Kirche sein in Argentinien | Vortrag Nº 080 | Lugar/Ort:Gelsenkirchen/Deutschland | Fecha/Datum:1973 | | Resumen/Skopus: Vortrag auf einer Pfarrkonferenz der Synode Gelsenkirchen/Deutschland während des Urlaubs iim Jahre 1973. | | Kirche sein in Argentinien. Wenn wir von Kirche sein in Argentinien sprechen, dann sprechen wir von unserer Evangelischen Kirche am La Plata, die noch vor wenigen Jahren den Namen Deutsche Evangelische La Plata-Synode trug. Wenn wir das so sagen, dann sind wir nicht so hochmütig, zu meinen, daß wir die einzige Kirche am La Plata sind, auch nicht die einzig wahre. -Übrigens sind mit der Bezeichnung AM LA PLATA die Länder Argentinien, Uruguay und Paraguay gemeint.- 90% der Bevölkerung Argentiniens, ebenfalls der beiden anderen Länder, sind katholisch, die anderen 10% setzen sich aus Protestanten, Juden, Moslem und Nicht-Gläubige zusammen. Die Protestanten machen davon ungefähr 7% aus, und darunter unsere Kirche, die die größte unter den evangelischen Denominationen ist, mit ungefähr 100.000 Seelen. In der katholischen Kirche ist trotz des Konzils nicht viel von dem Willen zur Zusammenarbeit mit den Protestantismus zu spüren, wenn auch hier und da die ersten Anzeichen dazu, besonders persönlicher Art, zu erkennen sind. Bei den evangelischen Denominationen unterscheiden wir 2 Gruppen, einmal die MISSIONSKIRCHEN, wie die Methodisten, Baptisten und die Pfingstler, die als solche wenig Erfolg in Argentinien hatten, und die Inmigrations-, die Einwanderer-Kirchen. Zu ihnen gehören die Lutheraner der Missourierkirche, die Vereinigte Lutherische Kirche Nordamerikas, lie Lutherische Kirche aus Dänemark und Schweden, die Anglikaner, die Valdenser, die Reformierten, die Kirche der Jünger Christi und die Kongregationalkirche und auch unsere. Das Kennzeichen dieser Inmigrationskirchen war jahrzehntelang das sprachliche und kulturelle Ghetto (Isolierung) ihrer Herkunft. Sie wurden daher von den Missionskirchen in den vergangenen Jahrzehnten nicht sehr ernstgenommen, ja, sogar angegriffen. Erst in der letzten Zeit sehen diese Kirchen immer mehr ihre Aufgaben und verstehen sich nicht mehr als Teile ihrer Heimatkirche und waren nicht unter allen Umständen bereit, die mitgebrachte Muttersprache auch unter der Jugend zu konservieren. In letzter Zeit hat sich die Gruppierung der evangelischen Kirchen ein wenig verschoben, und zwar gehören jetzt zusammen die Kirchen, die sich selbst für die evgl. theol. Fakultät in Buenos Aires verantwortlich wissen, wozu die methodistische, die Vereinigte Lutherische Kirche, die Luth. Kirche aus Dänemark und Schweden, die reformierte schweizerische Kirche, die Valdenser, die Kirche der Jünger Jesu Christo und unsere Kirche gehören. Sie haben eine gemeinsame theologische Grundlage. Sie sind gemeinsam bereit, zusammenzuarbeiten und öffentliche Aufgaben wahrzunehmen. Die anderen, wie die Baptisten, Pfingstler, Kongregationalen oder Missourier verharren weiter in dem Ghetto ihrer Frömmigkeit oder Dogmatik und sind zur Zusammenarbeit in den seltensten Fällen bereit. Ein Kennzeichen der gesamten protestantischen Kirchen in Argentinien ist, daß sie Freiwilligkeitskirchen sind. Man gehört nicht automatisch zur Kirche, sondern man muß sich ihr anschließen. Dabei ist natürlich nicht ausgeschlossen, daß vieles, was damit zusammenhängt, aus Tradition und Sitte geschieht. Zu dieser Freiwilligkeitskirche gehört es, daß sie sich finanziell selbnst trägt durch Jahresbeiträge der Gemeinden, die den Haushaltsplan einschließlich aller sonstigen Ausgaben decken müssen. Dieser Beitrag wird auf der jährlichen Generalversammlung festgesetzt. Zu ihr haben alle volljährigen Mitglieder Zutritt und sogar Stimmrecht. Der Pfarrer gehört zum Gemeindevorstand, ohne Vorsitzender zu sein und ohne Stimmrecht. Entscheidende Aufgaben können in der Gemeinde nur dann angepackt und ausgeführt werden, wenn nicht nur der Vorstand dahinter steht, sondern die ganze Gemeinde. Dieser Charakter einer freiwilligen Kirche hat gegenüber der kirchensteuerzahlenden Kirchen seine Vorteile, aber auch seine Nachteile. Es ist möglich, daß notwendige Aufgaben von der Gemeinde nicht angepackt werden können, weil Teile dieser Gemeinde nicht damit einverstanden sind. Es muß wirklich um jeden einzelenen bei allen Entscheidungen gerungen werden. Das gilt besonders jetzt, wo wir auch finanziell von der EKiD unabhängig werden wollen. Das 2. charakteristische Zeichen unserer evangelischen Kirchen ist, daß sie nach dem argentinischen Gesetz eingetragene Vereine sind und unter Staatsaufsicht stehen. Auf der einen Seite ist das notwendig, daß irgendein Recht uns schützen muß, da, wenn man von einem Staatskirchenrecht sprechen wollte, es ausschließlich für die römisch-katholische Kirche gelten würde. Durch dieses Vereinsrecht wird das Eigentum der Gemeinden und Kirchen rechtlich geregelt und geschützt. Allerdings hat der Staat durch dieses Vereinsrecht der Kirchen auch die Möglichkeit, sie ideologisch zu kontrollieren und zu überwachen. Wir fühlen uns also durch dieses Vereinsrecht in der Ausführung unseres Auftrages behindert und belästigt. Durch die Möglichkeit einer Intensivierung der Gemeindearbeit ist in den letzten 25 Jahren unsere Evgl. Kirche am La Plata von 16 Pfarrstellen auf fast 50 gewachsen. Von den Pfarrern sind bereits 28, die aus den eigenen Gemeinden kommen und in Buenos Aires ihr theologisches Studium durchgeführt haben. Ich deutetete es schon an, daß wir seit 15 Jahren auf dem Wege sind, aus dem Ghetto de deutschen Sprache und der deutschen Kultur auszubrechen, dadurch sind wir gleichfalls auf dem Wege, uns für andere Kirchen, für die einheimische Kultur und fúr alle Nöte und Probleme unserer argentinischen und lateinamerikanischen Umwelt zu öffnen, was manchmal noch für einfache Gemeindeglieder unverständlich bleibt. Ich will davon einige aufzählen: 1. Fakultät. 2. Ökumenisch ausgerichte katechetische Arbeit-CUEC. 3a. Sprachproblem. 3b. Neues spanisches Liedgut. 4. Mission unter den Toba-Indianern. 5. In Mendoza die Chile-Flüchtlinge. 6. Menschenrechtskommissionen mit den neuesten Nachrichten. 7. Katholische Kirche Medellin-La Puebla. 8. Kriegsvorbereitungen zwischen Argentinien und Chile. Die Kirche hat die Aufgabe das Salz der Erde und das Licht der Welt zu sein. Karl Schwittay Vortrag auf einer Pfarrkonferenz der Synode Gelsenkirchen während des Deutschlandurlaubes 1973.
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