-5-Kirchenj. bis 14.S.n.Trinitatis 32b | Lugar/Ort:Meroú -Krankengottesd. Conradi
Fecha/Datum:08/06/1980 | Otros Lugares/Weitere Predigtorte: Grabschental, 10-8-1980 Reffino, 17-8-1980 Aldea Protestante, 24-8-1980 | Año Eclesiástico/Kirchenjahr:11. Sonntag nach Trinitatis | Libro Bíblico/Buchbezeichnung:Lukas 18, 9-14 | | |
Skopus: Der Pharisäer und der Zöllner in uns | | -5- Kirchenj. bis 14.S.n.Trinitatis 32b -Lukas 18,9-14 "Jesus sagte aber zu etlichen, die sich selbst vermaßen, daß sie fromm wären, und verachteten die anderen, ein solch Gleichnis: Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, zu beten, einer ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst also: Ich danke dir, Gott, das ich nicht bin wie die anderen Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich habe. Und der Zöllner stand von ferne, wollte auch seine Augen nicht aufheben gen Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig!" Ich sage euch: Dieser ging hinab gerechtfertigt in sein Haus vor jenem. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden."
Es ist gut, auch bei diesem unserem Predigttext, nicht zu vergessen, daß er ein Gleichnis vom Himmelreich ist. Eine Begebenheit aus dem alltäglichen Leben der damaligen Zeit benutzt Jesus, um eine Wirklichkeit des Reiches Gottes klarzumachen. Hier in diesem Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner gehört es zum alltäglichen Leben, daß es Menschen gibt, die mit Ernst Gottes Kinder sein wollen, die nach dem Willen Gottes, nach seinen Geboten fragen und versuchen, sie als Richtschnur ihres Lebens zu benutzen. Ich glaube, es wäre nicht recht, wenn wir uns über sie, die Frommen, die Pharisäewr und Schriftgelehrten lustig machen würden. Sie sind respektable Menschen. Jede Gemeinde heute könnte froh sein, wenn sie einige, besser noch, viele solcher Gemeindeglieder hätte, manches in den Gemeinden, vieles in unserer Kirche, wäre anders gestaltet. Und das andere ist auch wahr und eine Realität in unseren Gemeinden, daß der Zöllner, der Christ, der am Rande der christlichen Gemeinde lebt, der sich von ihr nicht getrennt hat, aber nicht viel von ihr hält, sich innerlich doch durch sein Tun und Handeln von ihr bereits entfernt hat. Obwohl er noch zur Gemeinde gehört, vielleicht bezahlt er sogar seinen Gemeindebeitrag, fühlt er sich ausgeschlossen, weil er in seinem alltäglichen Leben wenig nach Gott fragt, sein Leben nicht nach Gottes Wort gestaltet, sondern nach seinem eigenen Willen. Vielleicht ist er auch in dunkle und betrügerische Geschäfte verwickelt. Er weiß, daß das, was er tut, seinem Herrn Jesus Christus nur Schande bereitet, aber er kommt von seinem bösen Tun nicht los. Wenn er am Gottesdienst teilnimmt, fühlte er die Blicke aller anderen auf sich gerichtet. Er wagt kaum die Augen aufzuschlagen. Nach außen erscheint er wirklich als ein Gottloser, aber in seinem Herzen sehnt er sich doch nach einem besseren Leben, da er seinem Herrn gehorsam sein kann. Aber doch fühlt er sich ausgeschlossen aus der Schar der Glaubenden. Er kann nur stöhnen und seufzen: "Gott, sei mir Sünder gnädig!" Zunächst müssen wir sagen, daß unsere Sympathie zuerst voll und ganz dem Frommen gehört, also dem, der aus seinem Glauben auch Folgerungen für sein alltägliches Leben zieht, der alles, was er kann und hat und besitzt, unter die Verfügungsgewalt Jesu Christi stellt: "Ich gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme, dir, Gott, von dem ich alles habe und besitze," betet er. Und der Zöllner nach unserem Gleichnis ist in der Tat einem Gemeindeglied zu vergleichen, den wir uns in unseren Gemeinden normalerweise nicht wünschen. Hier in unserem Gleichnis will Jesus Christus uns allerdings auf eine Besonderheit aufmerksam machen, auf dieses, daß er er uns nämlich nicht erkennt in der Gestalt des Frommen, auch nicht in der Gestalt des Sünders. Er weiß, daß in uns beides wirkt. Einmal sind wir die Gehorsamen und das andere Mal die, die nur am Rande der christlichen Kirche und des Glaubens stehen. Einmal fühlen wir uns oben, dann wieder tief unten. Einmal sind wir himmelhoch jauchzend, das andere Mal zu Tode betrübt. Einmal gleichen wir Menschen, die meinen, durch Frömmigkeit und gute Taten sich den Himmel selbst verdienen zu können und das andere Mal sind wir solche, die fest davon überzeugt sind, daß Jesus Christus ausschließlich und allein uns in seiner Liebe freigemacht hat und immer wieder neu freimacht aus den bösen Verstrickungen unseres Lebens. Und das ist ja gerade das Besondere unseres evangelischen Glaubens, der durch die Botschaft des Apostels Paulus geprägt ist, der bekennt: "Nichts habe ich zu bringen, alle, Herr, bist du!", oder auch: "Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid, damit will ich vor Gott bestehn, wenn ich in den Himmel werd eingehn." In dem Gebet: "Gott, sei mir Sünder gnädig!" kommt die ganze Sehnsucht des Zöllners nach einem vor Gott und vor den Menschen besseres Lebens zum Ausdruck. Ob dieses allein entscheidend war, daß Jesus bei der Wahl zwischen dem Pharisäer und dem Zöllner sich gegen den Pharisäer aussprach, ist nicht anzunehmen. Jesus sagte: "Dieser Zöllner ging gerechtfertigt in sein Haus hinab, nicht aber jener Pharisäer." Meines Erachtens wird der Pharisäer, der doch wirklich gehorsam war, der der ist, der nach Gott fragt und sein Leben nach dem Willen Gottes gestaltet und mitmacht bei den Gottesdiensten, deswegen von Jesus Christus nicht akzeptiert wird, weil er in diesem seinem gehorsamen und frommen Tun sich besser dünkt als alle anderen, besonders besser und frömmer als dieser Zöllner, der in einer Ecke des Temples steht und betet. Jesus sagt: "Der Pharisäer stellte sich allein hin und betete laut vor allen Leuten: Ich danke dir, Gott, da ich nicht bin wie die anderen Leute, Räuber, Ehebrecher, Betrüger oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme." Ja, dieser Pharisäer steckt seine Nase in die Höhe, nicht nur vor anderen Leuten, sondern auch vor seinem Gott, in der einen Haltung, die sagt: Sieh mich doch an, mein Gott. Merkst du nicht, wie ernst ich es meine. Du kannst doch auf mich stolz sein, daß ich dir in meinem Leben solch einen weiten Raum und den ersten Platz gegeben habe. In solch einer Haltung hat er vergessen, daß wir alle vor Gott nur bestehen können in der Haltung des Zöllners, der weiß, wie weit er sich von Gott entfernt hat und wie abgrundtief sein Ungehorsam vor Gott und gegen Gott ist und daß es nur noch möglich ist vor Gott zu bestehen in dem Bekennstnis: "Gott, sei mir Sünder gnädig!" Wir sagten es schon, daß wir immer zugleich in uns den Pharisäer und den Zöllner haben, die, wenn unser Glaube echt ist, in uns selbst stark miteinander kämpfen. Einmal sind wir kommandiert durch den Zöllner, der weiß um seine Unwürdigketi und Schuld und der erkennt, wie weit er sich von Gott entfernt hat und der nicht wert ist aller Güte, die Gott an ihm tut und der nur bekennen kann: "Gott, sei mir Sünder gnädig" und gib Kraft, anzufangen, dir gehorsam zu sein. Und das andere Mal erscheint in uns der Pharisäer und fängt an, unser Leben im Sinne des Gehorsams zu gestalten, in einer echten und guten Weise zu gestalten, sodaß wir wirklich Früchte des Glaubens bringen, sodaß wir in der Tat etwas in unserem Tun vor Gott und den Menschen meinen vorweisen zu können. Aber dabei fängt auch der Pharisäer in uns an, hochmütig zu werden vor Gott und vor den Menschen. Jesus muß uns dann auf die große Gefahr aufmerksam machen, daß wir dabei sind, unser Heil zu verlieren, wenn wir den Hochmut des Pharisäers in uns nicht bekämpfen, Er, Jesus Christus, läßt wieder neu den Zöllner in uns die Führung unseres Lebens übernehmen, sodaß wir wieder uns als die Bösen erkennen und Gott bitten können: "Gott, sei mir Sünder gnädig!" So ist unser ganzes Leben als Christ ein ständiger Kampf zwischen dem Pharisäer in uns, der hochmütig werden will und dem Zöllner in uns, der vor Scham nicht die Augen aufzuschlagen wagt. Jesus Christus wünscht sich durch dieses Gleichnis, daß wir Menschen werden, die immer wieder neu durch den Zöllner Kontakt mit Gott suchen und anfangen, unser Leben im Gehorsam eines Pharisäers zu gestalten, ohne aber dabei in den Hochmut des Pharisäers in unserem Gleichnis zu verfallen.
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