Jahreslosungen 06c | Lugar/Ort:Grabschental
Fecha/Datum:30/12/1962 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte: Aldea Protestante, 31-12-1962 | Año Eclesiástico/Kirchenjahr:Jahreslosung 1962 | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Nehemia, 8, 10 | | |
Skopus: Im vergehenden Jahr bekümmerte uns schon manches. | | Jahreslosungen 1962 6c-Nehemiás 8,10 "Bekümmert euch nicht, denn die Freude am Herrn ist eure Stärke." Wir stehen wieder am Ende eines Jahres. Wir stehen am Ende des Jahres 1962. Es ist gut, wenn wir da einmal still werden und zurückblicken auf das zu Ende gehende Jahr. Jeder von uns weiß es für sich am besten, ob sich in diesem Jahre alle sein Hoffnungen, Sehnsüchte und Wünsche erfüllt haben. Allerdings dürften wir keine Menschen sein, wenn wir nicht wüßten, daß es keinen einzigen Menschen gibt, der sagen könnte, bei mir haben sich alle Hoffnungen erfüllt, mir ist aber auch alles gelungen, was ich mir vorgenommen und geplant habe. Sicherlich wird durchaus auch dem einen oder dem andern dieser Wunsch oder jene Hoffnung in Erfüllung gegangen sein. Es wäre eine selbstverständliche Sache, daß er mit einem freudigen und dankbaren Herzen heute daran denkt. Aber wir wissen auch, daß sich bei vielen nicht nur die Hoffnungen nicht erfüllt haben, sondern stattdessen Rückschläge auf Rückschläge über sie hereingebrochen sind. Liebe Menschen sind von uns durch den Tod weggerissen worden, Krankheiten oder Unglücksfälle haben uns gezeigt, was für armselige Kreaturen wir sind, wir alle miteinander. Die größten Erfahrungen haben wir aber sicherlich gemacht mit den Unruhen im eigenen Land und in der letzten Zeit besonders durch das Geschehen um Cuba, das uns fast an den Rand eines neuen Weltkrieges brachte, in dem es keine Siege und keine Besiegten gegeben hätten, sondern nur eine vernichtete irdische Welt. Wenn wir an solche furchtbaren und grausamen Möglichkeiten denken, dann werden unsere Erfolge persönlicher und familiärer Art winzig klein. Klein werden aber auch unsere persönlichen Kümmernisse. Wie ein großes Erschrecken geht es durch die ganze Welt, ja, durch die ganze Schöpfung: Wir stehen am Ende mindestens einer gewaltigen Menschheitsepoche, wenn nicht sogar am Ende dieser Menschheitsgeschichte überhaupt. Wir Menschen haben es so herrlich weit gebracht, sodaß wir selbst diese unsere Welt und uns selbst zerstören können. Ein Druck auf einen bestimmten Knopf kann diesen Prozess der Zerstörung auslösen. Und manchen Menschen kribbelt es direkt in den Fingern, diesen Knopf nun auch wirklich zu drücken. Wir sind also vollständig willkürlich, so erscheint es uns, einigen wenigen Menschen auf Gedeih und Verderben ausgeliefert zu sein, einigen wenigen, die diesen Knopf kennen und den Zugang zu diesem Knopf haben. Verstehen wir es, daß unsere persönlichen Nöte und Sorgen und Kümmernisse, aber auch unsere Freuden und Erfolge klein und nichtig werden gegenüber der Möglichkeit, daß jeden Augenblick eine Weltkatastrophe größten Ausmaßes über uns hereinbrechen kann? Mit dem Gedanken, in diesem zu Ende gehenden Jahr sind wir an dieser Weltkatastrophe ja noch einmal davon gekommen, stehen wir fragend vor dem neuen Jahr 1963. Nicht nur wir kleinen Menschen hier in Aldea Protestante halten den Atem an, wenn wir an diese Dinge denken, sondern auch große und mächtige Staatsmänner finden keine ruhige Nacht mehr und starren auf diese Dinge, die uns zu überrennen drohen. Daß und wie man mit diesen Atom- und Supperwasserstoff- und Kobaltbomben sterben kann, weiß heute jeder, aber wie man mit ihnen in dieser Welt, da einer des anderen Feind ist, da man sich gegenseitig die Köpfe einschlägt, leben kann, ohne, daß man diese Mord- und Vernichtungsinstrumente benutzt, weiß noch niemand. Und inmitten dieser Welt, von der man sagen muß, daß sie im Argen liegt, leben wir als Kinder Gottes, als Christen. Geht es uns nicht so, daß wir, wenn wir an diese Dinge denken, mit den Menschen dieser Welt ohne Hoffnung sind? Daß wir dahin manchmal kommen, ist selbstverständlich, dafür sind die Bedrohungen unseres Lebens auch zu furchtbar und zu grausam. Allerdings brauchen wir bei dieser Hoffnungslosigkeit als Christen nicht stehen zu bleiben und uns von ihr in den Abgrund ziehen zu lassen. Warum nicht? Wir haben einen Gott, der der Herr ist Himmels und der Erden. Er ist auch noch der Herr einer zerstörten Welt. Von ihm wissen wir, daß die letzte Entscheidung über Tod und Leben nicht bei dem liegt, der den Knopf drückt, sondern bei ihm, unserem Gott. Alledings wissen wir durcbaus, daß es einen Zeitpunkt geben kann, da Gott es zuläßt, daß dieser Knopf gedrückt wird. Die Heilige Schrift spricht immer wieder vom Ende der Welt. Aber selbst wenn das geschieht, wissen wir uns in Gottes Hand. Mitten in der größten Zerstörung ist Gott uns nahe. Uns kann nichts Schlimmes geschehen, denn am Ende aller Wege steht unser Vater im Himmel mit offenen Armen, um uns in Empfang zu nehmen. Darum dürfen wir das Wort, das die Evangelische Kirche als Jahreslosung für das vergehende Jahr sich gegeben hat, am Ende dieses Jahres für uns ganz persönlich nehmen: "Bekümmert euch nicht, denn die Freude am Herrn ist eure Stärke". Wer ein KInd Gottes ist, steht auf der Seite Gottes, auf der Seite des Gottes, der an die Stelle einer zerstörten Welt auch wieder eine neue Welt schaffen kann, wie es einmal ausgedrückt wird: "Wir aber warten eines neuen Himmels und einer neuen Erde, in welcher Gerechtigkeit wohnen wird." So laßt uns am Ende dieses Jahres mit allen Fragen und Nöten unseres Lebens, unseres persönlichen und familiären Lebens, mit allen Sorgen und Ängsten um den Weg unseres Landes und um die Zukunft der ganzen irdischen Welt und der ganzen Menschheit, zu Gott kommen und ihm alles vor die Füße legen, damit wir im Blick auf das vergehende Jahr 1962 und das bald hereinbrechende neue Jahr 1963 das Wort des Trostes aus seinem Munde hören: "Bekümmert euch nicht, und die Freude zu mir sei allein eure Stärke und Hoffnung!"
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