Kirchenjahr 1952/53 - 04 - | Lugar/Ort:Gelsenkirchen-Buer-Hassel
Fecha/Datum:01/01/1953 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte: Aldea Protestante, 31-12-59 | Año Eclesiástico/Kirchenjahr:Neujahr 1953 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Römer 8, 31 - 39 | | |
Skopus: Die Gewißheit des Heils | | Kirchenjahr 1952/53 - 4 - Römer 8, 31 - 39 "Was sollen wir nun dazu sagen? Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben - wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht. Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist; ja viel mehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und für uns eintritt. Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Entbehrung oder Gefahr oder Schwert? wie geschrieben steht: Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe. Aber in dem allem überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiß, daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendein anderes Geschöpf uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn."
"Was wollen wir nun hierzu sagen?", so beginnt unser heutige Text. Wir werden damit sofort in das hineingestellt, was uns in besonderer Weise als Christen gerade zum Jahreswechsel bewegt. Das Ende des alten und der Anfang des neuen Jahres bringen uns in aller Deutlichkeit zum Bewußtsein, wie unser Leben dahinfliegt. Ehe wir uns besinnen, ist wieder ein Jahr dieser Weltzeit, ein Jahr unseres Lebens vorbei. Gerade zu der Zeit, da wir spüren, wie uns unser Leben aus den Händen entgleitet, ist es gut, sich auf unsere Vergangenheit und unsere Zukunft zu besinnen. Jedem von uns geht es sicherlich so, daß er beim Denken an das vergangene Jahr im Tiefsten seines Herzens unruhig wird, und zwar unruhig darüber, daß er so viele Gelegenheiten. da er sich als Christ hatte erweisen können, einfach verpaßt hat. Diese verpaßten Gelegenheiten stehen riesengroß anklagend vor uns und bedrängen uns. Wo sind unsere helfenden Händen, die sich sich für Mitmenschen regen sollten, geblieben? Wo waren wir, als Gott uns zu einem Menschen in Bewegung setzen wollte, damit wir ihn um Vergebung bitten, weil wir ihm Unrecht getan haben? Wo sind alle unsere guten Vorsätze geblieben, uns in der Gemeinde nun wirklich als aktive Glieder zu betätigen? Tauchen nicht auch wieder unsere Taten, unsere furchtbaren Taten, aus dem Abgrund der Vergessenheit auf, um uns zu ängsten und zu schrecken, obwohl wir wissen, daß sie uns vergeben worden sind.? Hundertfach sind die Möglichkeiten und Gegebenheiten unseres Gewissens, uns daran zu erinnern, daß das, was wir bisher gewesen sind in unserem Beruf, in unserer Familie, in unserer Stellung zu unserem Herrn und Meister Jesus Christus, in keinster Weise etwas damit zutun hat, daß wir zu seinen Jüngern gemacht wurden. In großer Eindringlichkeit wird uns gezeigt, daß wir nicht ans Ziel gekommen sind, sondern auf der Strecke liegengebliebene Christen sind, nur noch die Karikatur, das Zerrbild eines Christen. Der Apostel Paulus weiß davon, daß die Stimmen, die uns BESCHULDIGEN oder VERDAMMEN wollen, versuchen, in unserem Leben übermächtig zu Wort zu kommen. Er weiß, daß hinter diesen Anklagen im letzten Grunde der Ankläger, der Teufel selbst, steht. Er ist es, der uns von dem rechten Gehorsam gegenüber unserem Herrn und Meister abgebracht hat. Er ist es aber auch, der jetzt vor uns steht und uns diesen unseren Ungehorsam vorhält und uns in seiner Anklage zur Verzweiflung treiben will. Aber nicht nur dieser Ankläger steht vor uns und macht uns unseres Lebens nicht mehr froh, sondern der Apostel weist noch auf eine andere Tatsache, die uns die ganze Freudigkeit zu unserem christlichen Glauben rauben will. Er hat es am eigenen Leibe erfahren, was es um das Leiden ist, das er erdulden mußte, weil er einfach ein Jünger Jesu war. Uns würde der Mut entfallen, wenn wir wüßten, daß das im neuen Jahr auf uns wartete, was dieser Apoostel hat durchmachen müssen um Jesu willen. Er schreibt im 2. Korintherbrief: "Ich habe mehr gearbeitet; ich habe mehr Schläge erlitten; ich bin öfter gefangen als alle anderen Apostel und oft in Todesnöten gewesen. Von den Juden habe ich 5 x empfangen 40 Schläge weniger eins. Ich habe 3 x Rutenstreiche erhalten, bin einmal gesteinigt worden und 3 x habe ich Schiffbruch erlitten, Tag und Nacht habe ich zugebracht in der Tiefe des Meeres." Dieser Leidenskatalog geht noch weiter, aber er mag uns genügen. Nun sind wir alle davon überzeugt, daß wir in solche Nöte wie der Apoostel nicht hineinkommen werden. Das mag wohl auch zum größten Teil stimmen, obwohl wir wissen, daß unsere Brüder und Schwestern hinter dem eisernen Vorhang von Ostdeutschland bis China von diesen Nöten in ähnlicher Weise wie der Apostel sprechen könnten. Aber wenn diese Not in dieser Weise uns hier im Westen nicht so bedrängt, weil wir meinen, wir leben in einer christlich gesicherten Welt, da das nicht mehr vorkommt, so wird uns doch das Eine klar sein müssen, daß wir nicht wissen, was morgen sein wird. Wir sind immer als Gemeinde, als Christen, in einer ähnlichen Situation wie der Apostel. Keinem von uns wird wird es dabei so zumute sein, daß er in großer Sicherheit sagen könnte: Was ist das schon, wird gemacht! Unser Glaube hält einer solchen Anfechtung schon stand! Uns allen würde wahrlich der Mut entfallen, zumal wir wissen, welche Not und Anfechtung es uns jetzt schon bereitet, wenn wir von unseren Freunden und Arbeitskollegen und Nachbarn wegen unseres Glaubens, wegen unserer Beteiligung am "altmodischen" Gottesdienst, gehänselt werden. Und wer es auch in seinen Entscheidungen in der Familie, im Beruf und in der Politik, es mit Jesus Christus hält, wird es erleben, daß er zum Gespött der Menschen gemacht wird. Es gehört zum Stand eines Christen, daß er leidet, daß er verhöhnt und verspottet wird. Und darum ist es nur zu verständlich, daß wir heute, wenn wir daran denken, was auf uns in dieser Hinsicht alles im neuen Jahr wartet, ängstlich werden und zu verzagen meinen. Das Dritte, das uns den Mut und die ganze Freudigkeit für das neue Jahr nehmen will, sind die Mächte der Finsternis, die in unser Leben eingreifen. In dem Moment, da wir von Jesus Christus einen Auftrag bekommen, da wir seine Befehle ausführen wollen, treten diese finsteren Mächte auf den Plan und versuchen, uns zu verwirren. Wir können sagen, daß diese finsteren Mächte im letzten Grunde alle münden in die Frage, die schon am Anfang der Menschheitsgeschichte der EVA gestellt worden ist: SOLLTE GOTT GESAGT HABEN? Die Mächte, die in unser Leben einbrechen, damit wir mit der christlichsten Miene den größten Ungehorsam gegen Jesus Christus begehen. Denken wir doch daran, wie der größte Teil der Christenheit in Deutschland im Glauben daran, daß es Gott gewollt habe, der finsteren Macht des Nationalsozialismus verfallen waren. Sind nicht jetzt wieder Mächte der Finsternis auf dem Plan, die mit der Fahne des Kreuzes Menschen zu einem Kreuzzug gegen den Osten aufrufen. Wie schwer ist es doch gerade, diese finsteren Mächte überall zu erkennen. Wir laufen ihnen nur zu leicht in die Arme und glauben dabei, daß wir gerade dadurch Jesus Christus gehorsam sind. Uns wird am Anfang des neuen Jahres wahrlich angst und bange, daß wir den einschmeichlerischen und versucherischen Stimmen der finsteren Mächte Gehör und Gehorsam schenken, ohne sie als finstere Mächte zu erkennen. Unter dem Eindruck all dieser Nöte und Anfechtungen könnten wir zu der Überzeugung kommen, als sei unser Leben als Christ eine ganz schreckliche Angelegenheit. Wer Könnte dann seines Lebens froh werden, wenn sein Gewissen ihm keine Ruhe läßt, wenn er seines Glaubens wegen immer wieder der Benachteiligte ist, immer wieder den Kürzeren zieht. Wer könnte seines Lebens froh werden, der erfahren muß, wie er imme rwieder den finsteren Mächten preisgegeben ist. Nein und abermals nein, sagt der Apostel Paulus. Woher nimmt er den Mut, uns das in aller Freiheit und Freudigkeit entgegenzurufen? Er kann und darf das, weil GOTT FÜR UNS IST. Wir wissen, daß das, ws uns bedroht, keine harmlosen Dinge sind, die wir mit einer Handbewegung wegschütteln können. Wer etwas davon weiß, was es bedeutet, wie eine Lüge, wie ein Diebstahl oder wie ein sonstiges Vergehen einen Menschen verfolgen kann bis zur Verzweiflung hin, der weiß, daß dieses Verklagen keine leichte Sache ist. Vielleicht haben wir schon von dem Schauspiel GOTTES UTOPIA von dem Schriftsteller Stefan Andres gehört, der uns von solcher Not eines jungen Offiziers im spanischen Bürgerkrieg berichtet, der in einem Kloster mehrere Nonnen umgebracht hatte und seitdem von einer wilden Verzweiflung gepeinigt wird, die ihn selbst bis in die Träume hinein verfolgt. Eine solche Verzweiflung ist wohl vorhanden, oft auch nach anderen bösen Taten, aber doch: "Gott ist für uns." Oder wer wollte es leugnen, daß es keine kleine Sache ist, wenn Christen um ihres Glaubens willen in die Gefängnisse wandern oder ihren Feinden ausgeliefert werden und die grausamsten Marter erleiden müssen. Und doch gilt auch hier: "Gott ist mit uns." Und wer wollte die finsteren Mächte, die sich als Gestalten Gottes ausgeben und uns unter dem Deckmantel von Gottes Gebot und göttlichem Auftrag vom rechten Weg abbringen wollen, als harmlos abtun? Sie tragen ja gerade die satanische Ausgeburt in sich und wir würden das wahre Gesicht mit all der Grausamkeit früh genug zu sehen bekommen. Uns kann durchaus der Mut zum Leben vergehen, wenn wir daran denken. Aber auch hier gilt: "Gott ist für uns." Mögen alle diese Mächte, die uns bedrängen, noch so grausam und furchtbar sein, mögen sie uns noch so sehr das Leben schwer machen, mögen sie noch so sehr versuchen, uns vom Wege Gottes abzubringen, sie, die finsteren Mächte, sind und bleiben geschlagene Mächte., die uns nichts mehr anhaben können, denn Gott hat sie geschlagen, damit hat er erwiesen, daß er allmächtig ist und alle sogenannten Mächtige ohnmächtig sind. Gott hat diesen Kampf geführt, um in einer einmaligen Weise zu bekunden, daß er uns lieb hat, daß er uns der Bedrohung dieser Mächte nicht ausgesetzt sehen will, daß er für uns ist. So nennt er uns dann auch SEINE KINDER oder SEINE AUSERWÄHLTEN. Darum kann der Apostel Paulus in einem Jubel- und Triumphlied ausbrechen: "Ist Gott für uns, wer mag gegen uns sein?" Hören wir es doch heute als die freudige Nachricht, da wir am Anfang eines neuen Jahres stehen: Nichts kann uns bedrängen, nichts ist so furchtbar, daß es uns zur Verzweiflung treiben könnte, denn Gott ist für uns und wer mag dann noch wider uns sein?! Paulus sagt uns auch, durch wen diese Schlacht Gottes gegen die finsteren Mächte zu unseren Gunsten und aus der einzigartigen Liebe zu uns geschehen ist: "Gott hat seines eigenen Sohnes nicht verschonet, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben; wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?" Wir kommen ja gerade von Weihnachten her und wissen, daß dort in der Krippe die Hingabe des Sohnes Gottes für uns begann. Dort begann Gottes Kampf mit all den Mächten, von denen wir bedrängt werden. Und wir wissen, daß dieser Kampf mit einem herrlichen Sieg endete. Darum hinweg mit aller unserer Angst; hinweg mit unserer Sorge um das neue Jahr! Mag auch in diesem neuen Jahre alles Mögliche auf uns einstürmen, mag selbst der Tod auf uns warten, nichts auf dieser Erde und nichts im Himmel "mag uns von der Liebe Gottes scheiden!" Auch am Ende des begonnenen Jahres will Gott in seiner ganzen Liebe stehen und uns mit seinen offenen Armen in Empfang nehmen. Herrlich ist, ein Christ zu sein.
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