Einleitung in das Markus-Evangelium | Auslegungen Nº 053 | Lugar/Ort:Aldea Protestante | Fecha/Datum:1963 | | Resumen/Skopus: Predigten während der Wochengottesdienste in Aldea Protestante in den Jahren 1960/62. | | Einleitung des Markus-Evangeliums Markus 1, 1 I Schon aus dem ersten Vers geht klar der Inhalt des ganzen Buches hervor, das wir das Markus-Evangelium nennen. Es geht um das Evangelium, Evangelium heißt und bedeutet: eine frohe Nachricht, eine frohe Botschaft. Diese frohe Botschaft ist immer verbunden mit der Mitteilung eines Sieges, der über einen Feind errungen worden ist. Dieses Wort hat einmal vom Alten Testament, vom alten Volk Gottes her seine Bedeutung. In der Prophetie des 2. Jesajabuches nimmt der Freudenbote eine bedeutsame Stellung ein. Wir lesen dort z.B.: "Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Boten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, die da sagen zu Zion, dein Gott ist König." Der Friedensbote verkündigt den Sieg Gottes über alle seine Feinde, Und diese Verkündigung ist das Zeichen dafür, daß das Friedensreich Gottes auf Erden hereingebrochen ist, mit viel Wohlstand und Glück und Freude. Wir können vielleicht auch sagen: das Friedensreich Gottes, das hereinbricht, ist die Wiederherstellung des paradiesischen Zustandes vom Anfang der Zeit. Das Evangelium bedeutet dann die freudige Botschaft, daß dieses Friedensreich Gottes, diese Wiederherstellung des paradiesischen Zustandes im Hereinbrechen begriffen ist. Im Wort Evangelium liegt aber noch eine Bedeutung aus dem hellenistischen Kaiserkult. Dieser hellenistische Kaiserkult hatte seine Wurzel in der allgemein üblichen altorientalischen Kaiserverehrung. Nach dieser alten heidnischen Auffassung ist der Kaiser eine Gottheit in menschlicher Gestalt. Dem Kaiser mußte göttliche Ehre gegeben werden. Er wurde wie ein Gott angebetet. Darum wurde die Nachricht von der Geburt eines neuen Kaisers damals als Evangelium bezeichnet. Auch die Mündigkeitserklärung und seine Thronbesteigung galten als eine frohe Nachricht, als eine Freudenbotschaft, als Evangelium. Von einem jeden neuen Kaiser erhoffte die leidende Menschheit das Glück, den Frieden, die Rettung vor einem drohenden Untergang. Die seufzende Menschheit des alten Heidentums erwartete von einem Kaiser das Heil. Im Jahre 1898 wurde von einer deutschen Expedition in Priene eine Inschrift gefunden, die aus dem Jahre 9 vor Christi Geburt stammt. In dieser Inschrift - einer Tafel aus Stein - wird der Antrag gestellt, man möge den Anfang eines neuen Jahres auf den 23. August verlegen, dem Geburtstag des Kaisers Augustus, Dort in der Inschrift heißt es: "Wer diesen Geburtstag des Kaisers Augustus als den Anfang des Lebens und aller Lebenskräfte für sich erkennt, der braucht es nicht bereuen, geboren zu sein. An diesem Tage wurde der geboren, den die Vorsehung zum Heil der Menschen mit solchen Gaben erfüllt hat, daß sie ihn zum Heiland gesandt hat. Allen Streit wird er beenden und uns in eine herrliche Zukunft führen. In ihm sind die Hoffnungen der Vorfahren erfüllt. Er hat nicht nur die früheren Wohltäter der Menschheit übertroffen, sondern es ist auch unmöglich, daß noch ein Größerer käme. Der Geburtstag des Gottes Kaiser Augustus hat die an sich knüpfende Freuden-Botschaft - Evangelium - heraufgeführt," So redete man, 9 Jahre bevor Jesus Christus geboren wurde, im römischen Reich noch vom Kaiser Augustus. Wenn hier nun in unserem Text des Neuen Testamentes das Wort "Evangelium" gebraucht wird, dann schwingt beides mit: Einmal die Vorstellung vom kommenden Friedenreich Gottes mit der Wiederherstellung des paradiesischen Zustandes und zum andern die Vorstellung aus dem alten Kaiserkult, die in dem Kaiser den Heiland erwartete, der der Menschheit Heil und Rettung bringen würde. Beide Vorstellungen und Deutungen über den Sinn des Wortes "Evangelium" finden ihre sichtbare Erfüllung in der Gestalt Jesus Christus. Jesus Christus ist der Friedensbote, mit dessen Erscheinung das Friedensreich Gottes beginnt und die Wiederherstellung des Paradieses und Jesus Christus ist der eine Herrscher, der eine König und Kaiser, der wirklich und wahrhaftig der Retter und Heiland der ganzen Menschheit ist. In Jesus Christus sind die Verheißungen des alten Testamentes und die Wünsche und Sehnsüchte einer leidenden heidnischen Menschheit erfüllt. Die Kunde von diesem Jesus Christus ist in Wahrheit die alleinige frohmachende Botschaft, das Evangelium. Diese frohmachende Nachricht über unser aller Heil ist Gottes persönliches Werk an uns. Gott selbst ist es, der uns die frohmachende Botschaft unseres Heiles, unserer Errettung, zusendet. Dieser Jesus Christus, der uns das Heil erringt und überbringt, ist der Sohn Gottes. Gott selbst ist es, der uns leidende Menschen zu seinen fröhlichen Kindern machen will. Das Heil für uns Menschen liegt beschlossen in der Person Jesus Christus, der der Sohn Gottes ist. Jesus Christus, der Sohn Gottes, ist der Inhalt der frohen Botschaft, ist der Inhalt des Evangeliums. Wir wissen aus der Apostelgeschichte, daß Petrus vor dem hohen Gericht bekennt: "Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, darin wir sollen selig werden, als allein in dem Namen: Jesus." Von diesem Jesus Christus handelt also das Evangeliumsbuch, das wir miteinander lesen wollen, von seinem Kommen, seinem Wirken, seinem Reden und Handeln, von seinem Leiden und Sterben, von seinem Auferstehen und seiner Himmelfahrt, und zwar so, daß darin zum Ausdruck kommt, daß er der Heiland aller Menschen und der Herr aller Herren ist. Es wird uns gesagt, daß dieses Evangeliumsbuch nur der Anfang seines Wirkens ist. Dieses Buch will eine Fortsetzung haben. Es will, daß dieser Jesus Christus auch heute von uns, von dir und mir, als Heiland erkannt und anerkannt wird. Was damals vor 2.000 Jahren geschah, ist erst der Anfang. Es will in deinem und meinem Leben heute eine Fortsetzung haben, allein aus diesem Grunde ist dieses Evangeliumsbuch geschrieben. --------- Markus 1, 1 II Das Evangelium, das wir angefangen haben, gemeinsam zu lesen, ist die frohe Botschaft von Jesus Christus, der der Sohn Gottes ist. Wer hat dieses Evangelium geschrieben? Nach allgemeiner gesamtkirchlicher Auffassung ist dieses Evangelium von einem Manne mit dem Namen Johannes Markus geschrieben worden, Daher hat dieses Evangelium den Namen "Markus-Evangelium" erhalten. Besser können wir allerdings sagen: 'Das Evangelium von Jesus Christus nach Markus". Die Mutter dieses Johannes Markus hieß Maria und besaß in Jerusalem ein Haus. In der Apostelgeschichte lesen wir: "Und Petrus kam vor das Haus Marias, der Mutter des Johannes, der mit dem Zunamen Markus hieß, da viele beieinander waren und beteten." Im Hause dieser Maria, seiner Mutter, versammelte sich also die erste christliche Gemeinde in Jerusalem. Es besteht die große Wahrscheinlichkeit, daß der Jüngling, der im Garten Gethsemane bei der Gefangennahme Jesus nackend floh, dieser Johannes Markus gewesen war. Aus dem Briefe des Apostels Paulus an die Kolosser wissen wir, daß dieser Johannes Markus ein Vetter war des Barnabas, ein Levit, also einer, der im alten Volk Gottes zum Tempeldienst bestimmt war. In einer alten Schrift des Hippolyt wird dieser Markus der Stummelfingrige genannt. Es mußte ihm also mindestens an einem Finger einer Hand ein Glied gefehlt haben. In einem apokryphen Prolog zu den Evangelien wird erzählt, das Johannes Markus nach seinem Gläubigwerden sich den Daumen abgeschnitten habe, damit er nicht mehr zum Tempeldienst in Jerusalem herangezogen werden konnte, Zum Dienst am Heiligtum waren nur vollkommen gesunde Männer mit unversehrten Gliedern aus dem Stamme Levi zugelassen. Er hatte damit zum Ausdruck bringen wollen, daß er nichts mehr mit dem alten jüdischen Glauben zu tun habe. Dieser Bericht kann allerdings nur eine bloße Erzählung, eine Legende sein. Aus der Apostelgeschichte wissen wir aber, daß Johannes Markus und Barnabas den Apostel Paulus auf seiner ersten Missionsreise begleiteten, Wir lesen dort: "Barnabas und Paulus kehrten wieder von Jerusalem, nachdem sie übergeben hatten das Opfer und nahmen mit sich Johannes, mit dem Zunamen Markus." Allerdings kehrte Johannes Markus aus unbekannten Gründen bald wieder nach Jerusalem zurück. Paulus war darüber so erbost, daß er ihn auf seiner zweiten Reise nicht mehr mitnehmen wollte. Darüber kommt es zu einem Streit und Bruch zwischen Paulus und Barnabas dem Vetter dieses Johannes Markus. Nach diesem Zerwürfnis ging Barnabas mit Johannes Markus allein auf eine Missionsreise nach Zypern, während Paulus mit einem andern, mit Silas, durch Syrien und Zilizien reiste, später wird Paulus auf dieser Reise auch noch von Timotheus begleitet. Doch dann ist Paulus in Rom wieder mit Johannes Markus zusammen gewesen. Es muß also eine Versöhnung zwischen Paulus und Johannes Markus stattgefunden haben, Im 2. Timotheusbrief heißt es aus dem Munde des Paulus über diesen Markus: "Markus nimm zu dir und bring ihn mit dir; denn er ist mir nützlich zum Dienst." Und im Kolosserbrief sagt derselbe Apostel von ihm: "Es grüßt euch Markus, der Neffe des Barnabas, über welchen ihr etliche Befehle empfangen habt (so er zu euch kommt, nehmt ihn auf)!" Johannes Markus ist während der letzten Gefangenschaft des Paulus bei ihm in Rom gewesen. Wichtig ist bei Johannes Markus allerdings noch eine andere Sache. Im 1. Petrusbrief wird Markus vom Apostel Petrus genannt: "Mein Sohn." Das bedeutet, daß Markus durch die Predigt, durch die Verkündigung des Petrus -nicht des Paulus- zum Glauben an Jesus Christus gekommen ist. Petrus ist sein geistlicher Vater gewesen, wenn auch dieser Markus in besonderer Weise in der Gemeinsamkeit des Dienstes mit Paulus verbunden war. Nach einer Notiz des ersten Kirchengeschichtsschreibers Eusebius war Johannes Markus als Bischof, als Leiter der Gemeinde zu Alexandria in Ägypten in der Zeit von 50 bis zum Jahre 62 tätig. Danach ist er nach Rom gegangen, Nach einigen Berichten soll er in Rom, nach anderen in Alexandria, um seines Glaubens willen getötet worden sein. Einhellig und klar wird aber von allen Zeugnissen der alten Welt bekannt, daß der Glaube dieses Johannes Markus und auch seine Predigt gegründet war im Zeugnis und in der Predigt des Apostels Petrus, Der obengenannte Kirchengeschichtsschreibers Eusebius teilt uns ein Wort des Presbyters Papias aus dem Jahre 130 über Johannes Markus mit. Dort heißt es: "Markus, welcher der Dolmetscher des Petrus war, schrieb alles, dessen er sich erinnerte, genau auf, jedoch nicht der Reihenfolge nach, und zwar sowohl Worte wie auch die Taten des Herrn. Er hatte nämlich weder den Herrn gehört, noch war er ihm zu Lebzeiten nachgefolgt, vielmehr später, wie ich schon sagte, dem Petrus, der den Bedürfnissen entsprechend seine Lehrvorträge gestaltete, aber nicht wie einer, der eine Zusammenstellung der Aussprüche des Herrn darbietet. Um eines trug er besondere Sorge, nichts von dem, was er gehört hatte, auszulassen oder dabei etwas zu verfälschen." Wir können vielleicht so sagen: Johannes Markus war kein Jünger Jesu zu seiner Lebzeit gewesen, obwohl er als ein Einwohner von Jerusalem von Jesus Christus gehört und sehr wahrscheinlich auch die Leidensgeschichte miterlebt hatte. Durch die Predigt des Petrus kommt er zum Glauben und setzt sich für die weitere Verkündigung des Evangeliums ein. Er kommt mit Paulus in Berührung. Durch ein Zerwürfnis kommen sie auseinander. Wir wissen ihn als Leiter der Gemeinde zu Alexandria in Ägypten in den Jahren 50 - 62. Danach geht er nach Rom, kommt mit Petrus und auch mit Paulus wieder in Verbindung. Dort in Rom kommt ihm die zwingende Notwendigkeit, das, was er aus dem Munde des Petrus, als einem Jünger und Augenzeuge, von Jesus Christus gehört hatte, niederzuschreiben und somit der christlichen Gemeinde ein authentisches und schriftliches Zeugnis darüber zu geben, was geschah, als Gott seinen Sohn in der Gestalt dieses Jesus von Nazareth auf die Erde sandte. Gott sei gedankt, daß er dieses dem Johannes Markus ans Herz gelegt hatte. --------- Markus 1, 1 III Johannes Markus, ein Schüler des Petrus und ein Mitarbeiter des Paulus, hat dieses Evangelium von Jesus Christus in den Jahren 62 - 69 in Rom niedergeschrieben, Die Apostel, die mit Jesus gewandelt waren, waren alt geworden. Dazu brachen schwere Verfolgungen über die Christen aus. Es bestand die Befürchtung, daß die noch lebenden Apostel an erster Stelle dem Märtyrertod ausgesetzt waren. Und damit, würden die, die mit Jesus gewandelt waren, nicht mehr sein. Es würden die Augenzeugen fehlen, die das große Wunder der Liebe Gottes selbst miterlebt hatten, als Gott seinen Sohn auf diese Erde sandte. Es würden die Fehlen, die in Vollmacht und mit Autorität das Wort von Jesus Christus berichteten und verkündigten. Es wurde ein authentischer Bericht, ein schriftlicher Bericht erwünscht über das, was dort in Palästina und Jerusalem in den Jahren 0 - 33 sich ereignet hat. Dieser schriftliche Bericht sollte als Grundlage für die Verkündigung der kommenden Generationen dienen. Auf ihn sollten sich die Menschen der kommenden Generationen verlassen können. So war es denn gekommen, daß zahlreiche Zuhörer des Petrus in Rom seinen Schüler Markus gebeten hatten, auf Grund der Predigten und des Taufunterrichtes des Petrus alles in Palästina um und mit diesem Jesus von Nazareth Geschehene niederzuschreiben und dieses Niedergeschriebene ihnen zu überlassen als eine Grundlage für die Verkündigung an alle Menschen in allen Erdteilen und zu allen Zeiten. Der Kirchengeschichtsschreiber Eusebius weiß zu berichten, daß Petrus dazu seine Erlaubnis gegeben hat. Markus hat diesen Wunsch erfüllt, sich niedergesetzt und geschrieben. Das, was er geschrieben hat, haben wir im Evangelium vor uns. Er war der Erste, der uns einen Bericht über Jesus Christus geschrieben hat. Nach ihm sind noch 3 andere Evangelien entstanden, die wir auch in unserem Neuen Testament haben. Die Evangelien nach Matthäus, Lukas und Johannes. Diese 3 und das nach Markus sind als authentische Berichte von der christlichen Kirche anerkannt worden, während es dazu noch unzählbare Evangelien gegeben hat, die wegen ihrer allzu breiten Ausschmückungen und unglaubwürdigen Wundergeschichten nicht als authentische Quellen für die Verkündigung anerkannt wurden. Von solchen unglaubwürdigen Evangelien sind heute uns bekannt: Das Petrus-Evangelium, das Prot-Evangelium des Jakobus. die Kindheitserzählungen des Thomas, das Nazaräer - das Ebioniten- das Hebräer- und das Nikodemus-Evangelium. Diese apokryphen Evangelien dienen heute zum Teil noch der katholischen Kirche, um die Kindheit und Jugend Jesu zu erzählen. Vielleicht ist es interessant, einmal aus den Kindheitserzählungen des Thomas zu lesen, damit wir sehen, wie recht schon die alte christliche Kirche getan hat, wenn sie sagte: Diese Geschichten sind keine authentischen Berichte und gehören nicht zum Neuen Testament als Wort Gottes: 1. "Ein junger Mann spaltete Holz. Da fiel die Axt hin und zerspaltete ihm den Fuß. Er verblutete und war nahe am Sterben. Wie nun Unruhe und Auflauf entstand, da lief der kleine Jesus dahin und mit Gewalt bahnte er sich den Weg durch die Menge. Er faßte den getroffenen Fuß des Jünglings an, und sogleich war er geheilt. Er sprach aber zu dem Jüngling: Steh jetzt auf, hacke weiter das Holz und denk an mich. Als die Menge sah, was geschehen war, da huldigte sie dem Knaben und sagte: Ganz gewiß wohnt Gottes Geist in diesem Jungen." 2. "Als Jesus 6 Jahre alt war, schickte ihn seine Mutter zum Brunnen, um Wasser zu schöpfen, nachdem sie ihm einen Wasserkrug gegeben hatte. In der Menge aber stieß er mit jemanden zusammen, der Wasserkrug ging entzwei. Jesus aber faltete das Gewand, daß er angelegt hatte auseinander und füllte es mit Wasser und brachte es seiner Mutter, Als seine Mutter aber das Zeichen sah, das geschehen war, da küßte sie ihn und sie bewahrte die Geheimnisse, die sie ihn tun sah." 3. "Ein andermal aber zur Zeit der Aussaat zog der Knabe mit seinem Vater aufs Feld, weil der Vater Weizen auf ihr Land säen wollte. Und während der Vater beim Säen war, säte auch der kleine Jesus, und zwar nur ein einziges Weizenkorn. Als es nun ans Ernten ging und man den Ertrag zur Scheune brachte, da bekam er 100 Malter = 6oo Tonnen = Weizen von dem einen Korn, und er rief alle Armen des Dorfes zur Scheune und schenkte ihnen den Weizen und Josef trug heim, was vom Weizen übrig geblieben war, Jesus aber war 8 Jahre, als er dieses Zeichen tat." Bei diesen apokryphen Evangelien ist der fromme Glaube mit seiner Ausschmückungs-Phantasie ein Stück zu weit gegangen und darum unglaubwürdig. Unsere 4 Evangelien sind bei aller Verschiedenheit doch ernste und nüchterne Darstellungen. Das Markus-Evangelium ist das älteste Evangelium. Und man kann es wissenschaftlich nachweisen, daß die Schreiber des Matthäus- und des Lukas-Evangeliums bereits das Markus-Evangelium schriftlich gekannt haben müssen. Lukas z. B, schreibt am Anfang seines Evangeliums: "Nachdem viele es gewagt haben, von den Geschichten zu berichten, die sich unter uns Menschen ereignet haben wie es uns die überliefert haben, die alles von Anfang an selbst gesehen haben und Diener des Wortes waren, habe ich es auch für Recht angesehen, nachdem ich alles mit Fleiß erforscht habe, es dir, lieber Teofilus, ordentlich niederzuschreiben, auf daß du eine Grundlage habest des Glaubens, in dem du unterrichtet worden bist." Unsere 4 Evangelien sind also Aufzeichnungen über das, was mit Jesus Christus auf dieser Erde geschehen ist. Als Grundlage zu diesen Aufzeichnungen haben die Schreiber die Predigten der Apostel, der Augenzeugen genommen. Was die Evangelisten dann niedergeschrieben haben, sind keine Biographien, Lebensbeschreibungen über Jesus von Nazareth, sondern wiederum Predigten über diesen Jesus Christus auf Grund der Predigten der Apostel. Die Predigten der Evangelisten in ihren Evangelien über Jesus Christus haben die alleinige Aufgabe, die Menschen aller Zeiten, also auch unserer Zeit, zum Glauben an Jesus Christus als dem Herrn aller Herren und dem Heiland aller Menschen zu führen. So sagt Johannes es selbst am Schlusse seines Evangeliums: "Auch viele anderen Zeichen tat Jesus vor seinen Jüngern, die nicht geschrieben sind in diesem Buche. Diese aber sind geschrieben, daß ihr glaubet, Jesus sei Christus, der Sohn Gottes, und daß ihr durch den Glauben das Leben habet in seinem Namen." In den vergangenen Jahrzehnten haben evgl. Professoren versucht, auf Grund der 4 Evangelien und sonstiger Quellen ein geschichtliches Leben Jesu zu schreiben und genau alles so zu rekonstruieren, wie es damals gewesen ist. Bei diesem Versuch sind die Professoren gescheitert, weil sie der falschen Meinung waren, als ob die Evangelien Biographien von diesem Jesus wären. Aber die Evangelisten wollen uns keine Lebensbeschreibung Jesu geben, sondern uns Jesus Christus predigen, verkündigen, damit wir auch zum Glauben an ihn kommen. Nicht seine Lebensdaten sind für die Evangelisten und für uns wichtig -darum gibt es darin auch bei den einzelnen Evangelisten Verschiedenheiten-, sondern allein das, was Gott durch Jesus Christus für uns tat. Und darin sind sich die 4 Evangelisten einig, Darum wollen wir in der Beschäftigung mit dem Markus-Evangelium nichts anderes tun als darauf zu hören, was Gott durch Jesus Christus für uns tat, damit auch wir in unserem Glauben an ihn immer völliger werden. --------- Markus 1,1 IV Johannes Markus hat dieses Evangelium geschrieben, damit auch nach dem Tode der Apostel, die mit Jesus gewandelt waren, die christliche Gemeinde ein Zeugnis über diesen Jesus habe, auf daß sie sich verlassen konnte, das glaubwürdig war. Dieses Zeugnis von Jesus Christus sollte nicht einfach eine Biographie sein, nicht eine Aufzählung seiner Lebensdaten. Es wollte dagegen verkündigen, daß dieser Jesus von Nazareth, der auf dieser Erde lebte, mitten unter uns, als ein Mensch wie wir, daß dieser Jesus von Nazareth Gottes Sohn sei, König und Herr der ganzen Welt, der irdischen und der himmlischen Welt. Dieses soll uns von Johannes Markus nicht bewiesen werden, sondern gepredigt und verkündigt auf Grund der Lebensereignisse Jesu. Das ist auch ein besonderes Kennzeichen dieses Evangeliums nach Markus, daß Jesus gepredigt wird als König und Herr auf Grund seiner Lebensereignisse, weniger auf Grund seiner Worte und Reden. Johannes Markus geht mit den Worten Jesu sehr sparsam um, im Gegensatz zum Matthäus-Evangelium, in dem wir große Redestücke haben, wie zum Beispiel die sehr lange Bergpredigt. Es wird uns also im Evangelium nach Markus Jesus von Nazareth verkündigt als König und Herr, als Gottes Sohn, besonders auf Grund seiner Taten. Halten wir uns einmal folgendes vor Augen: Durch die Begegnung mit Jesus sind die Jünger zum Glauben an diesen gekommen, daß er der Herr sei, daß er Gottes Sohn sei. Die Jünger hatten dafür keine Beweise in der Hand, sondern in der Begegnung mit Jesus ist dieser Glaube als ein Geschenk über sie gekommen. Dann zogen die Jünger, die Apostel, die das erlebt haben, selbst durch das Land und verkündigten und predigten von diesem Jesus. Und es geschah, daß die, die zuhörten, durch ein Wunder selbst zu einer Begegnung mit Jesus kamen. Dazu gehörte z.B. Johannes Markus, der durch Petrus Jesus Christus verkündigt bekommen hatte. Er wurde durch diese Predigt, durch diese Verkündigung ein an Christus gläubiger Mensch. Darauf setzte er sich hin und predigte und verkündigte Jesus Christus, indem er das Evangelium niederschrieb. Denken wir daran, daß er dieses in Rom niederschrieb, in der damaligen Hauptstadt der Welt, in Rom, der Hauptstadt des großen römischen Weltreiches. Er schreibt für die Heiden, die noch wenig oder fast garnichts von dem alten Volk Gottes, vom Volke Israel, wußten, darum muß er manche Dinge ausführlich beschreiben, was nur den Juden bekannt war. Und auf manches, was nur für die Juden wichtig war, konnte er ganz verzichten, es für die Heiden niederzuschreiben. Er, Johannes Markus, sieht in seinem Evangelium von Jesus Christus die Heiden vor sich, die zum Glauben kommen sollen. In ihrer heidnischen Welt mit ihrer heidnischen Religion, in der ihr Kaiser, ihr Cäsar, als Gott und Herr angebetet und verherrlicht wird, verkündigt Johannes Markus durch das Evangelium: Nur einer ist Herr - Jesus Christus. Nur ein einziges Mal hat Gott, der Allmächtige, eine sichtbare Gestalt angenommen: Dort in Palästina in der Gestalt des Jesus von Nazareth. Allein der, der die Verhältnisse in Rom damals kennt, weiß auch die Ungeheuerlichkeit zu verstehen, die in diesem Evangelium steckt. Es wird damit zu allem heidnischen Kaiserkult ein klares und entschiedenes Nein gesagt. Wir haben nur einen einzigen Herrn und König, der über alle und über alles ist: Jesus Christus. Von daher können wir es verstehen, daß die Christen damals wegen Landes- und Staatsverrat und Majestätsbeleidigung, ja auch wegen Gotteslästerung angeklagt wurden, weil sie die Gottheit des Kaisers und sein Herrsein über alles ablehnten und nicht anerkannten. Einer nur ist Herr und Gott: Jesus Christus. Wenn Johannes Markus auch das Evangelium schreibt auf Grund der Predigten des Apostels Petrus, seines geistlichen Vaters, so verkündigt er es allerdings nicht in derselben Weise weiter wie sein geistlicher Vater Petrus, sondern er berichtet und bezeugt und verkündigt auf Grund dieser Predigten in der Weise, daß er das von Petrus Gehörte sortiert, ordnet, auswählt und auch beiseite läßt. Das vom Petrus Gehörte benutzt Johannes Markus so, daß eines deutlich wird: Jesus von Nazareth ist der Sohn Gottes und darum Herr aller Herren, und König aller Könige. Alle Ereignisse und Geschehnisse um Jesus, alle seine Taten, die das sichtbar werden lassen, die werden von Johannes Markus in besonderer Weise herausgestellt und verkündigt. Die anderen Evangelien, so können wir sagen, haben eine andere Betonung und Heraussstellung. Matthäus z.B. verkündigt Jesus Christus als den Messias des alten Volkes Gottes, Lukas als den Heiland, der sich besonders der Armen annimmt, Johannes verkündigt, daß Gott Mensch geworden ist in der Gestalt des Jesus von Nazareth. Wir sehen, daß alle Evangelisten Jesus Christus verkündigen und bezeugen, darin sind sich alle einig, aber jeder Evangelist tut das in einer anderen Weise, indem jeweils für sich etwas Besonderes bei diesem Jesus Christus betont und herausgestellt wird. Das ist ja heute noch bei allen Predigern und Verkündigern so, daß sie alle Jesus Christus verkündigen, aber jeder tut es jeweils auf eine andere Art und indem er eine Seite dieses Geschehens um Jesus Christus besonders betont und herausstellt. Die besondere Seite des Johannes Markus ist also: Jesus von Nazareth, der Mensch, ist Gottes Sohn, ist Herr aller Herren. Mit dieser besonderen Betonung verkündigt Johannes Markus in seinem Evangelium Jesus Christus, und zwar indem er dieses Evangelium schriftlich der christlichen Gemeinde übergibt. Und dieses Evangelium wird nun seitdem in der christlichen Kirche gepredigt und verkündigt bis auf den heutigen Tag. Und dann geschah das große Wunder und geschieht ebenfalls bis auf den heutigen Tag, daß dadurch, daß Menschen auf Grund dieser Niederschrift Jesus Christus verkündigen, andere Menschen zum Glauben an diesen Jesus Christus kommen. Jesus Christus selbst, so können wir sagen, handelt in der Predigt auf Grund des Evangeliums. Er selbst ist es, der auch heute noch durch die Predigt des Evangeliums an uns Menschen handelt, uns ruft, uns zu gläubigen Menschen macht. Das ist doch auch das größte Wunder in unserer heutigen Zeit, daß es durch die bloße Verkündigung des Evangeliums eine Schar von Millionen von Menschen auf dieser Erde gibt, die gläubig geworden sind an diesen Jesus Christus als ihrem Herrn. Ein anderes Gläubigwerden als durch das Hören des Evangeliums gibt es gar nicht. Der Apostel Paulus schreibt in seinem ersten Brief an die Korinther: "Die Predigt von Jesus Christus ist in euch möchtig geworden, denn es gefiel Gott wohl, durch dumme Predigt selig zu machen die, so daran glauben." Weil heute noch Jesus Christus durch die Predigt auf Grund des Evangeliums, wie es uns Johannes Markus niedergeschrieben hat, an uns wirkt, Menschen gläubig und gehorsam macht, darum erweist sich dieses Evangelium als Gottes heiliges Wort, darum ist dieses Evangelium Gottes Wort. Dieses Wunder können wir nicht mit unserem Verstande fassen, nicht beweisen, sondern nur dankend auch an uns wirken lassen, damit wir immer gefestigter werden in dem Glauben an Jesus Christus, der als Gottes Sohn Herr aller Herren ist, auch unser Herr. --------- Markus 1, 2 - 8 Dieses Evangelium von Jesus Christus, das Johannes Markus geschrieben hat, beginnt mit einer Tatsache, die auch der Heidenchrist beachten soll, selbst wenn er die ganze Geschichte des alten Volkes Gottes, des Volkes Israels, nicht kennt. -Wir erinnern uns daran, daß der Evangelist dieses Evangelium von Jesus Christus in Rom für Heidenchristen geschrieben hat.- Diese wichtige Tatsache ist die, daß das Kommen des Sohnes Gottes einen Anfang, eine Vorgeschichte hat. So ist es wohl auch zu verstehen, wenn im ersten Vers vom Anfang des Evangeliums die Rede war. Dieser Anfang des Evangeliums von Jesus Christus hat es auch mit einem Menschen zu tun, mit einem Menschen, der das Kommen des Sohnes Gottes vorbereiten soll. Und dieser Anfang, der im alten Volk Gottes, im Volk Israel, liegt, ist so wichtig, daß auch der Heidenchrist daran nicht vorübergehen kann, sondern es eingehend beachten muß. So kommt es denn, daß wir hier das einzige Mal im ganzen Evangelium nach Johannes Markus eine Stelle aus dem Alten Testament angeführt bekommen, im Gegensatz zu Matthäus, der 50 x das Alte Testament zitiert. Er schreibt ja für Judenchristen. Diese eine Stelle aus dem Alten Testament lautet: "Es steht in den Propheten geschrieben: Siehe, ich sende meinen Engel vor dir her, der da bereite deinen Weg vor dir. Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, machet seine Steige richtig," Dieses ist eine Zusammenfassung von 3 verschiedenen alttestamentlichen Worten, und zwar aus Exodus, Jesaja und Maleachi. In diesen alttestamentlichen Worten wird verheißen, daß Gott selbst auf diese Erde kommen wird, um sein Volk aus der Zerstreuung wieder zu sammeln, aus der Gefangenschaft zu befreien und einer Zeit der Freude und Herrlichkeit entgegenzuführen. Vor seinem eigenen persönlichen Kommen aber wird Gott zur Vorbereitung einen Boten senden. Und nun predigt Johannes Markus in den folgenden Versen auf Grund dieses alttestamentlichen Textes darüber, wann diese Verheißung sich zu erfüllen begann und wer dieser Bote gewesen ist. -Denken wir dabei an das, was wir bereits schon gehört haben, daß das ganze Evangelium keine Biographie von Jesus Christus sein will, sondern eine Predigtreihe über Jesus von Nazareth, der der Sohn Gottes ist.- Diese Predigt des Johannes Markus über den Boten, den Gott vor seinem eigenen Kommen schickt, stützt sich auf das, was Petrus als ein Augenzeuge verkündigt hatte und mit ihm alle anderen Apostel. Es wird uns also verkündigt, daß die Erfüllung der Verheißung des Kommens Gottes auf diese Erde damit begonnen hat, dass er den Boten zur Vorbereitung seines Volkes sandte. Dieser Bote heißt Johannes. Er bekam den Beinamen "Täufer". Er wird beschrieben als eine Prophetengestalt in einem Prophetenmantel. Der Ledergürtel erinnert uns an den Propheten Elia. In frommen Kreisen war man damals der Ansicht, daß dieser Elia einmal als dieser Bote Gottes wiederkommen würde. Seine spärliche Nahrung, die mit seinem Aufenthalt in der Wüste zusammenhängt, erweist ihn als eine prophetische Gestalt. In welcher Weise wird er das Kommen Gottes in unsere Welt vorbereiten? Indem er das alte Volks Gottes zur Bußtaufe ruft. In den anderen Evangelien wird uns noch viel mehr von Johannes dem Täufer berichtet, hier aber liegt die Betonung ganz besonders auf dieses Eine, das mit Johannes unlösbar verbunden ist: die Bußtaufe. In dieser Bußtaufe streckt Gott in vorlaufender Weise seine liebende Hand bereits den Menschen entgegen. Zur Erklärung dieser Bußtaufe wird uns gesagt, daß die Hauptbedeutung dieser Bußtaufe in der Vergebung der Schuld liegt. Diese Vergebung der Schuld wird allerdings noch nicht in der vollen Bedeutung sichtbar, sondern sie kommt durch diese Bußtaufe nur in Sicht, sie wird noch nicht geschenkt, sondern nur angekündigt. Die, die sich durch Johannes, dem Täufer, taufen lassen, geben dadurch kund, daß sie bereit sind, den zu empfangen, der ihnen in vollkommenster Weise diese Vergebung schenken wird. Dieser große Unterschied zwischen der Ankündigung der Vergebung der Schuld und seiner ganzen Wirklichkeit, die einem Menschen geschenkt wird, kommt auch in den folgenden Worten unseres Textes zum Ausdruck: "Ich- Johannes - taufe euch mit Wasser, aber der nach mir kommen wird, wird euch mit dem Heiligen Geiste taufen." Vor einigen Jahren wurde in Palästina bei Qumran eine Höhle entdeckt, in der sich viele alte Schriften aus der Zeit vor Christus befanden. Es waren zum Teil Schriften des Alten Testamentes, zum andern Teil bisher noch unbekannte Schriften. Gelehrte der ganzen Welt bemühten und bemühen sich nun, diese unbekannten Schriften zu entziffern. Dabei wurde festgestellt, daß sie Ordensregeln eines alten jüdischen Klosters enthielten, mit sehr strengen und harten Vorschriften. Diese Höhle zu Qumran gehörte also zu einem Kloster einer jüdischen Sekte, die vor Jesus Christus bestand. In dieser Höhle wurde alle alten Schriften, die bereits durch den Gebrauch abgenutzt waren, aufbewahrt. Es bestand nämlich eine Vorschrift, daß alle Heiligen Schriften, die man nicht gebrauchen konnte, nicht vernichtet werden durften, sondern aufbewahrt werden mußten. In diesen alten Sektenschriften des Klosters zu Qumran spielt die Bußtaufe auch eine ungeheure Bedeutung. Und es wird angenommen, daß Johannes, der Täufer, einige Jahre in diesem oder einem ähnlichen Kloster gelebt habe. Verschiedene Sitten und Gebräuche aus dieser Zeit hat Johannes, der Täufer, bis an sein Lebensende beibehalten. Das, was Johannes der Täufer, allerdings ganz besonders betont, daß die Bußtaufe nur ein Hinweis auf die Vergebung der Schuld ist, die erst in Jesus Christus Wirklichkeit wird, kennen die Klosterleute der Qumransekte nicht. Johannes zeigt nicht auf sich und auf seine Taufe, sondern von sich und seiner Taufe weg auf den, der nach ihm kommt, auf ihn und sein Werk. "Es kommt einer nach mir, der stärker ist denn ich, dem ich nicht genugsam bin, daß ich mich vor ihm bücke und die Riemen seiner Schuhe auflöse." Johannes will nichts anderes sein als ein Hinweis auf den, der kommen wird nach ihm. Wir haben schon gehört am Anfang heute, daß der, der kommen wird, Gott selbst ist. Und wenn Johannes sagt, daß er nicht würdig ist, dem, der nach ihm kommen wird, die Riemen an seinen Sandalen zu lösen, dann kommt damit der ungeheure Abstand zwischen ihm und dem Kommenden zum Ausdruck. Es gab in Jerusalem Tempelsklaven, Menschen aus dem Heidentum, die mußten den Priestern, bevor sie den Tempel zum Dienst betraten, ihr Schuhwerk, ihre Sandalen ausziehen. Diese Sklaven wurden wie Dreck behandelt, man fragte sich sogar sehr ernst, ob sie überhaupt Menschen seien. Der Unterschied zwischen einem Priester und einem Tempelsklaven war unüberbrückbar. In der gleichen Weise ist unüberbrückbar der Unterschied zwischen dem Täufer und dem Kommenden, zwischen dem Johannes, einem Menschen, und Jesus von Nazareth, dem Sohne Gottes. So ist Johannes mit seiner Gestalt, seiner Predigt von der Bußtaufe und der Praxis dazu ein Zeichen dafür, daß die Heilszeit begonnen hat. Auch durch die Feststellung in unserem heutigen Text, daß die Leute zu Johannes eilen und bereit sind, durch die vollzogene Bußtaufe sich in die wartende Heilsgemeinde einreihen zu lassen, wird uns bezeugt: Der, der dieses Heil bringt, der diese Heilszeit heraufführt, ist bereits im Kommen, er steht vor der Tür. Das, was damals in einer entscheidenden Weise geschah für alle Menschen, aller Zeiten und aller Völker, geschieht heute immer wieder im Verhältnis zu einem jeden einzelnen von uns. Der Heiland aller Menschen, der Herr aller Herren, ist auf dem Wege zu uns. Wir bekommen sein Kommen zu uns in jedem Gottesdienst verkündigt. Sind wir bereit, wartende Menschen zu sein, die sich rüsten auf sein Kommen, die sich freuen darauf, daß er auch in unser Leben einkehren will? Freuen wir uns auf die Wirklichkeit der Vergebung unserer Schuld? "Bereitet doch fein tüchtig den Weg dem großen Gast; macht seine Steige richtig, laßt alles, was er haßt; macht alle Bahnen recht, die Tal laßt sein erhöhet, macht niedrig, was hoch steht, was krumm ist, gleich und schlicht." ----------- Markus 1. 9 - 11 Am Anfang des Evangeliums steht die Gestalt des Täufers Johannes. Der Anfang der Heilszeit, in der Gott in einer wunderbaren Weise an uns Menschen handelt, ist unlösbar mit diesem Johannes verbunden. Aber ein Anfang weist immer darauf hin, daß das Eigentliche kommt; hier können wir sagen, daß "der" Eigentliche noch kommt. Und hier wird uns gesagt, wer dieser "Eigentliche" ist, der Gott ist und uns das Heil bringen wird. Wie heißt dieser, dem Johannes, der Täufer, nicht würdig ist, die Sandalen zu lösen und auszuziehen? Es ist der Mensch aus der Stadt Nazareth. In diesem Menschen Jesus von Nazareth, sieht Johannes Gott selbst, der aus dem Himmel herabgekommen ist, um uns aus unserer verzweifelten Lage zu befreien. Und das Merkwürdige geschieht, daß dieser Jesus von Nazareth zu Johannes kommt. Und was geschiet dort bei der Begegnung Jesu mit Johannes? Jesus erkennt Johannes in seiner Bedeutung als der Anfang des Heilshandelns Gottes an uns Menschen an. Er bestätigt diesen Johannes in seiner Bedeutung als Anfang, als sein Vorläufer, als sein Bote. Wodurch erkennt er ihn an und bestätigt ihn? Indem er sich ihm unterstellt, indem er zu seinem Auftrag ein volles Ja sagt. Jesus von Nazareth läßt sich im Flusse Jordan von Johannes taufen. Denken wir an das, was wir in letzten Wochengottesdienst sagten, daß seine Vorbereitung des Kommens Gottes auf diese Erde in der Bußtaufe bestand, die er verkündigte und im Jordan auch ausführte. In dieser Bußtaufe wurde das Heil bereits sichtbar, aber noch nicht Wirklichkeit. Die, die sich taufen ließen, bekundeten dadurch: Ja, wir warten auf das ganze vollkommene Heil, das bald in Wirklichkeit den Menschen zuteil wird. Indem Jesus sich durch die Bußtaufe in die Schar der auf das Heil schauenden Menschen hineinbegibt, bestätigt er Johannes, den Täufer, in seinem Auftrag: Wegweiser auf das bald hereinbrechende Heil zu sein. Allerdings ist dann mit der Bestätigung durch Jesus Christus auch sein Auftrag erfüllt, denn der, der Johannes in seinem Auftrag bestätigt, ist der, der das vollkommene Heil in eigener Person heraufführen wird. Indem Jesus sich taufen läßt, stellt er sich in die Reihe der auf das Heil wartenden Menschen. Aber sein Warten ist kein passives, sondern ein aktives Warten, weil er persönlich sich jetzt auf den Weg macht, um dieses Heil für uns Menschen zu erringen. Mit der Taufe durch Johannes beginnt Jesus seinen Weg zur Erringung des Heiles für uns. Die Gestalt des Täufers wird von nun an immer blasser, bis sie ganz in den Hintergrund rückt und die Gestalt des Jesus von Nazareth wird immer leuchtender, bis sie in der ganzen Herrlichkeit offenbar werden wird. Wenn wir bei der Betrachtung des Evangeliums nach Markus bis hierher ein wenig aufgepaßt haben und ein wenig sonst in der Bibel Bescheid wissen, dann muß uns etwas aufgefallen, sein, nämlich dieses: Johannes Markus, der Evangeliumsschreiber, hält es hier in seinem Evangelium nicht für unbedingt notwendig, den Heidenchristen von der Geburt Jesu zu verkündigen. Alle die vielen Weihnachtsgeschichten, die wir besonders im Lukas-Evangelium finden und die im Mittelpunkt unseres Weihnachtsfestes stehen und die wir alle doch so gerne haben, erwähnt Markus mit keinem einzigen Worte. Kein Rancho zu Bethlehem, kein Lobpreis der Maria, keine Hirten auf dem Felde, keine Weisen aus dem Morgenlande. Wir könnten uns wohl fragen, warum der Evangelist es nicht für unbedingt notwendig und wichtig hält, diese Geburt in seinem Evangelium zu verkündigen, aber wir könnten nur eine spekulative Antwort geben, die doch keinen Wert hätte. Jedenfalls aber wollen wir es beachten, daß Johannes Markus Jesus verkündigen kann ohne mit einem Worte die wunderbare Geburt Jesu zu erwähnen. Denken wir daran, was wir schon sagten, daß nämlich der Evangelist sich in seinem Evangelium zum Ziel gesetzt hat, zu verkündigen daß der Mensch Jesus von Nazareth der Herr und König Himmels und der Erden, also Gottes Sohn, ist, Lukas weiß das auch und verkündigt es. Aber ihm liegt es dazu ganz besonders daran, zu bezeugen, wie dieses Wunder geschah, daß ein Mensch, daß dieser Mensch Jesus von Nazereth Gottes Sohn wurde, Johannes Markus zeigt es uns auch, aber in einer anderen Weise, und zwar auf Grund der Taufe Jesu, die wir heute gehört haben: "Und alsbald, da Jesus aus dem Wasser stieg, sah er, daß sich der Himmel auftat und der Geist gleichwie eine Taube herabkam." Hier rühren wir bereits an das Geheimnis des dreieinigen Gottes: Gott - Vater-, Sohn und Heiliger Geist. Diese innige Gemeinschaft zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist kommt in der bildlichen Darstellung zum Ausdruckt daß der Heilige Geist sich wie eine Taube auf Jesus von Nazereth setzt und mit ihm sich verbindet und daß gleichzeitig der Vater im Himmel von ihm auch bezeugt: "Ja. wahrlich, dieser Mensch Jesus von Nazereth ist mein eigener Sohn." Wir finden sogar die ganz persönliche Anrede: "Du bist mein lieber Sohn." Im Unterschied also zu Lukas, der bereits bei der Geburt Jesu bezeugt, dieser Jesus ist Herr und König, ist Gottes Sohn, läßt Johannes Markus die ganzen Geburtsgeschichten aus und verkündigt dasselbe bei der Taufe Jesu durch Johannes: Der Mensch Jesus von Nazereth ist Gottes Sohn. Mit dieser Predigt kann nun der Täufer Johannes zurücktreten, seine Aufgabe ist erfüllt. Es ist der gekommen, von dem er gesagt hatte: "Es kommt einer nach mir, der ist stärker denn ich, dem ich nicht genugsam bin, daß ich mich vor ihm bücke." Nun, da der Herr da ist, kann der Knecht, der sein Kommen vorbereitet hat, ganz in den Hintergrund treten, Die Bahn wird freigegeben für den Jesus, der der Sohn Gottes ist und der sich jetzt auf den Weg macht und sich jetzt ans Werk begibt, um das, was der Täufer nur angekündigt hat, zu erringen und uns zu schenken: Das Heil der Menschen, unser Heil, die Vergebung unserer Schuld. -------------- Markus 1, 12 - 13 Sicherlich ist uns allen bereits die Versuchungsgeschichte Jesu bekannt. Matthäus und Lukas verkündigen sie uns in einer ausführlichen Weise, besonders auch, wie es Jesus gelingt, den Teufel zu besiegen. Ich erinnere daran, was der Teufel von Jesus verlangt: Er soll aus Steinen Brot machen. Er soll sich vom Dache des Tempels herunterfallen lassen. Er soll ihn, den Teufel, als den Herrn der ganzen Welt erkennen und ihn anbeten und sein Stellvertreter werden. Jesus aber bezeugt ihm, wer in Wahrheit der eigentliche Herr ist, Himmels und der Erden, und jagt ihn dann fort. Hier in unserem Evangelium werden uns keine Einzelheiten der Versuchungsgeschichte berichtet. Was Matthäus und Lukas uns in 11 bzw. 13 Versen verkündigen, das macht Johannes Markus mit 2 Versen ab. Aber er versteht es trotzdem, auch in diesen kurzen 2 Versen das Entscheidende zu sagen. Im letzten Wochengottesdienst haben wir von der Taufe Jesu durch den Täufer Johannes gehört. Darin kommt zum Ausdruck: Dieser Mensch Jesus von Nazereth ist Gottes Sohn. Der Vater im Himmel bekundet es durch sein Wort und der Heilige Geist hält mit Jesus innige Gemeinschaft. In der Versuchungsgeschichte nun wird er dem Widersacher, dem Gegenspieler Gottes, dem Teufel, oder auch Satan genannt, gegenüber gestellt. Nach alter Auffassung war der Herrschaftsbereich des Teufels in der Wüste, inmitten der wilden Tiere, die seine Diener waren. Wir wissen z.B. aus den Zeremonien des alten Volkes Gottes beim großen Versöhnungsfest, daß der Hohepriester auf einen dazu bestimmten Ziegenbock die ganze Schuld des Volkes vom vergangenen Jahre symbolisch legte und dann diesen Ziegenbock in die Wüste zum Asasel jagte, zum Teufel schickte. Von daher stammt wohl die oft falsch angewandte und flucherisch gebrauchte Redensart: Ich jage dich zum Teufel. Die Wüste mit ihren wilden Tieren war also der Herrschaftsbereich des Versuchers und Widersachers Gottes. Nirgendwo anders als in der Wüste kann es eine bessere erste Begegnung zwischen Jesus und dem Widersacher Gottes geben; Jesus ist ja zu uns auf diese Erde gekommen, um die Werke dieses Widersachers zu zerschlagen. So ist sicherlich auch das Wirken des Täufers Johannes in der Wüste als ein Einbruch in den Wirkungsbereich des Teufels zu verstehen. Zu dieser Begegnung Jesu mit dem Teufel kommt es durch das Drängen des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist gibt den Befehl Gottes, des Vaters und Schöpfers, an seinen Sohn Jesus Christus weiter. Hier in der Wüste, im Herrschaftsbereich des Teufels, steht Jesus von Nazareth 40 Tage und 40 Nächte dem Teufel gegenüber und ist seinen Versuchungen ausgesetzt, Was ist unter Versuchungen zu verstehen? Es ist das Bestreben des Widersachers Gottes, einen Keil zu treiben zwischen dem Sohn Gottes und seinem Vater im Himmel, damit er es ablehne, dem Befehle seines Vaters zu gehorchen. Der Teufel will den Sohn Gottes dahin bringen, daß er es ablehne, den befohlenen Kampf gegen ihn anzufangen. Ja, die Versuchung besteht darin, den Sohn Gottes ganz auf seine Seite zu ziehen. Es findet hier aber nicht nur eine Begegnung statt zwischen Jesus von Nazareth, der der Sohn Gottes ist, und dem Widersacher Gottes, dem Teufel, sondern es stehen sich auch die Handlanger des Teufels, hier die wilden Tiere, und die dienstbaren Geister des Gottes-Reiches, die Engel, gegenüber. Heute würden wir so von den wilden Tieren als Handlanger des Teufels nicht mehr sprechen, aber damals war es so eine fromme Meinung.- Wichtig ist jedenfalls, das können und müssen wir auch heute noch sagen, daß in der Versuchungsgeschichte sich nicht nur der Sohn Gottes und der Teufel gegenüberstehen, sondern die beiden Machtbereiche, mit allem was dazu gehört. Allerdings müssen wir von vornherein ganz fest und klar und deutlich sagen, daß die Macht des Teufels nur eine lächerliche ist, die er sich anmaßt. aber in Wirklichkeit gar nicht hat. Durch seine lügnerische Haltung tut er so, als ob... Es gibt nur eine einzige Herrschaft, die ist Gottes, in der Jesus Christus allein König und Herr ist. Weil dieses Johannes Markus glaubt und weiß, darum ist es für ihn vollständig unwichtig und unnötig, ausführlich darzustellen, wie die Versuchungen sind. Ja, für ihn ist es vollständig nebensächlich, das Ergebnis der Versuche des Teufels, einen Keil zu treiben zwischen dem Sohn und dem Vater, überhaupt mitzuteilen. Kann das Ergebnis überhaupt zweifelhaft sein? so fragt der Evangelist uns alle. Muß man sich bei der Beantwortung dieser Frage noch überhaupt aufhalten ?! Für ihn, dem Evangelisten, ist alles so klar, daß er das Ergebnis uns gar nicht mitteilt. Was muß das für eine frohe Gewißheit sein, die so klar und so sicher und so deutlich ist, daß sie uns selbst die Beantwortung der Frage nach dem Ausgang der Versuchung Jesu durch den Teufel überläßt. Wenn wir als Jünger Jesu in unserem Kampfe gegen den Bösen doch auch etwas von dieser freudigen Gewißheit dieses Johannes Markus darüber hätten, wie dieser Kampf enden wird, weil Jesus bei uns ist, dann würde in Wahrheit mancher Kampf allein dadurch siegreicher beendet werden. --------- Markus 1, 14 - 15 Den Inhalt des Evangeliums, das Johannes Markus schrieb, können wir mit 2 Worten angeben: Jesus Christus. Diese eine Gestalt, diese eine Person, ist der Mittelpunkt der Predigten des Evangeliums. Am Anfang wird uns allerdings von einer anderen Gestalt berichtet: der Täufer Johannes. Mit ihm beginnt gewissermaßen das Evangelium. Er ist der Vorläufer, der Bote dieses Jesus Christus. Wie lesen wir? "Eine Stimme eines Predigers in der Wüste, bereitet den Weg des Herrn." Johannes, der Täufer, hat einmal selbst bekannt: "Er, Jesus Christus, muß zunehmen; ich aber muß abnehmen." Er ist der ausgestreckte Finger, der auf Jesus Christus hinweist, nicht mehr und nicht weniger. Er selbst will allerdings auch nicht mehr sein. Mit dem Kommen des Herrn kann er zurücktreten. So sehen wir in unserem heutigen Text, wie der Evangelist uns verkündigt, daß nach der Gefangennahme des Täufers sofort Jesus Christus erscheint. Jetzt ist die Zeit des Gottes Sohnes gekommen, der sich in der Wüste auch gegenüber dem Teufel, dem Widersacher Gottes als Gottes Sohn erwiesen hat. "Nachdem Johannes überantwortet war, kam Jesus." Johannes geht, Jesus kommt. Während Johannes seine Wirksamkeit in der Wüste hat, wirkt Jesus Christus in Galiläa: "Er kommt nach Galiläa." Nach dem Evangelisten Matthäus hat sich damit eine alte Weissagung erfüllt. Obwohl Galiläa bei den gesetzesfrommen Juden keinen besonders guten Ruf hat, bekommt es jetzt durch das Wirken Jesu eine wichtige Bedeutung, Immer und immerwieder werden wir in allen Evangelien lesen: "Und er kam nach Galiläa", oder "Und er zog durch Galiläa" In Galiläa liegen Kapernaum, der See Genezareth, Kanaan, und auch Nain, alles Orte, die uns in den Evangelien oft begegnen, Nicht Jerusalem mit dem heiligen Tempel, seiner alten Kultur und Tradition, mit der Leitung des alten Volkes Gottes, den Hohenpriestern und Schriftgelehrten, mit den Tempeldienern, wurde von Gott als Wirkungskreis seines Sohnes bestimmt, sondern Galiläa. Von diesem Galiläa sagt der Fromme Rabbi Johanan ben Zakkai: "Galiläa, Galiläa, du hassest das Gesetz, deshalb wird dein Ende das der Räuber sein." Dort in diesem Gebiet, in jedem Dorf und Flecken und Haus, verkündigt Jesus Christus das Evangelium, die frohe Botschaft vom Reiche Gottes. "Nachdem aber Johannes überantwortet war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium vom Reich Gottes." Gleich hier am Anfang werden uns die genauen Orte nicht angegeben, das kommt später bei den Einzelgeschichten, Unsere heutigen 2 Verse sind gewissermaßen die Überschrift über die folgenden Abschnitte. Jesus predigt in Galiläa, Er predigt vom Reiche Gottes, Wir erhalten auch eine Antwort auf unsere Frage, was das denn bedeutet, wenn er "vom Reiche Gottes" predigt: 1. die Zeit ist erfüllt; 2. das Reich Gottes ist nahe herbei gekommen; 3. tut Buße, kehret um von eurem bösen Wege. Damit ist also die Predigt Jesu vom Reiche Gottes charakterisiert. Was heißt nun 1. die Zeit ist erfüllt? Die Zeit ist gekommen, daß Gott die Tür zum Himmel selbst wieder aufschließt. Gottes Zorn hat ein Ende, seine ganze große Liebe zu uns Menschen wird sichtbar. Mit dem Beginn der Tätigkeit Jesu ist diese Zeit hereingebrochen. 2. Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen, heißt nun nichts anderes als: Mit diesem Jesus von Nazareth kommt Gott selbst zu den Menschen. Die Herrschaft Gottes ist mit dem Sohne Gottes mitten unter uns. Wenn wir vorhin sagten, Gott schließt die Türe zum Himmel wieder auf, so heißt dieses noch mehr, Es heißt: Der Himmel, der Herrschaftsbereich Gottes, kommt mit dem Sohne Gottes mitten unter uns Menschen. Damit wird ein Zustand wieder hergestellt, wie er im Paradiese bestanden hat. Denken wir daran, wie uns da verkündigt wurde, daß Gott selbst im Paradiese weilte, dort den Menschen begegnete und mit ihnen sprach. Durch die Schuld des Menschen wird dieser Mensch aus dem Paradiese vertrieben. Das Leben auf dieser Erde nun und das Miteinander von Mensch zu Mensch wird zu einer Qual. Der Mensch lebt in einer ständigen Angst vor den Tieren, vor sich selbst, vor den anderen Menschen und vor Gott. Unser Leben wird zur Hölle. Aber mit dem Kommen Jesu Christi, dem Sohne Gottes, muß diese Hölle, die wir uns selbst verschuldet haben, wieder weichen und Gottes Liebe bringt wieder das Paradies, den Himmel auf Erden, "Die Zeit ist erfüllet und das Reich Gottes ist nahe herbei gekommen." Das ist die Botschaft Jesu Christi, die er den Menschen, zuerst besonders in Galiläa, verkündigt. Das ist die große Freudenbotschaft, die er uns allen predigt. Also der, der den Himmel auf Erden bringt, ist gleichzeitig der, der diese Tatsache als frohe Botschaft, als Evangelium uns Menschen zuruft. Und wenn Jesus Christus nun weiter die Menschen auffordert: 3. "Tut Buße!" dann ist doch das eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Wenn Gottes Zorn ein Ende hat, wenn Gott sich selbst auf den Weg macht, um uns die Tür zum Himmel zu öffnen, um mit sich selbst den Himmel auf Erden zu bringen und damit seine unbeschreibbare große Liebe zu uns zum Ausdruck bringt, dann ist es eigentlich eine Selbstverständlichkeit, daß wir endlich unseren Widerstand gegen Gott aufgeben, daß wir endlich nicht mehr von Gott weglaufen, sondern uns umdrehen, um die ersten Schritte zu ihm hin zu machen. Das ist die Bedeutung des Wortes "Tut Buße!": Von unserem eigenen bösen Wege lassen und das tun, was Gott uns zu tun befiehlt, um den Weg Gottes zu gehen, zu ihm zurück. Und wenn Jesus Christus weiter sagt: "Und glaubet an das Evangelium!" dann sagt er damit nicht etwas anderes als bisher, sondern dasselbe, nur mit anderen Worten. An das Evangelium glauben, faßt dieses alles zusammen: Gottes Liebe zu uns, die seinen Sohn zu uns schickt, die den Himmel auf Erden bringt und unser Dankeschönsagen dafür, indem wir von unserem bisherigen bösen Weg lassen und nach dem Willen Gottes leben, uns ganz in seine Hand, in seine Gewalt begeben. Johannes Markus hat in diesem Evangelium in allen Predigten von Jesus Christus über sein Tun und sein Reden eben dieses herausgestellt: "Die Zeit ist erfüllet und das Reich Gottes ist nahe herbei gekommen. Tut Buße und glaubet an das Evangelium." -------------- Markus 1, 16 - 20 Im letzten Wochengottesdienst haben wir durch den Evangelisten Johannes Markus die Botschaft Jesu gehört, die er durch sein Reden und auch durch sein Wirken den Menschen der damaligen Zeit verkündigte. Heute nun predigt uns der Evangelist vom ersten und größten Wunder des Herrn. Er geht am galiläischen Meer entlang. Genauer heißt dieses Meer: See Genezareth. Aber wir haben es schon gehört, wie wichtig es dem Evangelisten ist, daß Jesus in Galiläa wirkte, darum auch die Betonung des Sees Genezareth als eines galiläischen Meeres. Jesus geht am Westufer des galiläischen Meeres entlang. Dort sieht er zwei junge Männer bei der Arbeit. Sie sind Fischer und werfen ihre Netze ins Meer, um Fische zu fangen. Mitten in ihrer Arbeit spricht Jesus sie an: "Auf, folget mir!" Wir wissen auch, wie diese beiden jungen Männer heißen: Simon Petrus und Andreas. Sie sind Brüder. Die Evangelisten Lukas und auch Johannes berichten die erste Begegnung mit den Brüdern Simon Petrus und Andreas viel ausführlicher, ja zum Teil sogar unter ganz anderen Verhältnissen als Johannes Markus. Wir merken es diesem Bericht hier an, daß der Evangelist den Jünger Simon Petrus in einer gewissen Vorrangstellung sieht, indem er ihn an die erste Stelle setzt. Das kommt wohl daher, daß damals, als Johannes Markus dieses Evangelium schrieb, Simon Petrus bereits eine Vorrangstellung unter den Jüngern einnahm. Petrus nimmt in der Tat zwischen seinen Jüngern eine Vorrangstellung ein. Dieses hat allerdings mit der Begründung des Papsttums durch die katholische Kirche nichts zu tun. Zum andern ist es verständlich, daß bei der Aufzählung der Jünger der Evangelist Johannes Markus den Apostel Simon Petrus an die erste Stelle setzt, ist er doch durch Simon Petrus zum Glauben gekommen und hat dann später die ganze Geschichte von Jesus Christus durch sein Zeugnis erfahren. Der Evangelist Joh. Markus ist ein Schüler des Simon Petrus, dem er auch in dieser rein menschlichen Weise seine Hochachtung zum Ausdruck bringt. Was geschieht bei den beiden jungen Männern auf die Aufforderung Jesu hin: "Auf, folget mir nach!"? Es geschieht dieses: "Alsobald verließen sie ihre Netze und folgten ihm nach." Dasselbe wird uns berichtet von den 2 anderen jungen Männern: Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und seinem Bruder Johannes. Sie saßen in einem Schiff und flickten mit ihrem Vater und den Knechten ihre Netze. Jesus ruft auch sie. Und ebenfalls hier wird uns berichtet: "Und sie folgten ihm nach." Wenn wir uns das, was dort geschah, recht überlegen, dann können wir vor Verwunderung nur mit dem Kopf schütteln. Da kommt doch wahrhaftig irgendwoher ein wildfremder Mensch und sieht 2 X zwei junge Männer bei der Arbeit. Er ruft sie und fordert sie auf, ihm nachzufolgen. Und sie gehorchen, sie lassen alles stehen und liegen und folgen diesem wildfremden Mann nach. Muß man sich da über den Unverstand der jungen Leute nicht direkt an den Kopf fassen. Was sie tun ist doch eigentlich sträflicher Leichtsinn. Man läuft doch nicht so einfach mir-nichts, dir-nichts einem wildfremden Manne nach. Läuft man dadurch nicht vielleicht direkt in das Verderben hinein? Diesen Eindruck muß jeder haben, der in einer unbefangenen Weise diesen Bericht liest. Ja, es hat sogar den Anschein, als ob der Evangelist bewußt durch diesen kurzen und knappen Bericht den Lesern diesen Eindruck vermitteln will: Was hier geschieht, geht gegen jede menschliche Vernunft und Einsicht. Welcher junge Mann würde einem wildfremden Menschen ohne weiteres nachfolgen? Aber wenn wir so diese unmögliche Situation betrachten, werden unsere Blicke unwillkürlich auf das Eigentliche, auf das Entscheidende gelenkt. Dieser wildfremde Mann zeigt sich gerade darin als einer, der göttliche Vollmacht hat, als Sohn Gottes, daß das Unmögliche möglich gemacht wird, daß junge Menschen gegen alle Vernunft alles stehen und liegen lassen und ihm nachfolgen. Wir haben am Anfang heute nicht von ungefähr davon gesprochen, daß dieser Bericht des Evangelisten eine Predigt über das erste und vielleicht größte Wunder ist, das Jesus tut. Soll das kein Wunder sein, daß junge Menschen auf seinen Ruf hin alles stehen und liegen lassen und ihm nachfolgen; eine gesicherte Existenz und Zukunft aufgeben und mit Jesus gehen, bei dem man wirklich nicht weiß, was morgen sein wird. Und wenn wir uns, die wir mit Ernst Christen sein wollen, fragen, wie ist es denn gekommen, daß uns ein Wort der Predigt packte, sodaß wir eher keine Ruhe hatten als bis wir diesem Worte nachgaben? Wie ist es denn gekommen, daß es eine Not in der christlichen Gemeinde gab und es keine Ruhe uns ließ bis wir unsere Geldtasche öffneten -ja, weiter öffneten, als uns sogar im letzten Grunde lieb war? Wie ist es denn gekommen, daß wir bewußte und gehorsame Christen sind und sein wollen? Geschah dieses alles bei uns nicht auch gegen unsere eigene Vernunft -und sogar gegen unseren eigenen Willen, einfach deswegen, weil vor uns Jesus Christus stand und er uns befahl und er in uns dann selbst durch ein Wunder den Gehorsam schaffte? Einen Menschen dahin-zu-bringen, daß er ein Jünger Jesu ist, daß er mit vollem Ernst ein Christ ist, daß er dem Worte Jesu Christi gehorcht, dazu ist wahrlich nicht weniger als ein Wunder durch Jesus Christus selbst notwendig, Dieses Wunder muß größer sein als bei der Heilung eines Kranken. Einen anderen Weg zur Nachfolge, zum Gläubigsein als durch ein Wunder gibt es nicht. Aber wenn wir bedenken daß Jesus Christus uns, dich und mich, auf seine Seite gezogen hat, dann können wir auch noch für alle anderen Menschen Hoffnung haben, die heute noch von ihm nichts wissen wollen, die heute noch ihm nicht gehorsam sein wollen, die heute noch für Jesus Christus nichts tun und nichts opfern wollen. Anknüpfend an ihren alten Beruf als Fischer macht Jesus diese jungen Männer zu Menschen-fischern. Im letzten Grunde heißt das nichts anderes als dieses, daß sie das, was sie gerade durch Jesus erlebt haben, in seinem Auftrage und in seinem Namen an anderen Menschen tun dürfen. Jesus Christus will durch seine Jünger Menschen in seine Nachfolge, in seinen Dienst, zum Gehorsam gegen sein Wort rufen. Mit den heutigen Versen schließt gewissermaßen die Einleitung des Evangeliums. In dieser Einleitung ging es um den Vorläufer Jesu Christi, um den Täufer Johannes, dann um Jesus Christus selbst, seine Bestätigung in der Taufe, sein Offensein zu seinem Vater, das Verbundensein ist mit einem gänzlichen Verschlossensein gegenüber dem Widersacher Gottes, dem Teufel, verknüpft. Wir hörten in kurzen Worten die Botschaft, die Jesus Christus predigt und als Schluß heute von seinen Beauftragten, seinen Jüngern. Nun ist der Weg frei, um Jesus auf seinem Zug, auf seinem Marsch zu begleiten und zu achten auf sein genaues Tun und Handeln, aber auch Reden. Pfarrer Karl Schwittay Gepredigt in Wochengottesdiensten in Aldea Protestante in den Jahren 1960/62.
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