Brief an die Gemeinde Essen-Kray | Documento Nº 144 | Lugar/Ort: | Fecha/Datum:1989 | | Resumen/Skopus: | | Esther Schwittay geb. Meier Andrés Lamas 563 1714 Ituzaingó Prov. Buenos Aires Argentinien Ituzaingó, den 15. September 1989 Liebe Mitkonfirmanden, lieber P. Hack! Seit 1 Woche wieder in unserer Wahlheimat Argentinien denke ich daran, daß Ihr in genau einem Monat Rückschau halten wollt über unsere denkwürdige Konfirmation am 1. Weihnachtstag 1939. Sie nahm damals eine einmalige Sonderstellung ein und es ist wohl nicht mehr als richtig, ihr auch jetzt einen besonderen Platz einzuräumen. - Denn eigentlich gehörten wir als Jahrgang nicht in ds. Jahr -eher noch -40-. Ob Ihr wohl verstehen könnt, daß ich mich mit ganz großer Freude einreihen möchte mit Euch, wenn Ihr aus diesem Anlaß ein Fest feiern wollt, - wenn es auch aus großer Ferne geschieht? - Während unseres Deutschlandurlaubs von Mai bis September war das mit mein eindrucksvollstes Erlebnis, durch Zufall mit dazu gestoßen zu sein und mir ein ganz neues Verständnis zu meiner alten Heimatgemeinde Kray gab. -Zurückdenken an das, was damals geschah, vor 50 Jahren. Das Kennzeichen der Konfirmation ist, persönliche Stellung zu nehmen zu dem Versprechen, das unsere Eltern stellvertretend bei unserer Taufe gaben über die Fragen unseres Glaubens. Bekennstnisabgeben - nennt man das. In dem 12-jährigen Gewaltstaat hatte dieses Wort vielfältige Bedeutung. Wir hatten eine Bekenntnisgemeinde, die sich vom staatshörigen Konsistorium abgelöst hatte, innerhalb der gesamten Bekennenden Kirche. Wir hatten daher keinen offiziellen Zeitraum im Gottesdienstplan von Kray. Am Samstagabend war der Bekenntsnisgottesdienst, der, oft gestört durch die Fanfaren der Zeit, von den jungen Pfarrern gehalten wurde, die erst von Essen ausgeschickt wurden, dann aber in Kray wohnhaft waren. Ob ich die Namen in der richtigen Reihenfolge hinbekomme, weiß ich nicht. Aber ich erinnere mich an P. Caspers - P. Hack - P. Heinrichs -P. Udfo Röhrig - P. Wüsthoff - später Wilhelm Beyer u.a. Noch zu erwähnen ist, daß die Bekenntnisgemeinde zeitweise keinen Gottesdienst, auch keinen Konfirmandenunterricht, in der Kirche halten durfte und man erinnere sich an die Hofstr., die uns aufnahm. Wir hatten neben dem offiziellen (sprich: deutschchristlichen) Kirchenchor den Bekenntnischor, mit dem viele gute Kirchenmusik praktiziert wurde -Organist Hans Schlutz - später Karl Hub. Das ist ein Kapitel, an dem ich durch meine Familie großen Anteil hatte. Aus dieser Zeit stammen meine musikalischen Fähigkeiten, die ich in meinem späteren Leben im Gemeindedienst und als Pfarrfrau verwirklichen konnte. Sogar die Kinder- und Jugendarbeit hatte diesen Aspekt des "BEKENNENS"zu praktizieren, wenn wir aus den Reihen der Jungschar verbotene Bibelfreizeiten mitmachten - in Solingen auf der Höh - Bicken bei Herborn - Beienbach bei Netphen. Gemeindehelferinnen neben unserem Frl. Dreyhaupt und den Schwestern E. und Ä. Hallenberger (Marianne Quittmann, Helga Neuse) organisierten die "Einladungen von Onkel Heini und Wille", so der Geheimen Staatspolizei gegenüber, denn wir durften keine Gruppen sein. Und was war es wohl anders als BEKENNEN, wenn wir an diesem 1. Kriegsweihnachten mit unserem jungen Pfarrer als ganze Gemeinde nach Steele zur Friedenskirche marschierten? (Jetzt machten wir noch einmal ein Foto von ihr bei der Durchreise.) Ich stelle mir vor, wie Ihr an diesem Tag die drastischen Geschehnisse um die Daniel - Predigten unseres Pastors zurückerinnert. Sie waren so spannend, daß man keine versäumen mochte. Die lange Liste der inhaftierten Pfarrer aus dem ganzen Deutschland wurde verlesen, die Kollekte nicht am Ausgang bei Küster Weber abgegeben, sondern hinter dem Altar. Das und mehr führte zu dem Haß der Regierenden, der unserem Pfarrer Redeverbot in unserer Krayer Kirche und schließlich Gefängnis einbrachte. Ja, ich bin sehr mit Eurem Vorschlag einverstanden, daß Ihr ihn bittet, seine Hände nach 50 Jahren segnend auf Euch zu legen und bin im Geiste mit dabei, da es ihm damals verboten war, das zu tun und unser Superintendent Böttcher stellvertretend für ihn und in seinem Beisein Prüfung und Konfirmation durchführte, und unser Bekenntnis zu Jesus Christus, unserem einzigen Herrn über Leben und Tod, entgegennahm. Ihr wißt es so gut wie ich, daß ein Mensch ohne seine Vergangenheit im Bewußtsein zu haben, keine geordnete Zukunft vor sich hat. Der Vergangenheit mit ihren Einsichten und auch Verirrungen hat sich auch eine Gemeinde zu stellen, sonst hat sie keine Zukunft. In unserem christlichen Sprachgebrauch kennen wir Schuld - und Vergebung. Gott gebe der Krayer Gemeinde diese Einsicht und damit den wahren Geist unseres Herrn Jesus Christus - Eure Esther Schwittay - gewesene Meier
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