ist, mit dem Bau des neuen Gemeindezentrums in Hassel-Süd zu beginnen. Es taucht selbstverständlich sofort auch bei diesen vielen Plänen und Zielen die Frage auf: Dürfen wir uns als Christen in unserem Leben Ziele stecken und Pläne machen? Sollen wir uns als Christen über die Zukunft keine Gedanken machen, sondern einfach die Augen verschließen und sagen: Der liebe Gott wird schon für uns sorgen? Ich denke, bei dieser Frage brauchen wir uns nicht lange aufzuhalten, da besteht doch wohl bei einem jeden von uns die einhellige Meinung, daß der, der sich keine Gedanken über die Zukunft macht, sondern einfach in den Tag hinein lebt, im letzten Grunde sogar verantwortungslos handelt, verantwortungslos vor Gott und vor den Menschen. Dennoch ist es von entscheidender Bedeutung, auf welche Art und Weise dieses Planen geschieht. Jakobus sieht auch gleich eine Gruppe von Kaufleuten vor sich. Rein menschlich könnte man für sie die größte Sympathie haben. Wer so sprechen kann wie diese Menschen: "Heute oder morgen wollen wir gehen in die oder die Stadt. Wollen ein Jahr dort liegen und Handel treiben und gewinnen," der hat noch Mut und Tatendrang in den Knochen. Wir haben den Eindruck, bei diesen Kaufleuten ist jede Minute und jede Stunde und jeder Tag genau geplant. Es geht alles nach diesem Plan und dabei geht sogar alles wie am Schnürchen. Alle Hochachtung vor diesen Menschen! Und doch sagt der Apoostel Jakobus, daß in dieser Zielstrebigkeit und in diesem Planen schon der Wurm steckt. Wir haben schon gesagt, daß nicht das Planen für die Zukunft schlechthin für einen Christen unmöglich ist, also kann der Apostel das Planen der Kaufleute nicht ohne weiteres verurteilen. Warum aber kann Gott mit diesem Planen der Kaufleute doch nicht einverstanden sein? Dieses Planen ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil aus dem Rechnen und Planen Gott ausgeklammert worden ist. Wir Menschen meinen, wir sind die Herren unseres Lebens, wir könnten auch über die Zukunft verfügen, und zwar so verfügen, wie wir wollen. Unser Leben und unser Planen sind keine Rechenaufgaben, die immer genau aufgehen müssen, sondern Gott hat sich die freie Verfügung über das Leben und über die Zukunft vorbehalten. Wie können wir in solcher Selbstsicherheit unsere Pläne aufstellen, ohne nach Gott zu fragen? Wissen wir denn nicht, wissen denn diese Kaufleute im Text nicht, daß es uns völlig unbekannt ist, was am morgigen Tag sein wird. "Ihr wisset nicht, was morgen sein wird." Morgen schon kann etwas in unser Leben eintreten, das allem unserem Planen ein Ende setzen wird. In einem Bilde wird uns deutlich gemacht, was es eigentlich um unser Leben ist, worum wir immer soviel Tra-ra machen. So, wie man unseren Atem in kalter Luft oder den Dampf kochenden Wassers nur für kurze Zeit sieht, weil er so schnell verschwindet, so ist unser Leben. "Denn was ist euer Leben? Ein Dampf ist es, der eine kleine Zeit währet, danach aber verschwindet." Damit ist in aller Deutlichkeit gesagt: Stellt in allen euren Plänen dieses mit in Rechnung, daß ihr selbst nur ein blauer Dunst seid, nehmt euch ja nicht zu wichtig und meint, ihr könnt wie Gott selbst über eure Zukunft bestimmen, sonst kann es uns so ergehen wie dem reichen Kornbauer, der auch einen Kopf voller Pläne hatte und der sich anschickte, diese Pläne zu verwirklichen und dann die Stimme vernehmen mußte: "Du Narr, heute mußt du sterben." Jakobus will uns davor bewahren, daß wir auch dieses Wort über unser Planen und Sorgen hören müssen. Aber bekommen wir nur keinen Schrecken und meinen, wir müßten unser ganzes Planen über den Haufen werfen, nein, das will Jakobus auf keinen Fall, sondern er will, daß wir in rechter Weise planen und uns Gedanken über die Zukunft machen. Dazu gibt er uns eine genaue Anweisung: "Ihr sollt sagen: So der Herr will, werden wir leben und dieses oder jenes tun." Der Mensch, der nach dieser Regel an das Planen für das neu begonnene Jahr geht, setzt als den wichtigsten Posten der ganzen Planung Gott selbst hinein. Unser Leben und unsere Zukunft liegt allein in der Hand Gottes. An seinem Willen hängt es, ob wir den nächsten Atemzug tun dürfen oder tot umfallen. Wenn wir mit unserem Vater im Himmel an das Planen unserer Zukunft gehen, dann kann das nicht mehr bedeuten, daß wir unser Leben sichern wollen. Es war doch ganz deutlich in der Zeit zu spüren, da noch Lebensmittel und Bekleidungsstücke nur sehr knapp vorhanden waren, daß das Sorgen für die Zukunft darin bestand, daß wir in der Zeit der Not und des Mangels unser Leben sichern und schützen wollten und darum die Sorge um die Zukunft darin bestand, möglichst viele Nahrungsmittel im Schrank zu haben, möglichst viel hamstern zu können, ohne danach zu fragen, ob wir nicht gerade durch unser Hamstern dem anderen, der ja auch auf die Lebensmittel angewiesen war, in noch größere Entbehrungen hineinstürzten. Wenn wir so sprechen, wie es uns Jakobus in den Mund legt: "So der Herr will.", dann ist das ausgeschlossen, daß das Denken an die Zukunft damit zusammenhängt, daß wir unser Leben selbst in die Hand nehmen, daß wir selbst über unser Leben entscheiden. Jesus sagt in der Bergpredigt: "Wer ist unter euch, der seiner Länge eine Elle zusetzen möge, ob er gleich darum sorget." Die Sorge um unser Leben hat sich Gott allein vorbehalten, darum ist das, was uns zugerufen wird, im letzten Grunde keine Qual, sondern eine große Erleichterung. Der, der euch das Leben gegeben hat, wird es auch erhalten bis zu dem Zeitpunkt, da er euch das Leben wieder nehmen wird. Wir stehen vor Gott und in seinem Willen hängt es, ob wir auch im neuen Jahr das Leben erhalten bekommen, "So Gott will, werden wir leben," sagt der Text. Nicht nur unser Leben, sondern auch alles andere, was ein Mensch braucht, was ihm wichtig erscheint, was er gern haben möchte, können wir uns nicht aus eigener Kraft erringen, sondern nur so, daß wir im Auftrage Gottes unsere Arbeit tun, so wie er es geheißen hat. Und daß wir dann am Anfang eines Jahres, jedesmal dann, wenn wir es brauchen, wenn wir es haben möchten, zu unserem Vater im Himmel gehen und unsere offenen Hände ihm entgegenstrecken und ihn bitten: Herr, fülle sie mit dem, was du mir zugedacht hast. Für uns als Christen bedeutet das Plänemachen für das neue Jahr das Eine: Vor Gott treten, ihm unsere leeren Hände entgegenstrecken und von ihm alles erwarten. Gott will uns das alles schenken, was wir nötig haben, denn er hat uns ja auch befohlen, ihn zu bitten: "Unser täglich Brot gib uns heute." Das ist das, was Jakobus sagt: "Ihr sollt sagen: So der Herr will, werden wir leben und dieses oder jenes tun." Wir wissen also am Anfang dieses neuen Jahres, wo wir dran sind. Daß wir nur unsere Hand zum Vater ausstrecken brauchen und alle Sorge ist verflogen. Laßt uns alle Pläne ihm vorbringen und ihn bitten: Herr, segne du sie und schenke uns das Gelingen. Wenn Gott uns nun das Sorgen um unser Ich, um unser Leben, das Planen aus der Sorge heraus, wegnehmen möchte und selbst unsere Zukunft in seiner Hand halten will, dann möchte er aber nicht, daß wir die Hände in den Schoß legen. Gott hat unsere Hände frei gemacht, die uns selber beweihräuchern möchten, damit sie jetzt wirklich in Tätigkeit treten können. Gott mächte uns unsere Hände freinachen, damit wir uns um andere Dinge bemühen. Er möchte unser Planen von uns selbst weglenken und uns sagen, es gibt wahrhaftig eine Möglichkeit, sich so zu sorgen und zu grämen, und zwar, daß wir Tag und Nacht nicht schlafen können. Es ist die Sorge um die Menschen, die weniger haben als wir, die vor unserer Türe stehen oder liegen und auf unsere Hilfe warten und auf sie angewiesen sind. Da sollten wir uns mit allem, was wir sind und haben, einschalten. Die Sorge für uns selbst liegt ja in der Hand Gottes, da brauchen wir uns nicht zu sorgen. Prüfen wir als Christen alle einmal unsere Pläne für das Jahr 1953, prüfen wir alle einmal alle Pläne der Städte und des Staates und alle Programme der Parteien. Woran können wir erkennen, daß es Pläne sind, wie Gott sie von uns haben will? Wenn in diesen Pläne zum Beispiel der NOTLEIDENDE NÄCHSTE den ersten Platz einnimmt.Es genügt dabei nicht, wenn in diesen Plänen der größte Teil der Sicherung des eigenen Lebens gewidmet ist und am Schluß auch noch etwas für die Armen getan wird. Nur das allein genügt, wenn dem armen Lazarus die Hauptaufmerksamkeit zukommt, dabei spielt es keine Rolle, ob dieser arme Mann des Ostens ist, oder der Parteigenosse aus der anderen Partei oder der Nachbar ist. Jakobus sagt: "Denn wer da weiß Gutes zu tun, und tut es nicht, dem ist es Sünde." So werden wir alle aufgefordert, noch einmal unsere Pläne durchzusehen und sie abzustimmen auf den einen Hauptnenner: Der notleidende Nächste. Wir dürfen das, weil Gott uns die Gewißheit geschenkt hat, daß die Sorge für uns er selbst übernommen hat.
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