Kirchenj. 1954/55 bis Himmelfahrt - 4- | Lugar/Ort:Gels.-Buer-Hassel-Wohnheim Wiebringhaushof
Fecha/Datum:24/12/1954 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte:
| Año Eclesiástico/Kirchenjahr:Heiligabend 1954 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Lukas 2, 11 | | |
Skopus: Uns ist der Heiland geboren | | Kirchenjahr 1954/55 - 4 - Lukas 2, 11 "Euch ist heute der Heiland geboren!"
Wieder einmal ist es soweit, daß wir das Weihnachtsfest begehen können. Wieder ist es soweit, daß wir im Scheine des Lichterbaumes, die alten und bekannten stimmungsvollen Weihnachtslieder singen. Kaum einer kann sich diesem Zauber entziehen, alle miteinander werden wir mitgerissen von einer tiefen Innigkeit. Und gerade auch das Weihnachtsfest ist dazu angetan, unsere Gedanken zurückgehen zu lassen zu den Jahren unserer Kindheit und unserer Jugend, bei den einen noch in einem wohlbehüteten trauten Heim, bei den anderen schon mitten in den Kriegswirren und -nöten oder sogar auf der Flucht. So hat sich dann im Laufe der Zeit unsere Meinung über das Weihnachtsfest gebildet, bei den einen als eine glückliche Erinnerung an die vergangene Kindheit, bei den anderen aber als eine gewisse Frontstellung gegenüber einem solchen fast märchenhaft anmutenden Weihnachtszauber und wir, wenn wir einmal nüchtern über Weihnachten nachdenken, am liebsten dieses Fest aus dem Kalender streichen möchten. Und doch, wenn dieses Fest wieder da ist, dann können wir nichts anderes tun als uns auch wieder diesem Zauber hinzugeben und selbst zu werden wie ein Kind. Aber nun dürfen und müssen wir eines festhalten, daß es beim Weihnachtsfest weder um Zauber noch um Stimmung, weder um ein Familienfest noch um politisch großangelegte Friedensreden geht, auch nicht um Wünsche und Versprechungen für das kommende Jahr. Es geht beim Weihnachtsfest um das Geschehen damals vor fast 2.000 Jahren, dort im armseligen Stall zu Bethlehem. Glauben wir doch ja nicht, daß es dem Josef stimmungsvoll zumute gewesen war, als er für seine Frau, die niederkommen sollte, einen Ort suchte und er an jeder Tür die Antwort bekamm: Schon belegt. Und glauben wir ja nicht, da von dieser erbärmlichen Krippe, in der der neugeborene König der Juden liegt, ein Zauber ausging oder daß man einen Heiligenschein sehen konnte, wie es auf vielen Bildern dargestellt wird. Nein, nein, die bitterste Armut einer Flüchtlingsfamilie, schutz- und hilflos den Unbilden preisgegeben, von einem König Herodes wütend verfolgt, das ist das erste Weihnachtsfest. Was damals geschah, ist kein Märchen, sondern harte bittere, ja, wir können sagen, grausame Wirklichkeit. Was da geschah und was da passierte, war der graue Alltag der Menschen, voll Arbeit und Kummer und Not und Sorgen, wie er sich bei uns und in unserem Leben zeigt. Und doch geschah dort in dem elenden Stalle etwas ganz Besonderes, etwas Einmaliges; etwas, was wir mit Weihnachtsbaum und Lichterglanz, mit Stimmung und Zauber niemals verstehen können. Aber es geschah dort etwas, was wir durch unsere Ablehnung nicht einfach null und nichtig machen können, daß nämlich Gott sich selbst aufgemacht hat aus seiner Herrlichkeit, um uns in unserer Armut und Niedrigkeit aufzusuchen und uns zuzurufen: Dein Leben ist noch nicht nutz- und zwecklos! Dein Elend ist noch nicht so groß, daß ich dir nicht helfen könnte. Sehen wir doch einmal Folgendes, da reden wir, vielleicht zum großen Teil zu Recht, daß die Herren, wie wir vielleicht voll Wut aussprechen, über uns vom grünen Tisch weg bestimmen, ohne uns jemals recht verstanden und gekannt zu haben. Ob das dann stimmt, das ist eine Frage, die man von Fall zu Fall entscheiden müßte. Aber das eine steht 100 %ig fest, Gott bestimmt über dein Leben nicht vom grünen Tisch hinweg, sondern er kommt selbst als ein Mensch mitten unter uns, um mit uns alle Not und alles Elend zu tragen, damit er uns in rechter Weise auch helfen kann. Wir singen in einem Weihnachtslied: "Gott ist auf Erden kommen arm, daß er unser sich erbarm und in dem Himmel mache reich und seinen lieben Engeln gleich. Das hat er alles uns getan, sein groß Lieb zu zeigen an, des freu sich alle Christenheit und Dank ihm des in Ewigkeit." Da in diesem Kindlein in der Krippe im Stall zu Bethlehem kommt Gott in seiner großen Liebe zu uns auf diese Erde. Er ist dein Bruder geworden, dem du deine ganze Not, alles, was dich heute und morgen und in alle Zukunft quält und dir Sorgen macht, dem du alles sagen oder wenn du es willst, ihm auch entegegenschreien darfst. Bei ihm ist die rechte Stelle, wenn alle irdischen Stellen, Freunde und Bekannte, versagen. Er bleibt der, der nur dein Bestes im Auge hat und dich nie und nimmer verläßt. So, wie damals es den Menschen zugerufen wurde, so gilt es auch heute noch uns und darin liegt allein der Sinn der Weihnachtstage: "Dir ist heute dein Heiland geboren."
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