-6-Kirchenj. bis Ewigkeitssonntag 15b | Lugar/Ort:Aldea Protestante
Fecha/Datum:31/10/1965 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte: Aldea Protestante, 2-11-1969 Aldea Protestante, 24-10-1977 Grabschental, 6-11-1965 Reffino, 30-10-1977 Meroú, 30-10-1977 | Año Eclesiástico/Kirchenjahr:Reformationstag | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Johannes 8, 31-36 | | |
Skopus: Christliche Freiheit stellt uns in den Dienst | | -6- Kirchenj. bis Ewigkeitssonntag 15b -Johannes 8,31-36 "Da sprach nun Jesus zu den Juden, die an ihn glaubten: So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger und werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen. Da antworteten sie ihm: Wir sind Abrahams Samen, sind niemals jemandes Knechte gewesen; wie sprichst du denn: Ihr sollt frei werden? Jesus antwortete ihnen und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht. Der Knecht aber bleibt nicht ewiglich im Hause; der Sohn bleibt ewiglich. So euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr recht frei."
Das Wort Freiheit ist ein sehr großes Wort. Auf vielen Plakaten der Welt ist das Wort Freiheit dick gedruckt. Aber vor allem, was ist das doch für eine große Sache, Freiheit haben. Junge Menschen sehnen sich nach Freiheit, wenn sie gegen ihre Eltern rebellieren und aus dem Hause wollen. Gefangene zählen die Monate, die Tage, ja, die Stunden bis zu dem Augenblick, da sich die Zellentür für sie öffnet. Tausend und Abertausende sind für die Freiheit in den Kampf gezogen und dafür gestorben. Freiheit, dieses Wort hat schon auf unzählbaren Fahnen gestanden und ist von vielen unterdrückten und geknechteten Menschen hinausgeschrieen worden. Dichter haben dieses Wort immer wieder neu besungen. Politiker ziehen damit in den Wahlkampf. Revolutionen wurden unter dieser Losung entfesselt. Selbst tyrannische Diktatoren versuchen klar zu machen, daß gerade ihre tyrannische Diktatur wahre Freiheit sei. Freiheit, dieses Wort wird bis zur Stunde von den gegensätzlichsten Menschen und Gruppen gebraucht. Und solange es auf Erden Menschen gibt, solange wird man auch von der Freiheit reden und wahre Freiheit suchen. Freiheit der Gedanken, Freiheit für die Wissenschaft, Freiheit für das Gewissen, Religionsfreiheit, das ist wirklich etwas, wofür es sich lohnt, sich einzusetzen. Aber auf der anderen Seite müssen wir auch sagen, was wird mehr mißbraucht als Freiheit? Womit wird mehr Schindluder getrieben als mit diesem Wort Freiheit. Man sagt Freiheit und meint Willkür und Zügellosigkeit. Jesus sagt hier in unserem Text, daß es wahre Freiheit nur durch ihn gibt. Er sagt, wer auf ihn, den Christus, hört, sich an ihn hält, der wird die Freiheit erkennen und die Wahrheit wird ihn freimachen. Die Menschen von damals lehnen sich gegen Jesu Rede auf. Sie lehnen es ab, als unfrei bezeichnet zu werden. Sie können es nicht anerkennen, daß nicht schon da Freiheit ist, wo man sich nicht im Gefängnis befindet. Wir sind nicht dann schon frei, wenn wir willkürlich, nach unserem eigenen Kopf, ungehindert und ungebunden, leben. Man will es nicht wahrhaben, daß es mitten in einer äußeren Freiheit eine totale Unfreiheit geben kann. Die Angehörigen des Volkes Israels berufen sich auf ihren Stammvater Abraham und erklären damit, als Israeliten, als Gottes Kinder, seien sie immer freie Menschen gewesen. Aber dadurch zeigen sie gerade an, daß sie nicht frei sind gegenüber dem Sohne Gottes, sondern sie sind so gebunden an ihre religiöse Tradition, daß sie nicht mehr die Freiheit haben, sich für Jesus Christus heute zu entscheiden. Ihre Situation war die gleiche wie die der römisch-katholischen Kirche zur Zeit des Mittelalters. Und daran werden wir am heutigen Reformationsgottesdienst wieder erinnert. Luther und die anderen Reformatoren stemmten sich ja mit aller Gewalt gegen die erstarrte und verkrampfte traditionelle Kirche. Sie war an den Papst und die Bischöfe, an Rom gebunden und darum nicht mehr frei für Christus. Nicht umsonst hat Martin Luther eine Schrift geschrieben mit dem Titel: "Von der Freiheit eines Christenmenschen." Ist das, was wir in diesen Jahren auf und nach dem Vatikanischen Konzil erleben nicht ein ähnlicher Kampf: Freiheit gegen traditionelle Gebundenheit? Aber Luther damals ist mit seinem Ruf zur christlichen Freiheit sofort falsch verstanden worden. Zahlreiche Gruppen haben den Ruf zur Freiheit benutzt, um Menschen zu einem zügellosen und ungeordneten Leben aufzureizen. Aber christliche Freiheit ist gerade nicht eine hemmungslose Zügellosigkeit. In einer rechten Freiheit kann man eben nicht alles machen, was man will oder was man meint, machen zu können. Was wahre Freiheit bedeutet und ist, das sagt Jesus in unserem Text in zwei Sätzen: 1. "Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht". 2. "Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr recht frei". Mit anderen Worten heißt das, wir sind immer dann unfrei, wenn wir nicht an Gott gebunden sind. Wir werden unfrei, wenn wir unser Denken und Fühlen und Wollen und Tun nicht von Gottes gutem Willen lenken lassen. Im letzten Grunde wissen wir das alle. Wir wissen vielleicht selbst in unserem eigenen Leben von unzählbaren inneren und äußeren Gebundenheiten, die unser Tun und Handeln beeinflussen; unser Geld, unsere Sucht nach mehr, bestimmte Menschen, bestimmte Ideen, unsere Faulheit oder Interessenlosigkeit, unsere Wünsche und Lüste und vieles anderee kann uns unfrei machen, kann uns versklaven. Aber Gott will uns wieder wahre Freiheit geben. Er will in seiner unfaßbaren großen, ewigen Gnade alles durchstreichen, was es an Schuld und Verirrungen und Versklavungen in unserem Leben gab und gibt. Darum kam ja Jesus Christus zu uns. Darum hing er für uns am Kreuz. Darum ist er der, der fúr uns den Tod überwand. Martin Luther sagt in seiner Erklärung zum 2. Artikel: "Ich glaube, daß Jesus Christus sei mein Herr." Das hat Gott gewollt, als er Jesus Christus zu uns sandte: Wir sollten herausgelöst werden aus allen falschen Gebundenheiten und durch die Gebundenheit an Jesus Christus zur wahren Freiheit geführt werden. Nur in dieser Gebundenheit an den einen Herrn Jesus Christus haben wir wahre menschliche Freiheit. Luther stellt zwei anscheinend gegensätzliche Sätze bnebeneinander: 1. "Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan." 2. "Ein Christenmensch ist eien dienstbarer Knecht aller Dinge und jedrmann untertan." Mit anderen Worten heißt das: Eine Freiheit, in der wir alle Möglichgkeiten, uns auszuleben, uns durchzusetzen und praktizieren können, ist keine Freiheit mehr, sondern tiefste Gebundenheit an uns selbst. Sind wir nicht an Gott gebunden, dann halten andere Triebe, Neigungen und Wünsche uns fest gebunden. Lassen wir uns aber durch das Hören auf die Christusbotschaft jeden Tag neu wieder an Gottes Gnade und seinen guten Willen binden, dann werden wir wieder frei, frei für Gott, frei für andere und auch frei von uns selbst. Solch eine gottgewollte Freiheit ist nicht an eine äußere Situation gebunden. Auch als ein Gefangener, auch als ein ans Kraankenbett Gebundener können wir in Wahrheit dann frei sein. Wichtig ist nur immer, daß wir uns jeden Tag neu an Gott binden lassen, an die Gnade, die Jesus Christus für uns errungen hat. Evangelische Freiheit ist immer nur eine Freiheit der an Gott, an Jesus Christus, Gebundenen, Der Christ Dietrich Bonhoeffer schrieb im Gefängnis vor seinem Tode durch Erschießen ein Gedicht mit der Überschrift: "Stationen auf dem Wege zur Freiheit." Er war von einem Hitlergericht zum Tode verurteilt worden. In diesem Gedicht heißt es: "Niemand erfährt das Geheimnis der Freiheit, es sei denn durch Zucht." Also wahre Freiheit ist nur möglich durch Bindung an Gott. Den Reformationstag recht begehen heißt nicht, alte Geschichten von Luther und Papst erzählen, sondern wir begehen den Reformationstag recht, wenn wir uns von Jesus Christus zu der Gnade rufen lassen, die uns von uns selbst frei macht, die uns an Gott bindet und uns in den barmherzigen Dienst an Menschen stellt. Und das alles solange, bis sich das Tor zur vollkommenen Freiheit öffnet, zu dem neuen Leben mit Gott in der vollendeten Herrlichkeit.
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