Vom ETHOS DES GEBETES | Referat Nº 033 | Lugar/Ort:Grl. Ramírez ER | Fecha/Datum:1957 | | Resumen/Skopus: Vortrag auf der Entre Ríos-Pfarrkonferenz-19-9-1957 | | Vom ETHOS DES GEBETES. Das Gebet ist ein REDEN, und zwar ein Reden, daß der Mensch so redet, wie er kann. Der Grund, aus dem der Mensch redet ist seine FREIHEIT vor GOTT. Er betet, weil Gott es ihm erlaubt. Von daher ist es ihm dann auch geboten. Es hängt nicht von Launen oder Stimmungen ab. 1. Das Gebet ist eine an Gott gerichtete erlaubte aber auch geforderte Bitte. In diesr Haltung erkannte der Mensch an: Ich komme vor Dich mit leeren Händen, ich bringe mich selbst. Wenn man eine solche Haltung als "Andachtsübung" versteht, mag es angehen. aber Übungen wie Ignatios von Loyola sie fordert, können als Mittel psychischer Hygiene ein nützliches Tun sein, aber mit dem Gebot Gottes haben sie nichts zu tun. Das Gebet ist BITTE. Das gilt für das gemeinschaftliche Gebet der Kirche, wie für das Gebet des Einzelnen. Die Reformatoren gaben keine Anweisungen für das Privatgebet, sie sind aber auch nicht mit einer liturgischen Frage beschäftigt. Die privaten Gebetbücher und die kirchlichen Liturgien wären daraufhin anzusehen, ob sie wirklich eine einzige Bitte vor Gott sind. Was ist es aber mit a) Gebet als Dank, b) Gebet als Buße und c( Gebet als Anbetung. a) Was heißt DanK? Als Bedürftige bittend zu Gott zu kommen. b) Was heißt Buße? Endlich respektieren, daß Gott uns geboten hat, zu BITTEN. Die Bußgebete in den Psalmen sind uns Vorbilder, daß sie wirkliche Gebete sind, das heißt, daß sie an keiner Stelle in der Äußerung von Scham, Zerknirschung und Reue steckenbleiben, sondern hinführen in das BITTEN, ihm ein reines Herz zu schenken. Ein Sündenbekenntnis ohne diese Bitte ist kein Gebet. c) Was heißt Anbetung? Vorsicht!! Anbetung ist kein Stehen vor einem "deus absconditus" oder einem "fascinorum" oder einem "tremendum". Geht es aber um den DEUS REVELATUS, dann gibt es im Gebet keine abstrakte Anbetung. Es muß immer eingehen in die Bitte. Es soll nicht bezweifelt werden, daß das Gebet auch Dank-, auch Buß-, und auch Anbetungsgebet ist, aber es ist entscheidend, daß in der Mittes des Gebets immer die Bitte steht. Was das Gebet zum Gebet macht, ist die BITTE und nur als Bitte ist es zugleich auch Dank-, Buß- und Anbetungsgebet. Um was dürfen wir bitten? Was wir im Gehorsam gegen sein Gebot im Dank, in der Buße und in der Anbetung zu bitten verantworten zu können meinen, um das dürfen wir ihn bitten. Es darf in unser Gebet wohl einströmen dann das Menschliche, das Verkehrte und sogar das Bornierte. Wie wir sind, dürfen und sollen wir sogar zu Gott kommen. Er selbst gibt unserem Reden die reine und heilige Gestalt, den geläuterten Sinn, den sie in unserem Herzen und in unserem Munde noch nicht hatte. Er versteht uns in unseren Bitten besser als wir uns selbst verstehen. UNSER BETEN DARF UND MUß EIN OFFENES, UNSER BEDÜRFEN WIRKLICH AUSSPRECHENDES BITTEN SEIN. Das WIR im Gebet. Das Gebet ist keine persönliche religiöse Privataktion, sondern immer das Gebet der christlichen Gemeinde (Beispiel: das VATERUNSER). Wer in der Gemeinde bittet, bittet auch immer für seine Brüder. Das WIR bedeutet: 1. Fïr die Sache Gottes zu bitten, d.h. die Gottes Sachen machen das menschliche Bitten zum rechten Gebet, durch sie kann ich ja auch erst recht beten. 2. Zu dem, daß wir uns für Gottes Sache interessieren, kommt jetzt hinzu, daß wir Gott bitten, daß er sich für unsere Sache interessiert. Will der Schöpfer nicht Gott sein ohne den Menschen, so kann der Mensch als Geschöpf nicht Mensch sein ohne Gott. Das rechte Gebet ist das seiner Erhörung gewisse Gebet. FORM DES GEBETES: Auch sie muß unter der Gehorsamsregel stehen, die wiederum nur als eine Freiheitsregel zu verstehen ist. 1. Das Gebet ist begründet durcg das Gebot Gottes. 2. Das Gebet ist Bitte. 3. Das Gebet ist das Gebet der ganzen Christenheit. 4. Das Gebet ist das seiner Erhörung gewisse Gebet. Eine abstrakte Scheidung zwischen dem Gebet des Einzelnen und der Gemeinde kann nicht gemacht werden. Der Einzelene ist Glied der Gemeinde und kann auch in seinem Privatgebet nur als solches recht beten. Die Gemeinde aber besteht als lauter Einzelnen und kann auch in ihrer Versammlung, soll sie recht beten, nur die wirklichen Bitten dieser Einzelnen zur Aussprache bringen. Zum GEMEINSAMEN des rechten Privat- und rechten Gemeindegebetes gehört vor allem, daß es als BITTE auch den Charakter der FÜRBITTE haben wird. Eine praktische Folgerung daraus: Müßte die Fürbitte nicht vor allem in unseren Gemeindegottesdiensten viel regelmäßiger und Markanter in Erscheinung treten, um von dort aus vielmehr zu einer Regel des Privatgebetes zu werden. Zum Gemeinsamen gehört eine gewisse Disziplin. 1. Ein stilles schweigendes Gebet sollte im Privatgebet die Regel sein, aber nicht ein wortloses Gebet. 2. In der Gemeinde sollte das laute Gebet die Regel sein. Was der von den Quäkern, von den Berneuchenern und anderen Gruppen eingedrungene schweigende Dienst sein soll, ist nicht klar. Es kann schön und vielleicht psychohygienisch nützlich sein, wenn eine ganze Kirche voll Menschen 5 Minuten lang schweigt. Es kann aber auch peinlich sein, aber hat sie geistlichen Sinn? Sie widerstrebt besonders dem Wesen des Gottesdienst als Gemeindeversammlung, in der das Gebet gerade nicht privatisiert wird, sondern in der einen oder anderen Form LAUT gebetet werden soll und verführt sie nicht zu der Vorstellung von einem wortlosen Gebet, das nun gerade für das rechte Gebet im Ganzen nicht sein dürfte. c) Der Mensch hat das Gebet viel nötiger als er zum freien Formen eigener Gebetsgedanken und Gebetsworte fähig ist. Er muß das Gebet immer wieder lernen. Daraus folgt das relative Recht und die relative Notwendigkeit des formulierten Gebets, auch unter dem Gesichtspunkt der Verantwortung vor der Gemeinde. Es wäre unsinnig, diesem, besonders das Vaterunser betreffend, aber nicht allein, sich zu entziehen. Martin Luther meinte, man solle sich doch nach den kirchlichen Agenden richten, lieber nach einem Formular als gar nicht, lieber mit der Formel in der Gemeinde als im freien Gebet auf irgendeinem Separatweg, Das rechte Gebet darf und muß eher kurz als lang sein. Und das gehört zum Gebet, wenn es Bitte ist, Bitten sind schnell gesagt, zumal das Gebet ja nicht das Bekenntnis zu Gott vor Menschen ist, sondern Anrede an ihn selber. Es hat keinen Zweck, sich in Form von Meditationen oder von theologischen oder rhetorischen Umständlichkeiten lang auszulassen. Mathh. 6, 7 "Kein Geschwätz machen wie die Heiden!" Luther hat sich in seinen Gebeten daran gehalten, Calvin ebenfalls, von Christoph Blumhardt wird das ebenfalls gesagt, Es gehört zum Guten der heutigen liturgischen Bewegung, daß man wieder zu einem straffen, zusammengedrängten Gebet zurückzukehren zu wollen scheint. Was leider nicht heißt, daß man nicht auch heute noch aus dem Munde guter Leute in Form sogenannter FREIER Gebete in dieser Hinsicht Schreckliches erleben muß. BINDUNG und ZEIT UND STUNDE unserer GEBETE: Mit Rücksicht auf die allgemeine menschliche Schwachheit liegt diese Bindung sehr nahe. Gebet am Morgen, am Abend, bei Tische hat als gute Sitte seinen guten Grund. Aber es ist unmöglich, solche Regeln schlechthin als bindend anzusehen. Allerdings muß der, der sich daran nicht bindet, fragen, ob er dazu wirklich ernste Gründe hat oder ob das Geheimnis seiner Ungebundenheit nicht vielleicht doch bloß eine grobe oder eine feine Schlamperei ist. Es muß mit Eindringlichkeit festgestellt werden, daß das Privatgebet und das Gemeindegebet auch das gemeinsam haben, daß sie in einem freien, herzlichen und spontanen Gehorsam des Menschen geschehen. Disziplin kann und darf nie zu einem abzuwickelnden Programm werden. Es ist etwas vom Furchtbarsten, was zwischen Gott und dem Menschen geschehen kann, daß ausgerechnet das Gebet zu einer Maske wird, hinter der der Mensch gerade nicht betet, sondern zum Mechanismus wird. Lieber gar kein Gebet als das Spiel eines solchen Mechanismus, besser ist es, immer wieder heraus aus dem Mechanismus in die Freiheit eines rechten, weil freien und aufrichtigen Gebetes. GEBET IM GOTTESDIENST DER GEMEINDE. Hier hat ja die Formel und die Bindung des Gebetes eine besondere Berechtigung. Wie aber kann ein Gebet im Gottesdienst zugleich diszipliniert und gemeindemäßig, frei, herzlich und spontan sein? Man kann nach beiden Seiten fahren. Jedenfalls liegt die große Gefahr heute in den kirchlichen Gemeinschaften und in den Gottesdiensten in dem Vergessen der geforderten Freiheit, Herzlichkeit und Spontaneität, die auch für das Gemeindegebet unentbehrlich sind. (Liegt das nicht daran, daß das Gebet zu einem halbtoten Element des Gottesdienstes geworden ist?) Die Gefahr des auf unmittelbaren Einfällen beruhenden freien Gebets: Es ist doch nicht einzusehen, woher auch ein ernster Pfarrer das Recht und die Kompetenz nimmt, von der Gemeinde zu verlangen, daß sie sich gerade seine momentanen Gebetsgedanken als solche zu eigen macht. Aber auch das Ablesen von Gebeten aus alten und modernen Agenden ist ein Schlendrian, der das Mitbeten der Gemeinde in der Regel mehr hinderlich ist als anregt. Das gilt auch da, wo man zu den Formulierungen der alten und der ältesten Zeit zurückgreift. Kann man eigentlich leugnen, daß der Wortschatz, die Syntax und der Stil der Gebetstexte auch für die christliche lebendige Gemeinde des 20. Jahrhunderts nun doch eine Fremdsprache ist? Durchaus ist es gut, daß das Gottesdienstgebet eine gewisse Stabilität hat, auch daß die Kontinuität mit der "comunio sanctorum" festzustellen ist, aber das sind Nebendinge. Die Redensart von den GEBETSSCHÄTZEN DER ALTEN KIRCHE ist verdächtig. Wenn das Gebet museal wird, hört es auf, Gebet zu sein. Die Eigenart des Gebetes muß sein, die Bitte der heutigen Gemeinde zur Aussprache zu bringen. Das ist die Aufgabe des Verkündigers. Seine wirkliche und durchaus nicht auf den Heiligen Geist des Augenblicks abzuwälzende Aufgabe würde dann darin bestehen, der Gemeinde das Eine und das Alte jeden Sonntag im Verhältnis zu jeder Predigt und jeder Situation neu und besonders vorzubeten. Gebet ist die nur Gott zugewandte, also strikt die innere Seite des Lobes Gottes; das gilt vom persönlichen wie vom Gemeindegebet. Gebet als Glaubensdemonstration, Gebet als verkleidete Predigt, Gebet als Instrument der Erbauung ist ein heller Unfug. Gebet ist kein Gebet, wenn man dabei einem anderen als Gott etwas sagen will. Das BEKENNTNIS ist das freie Lob Gottes vor den Ohren der Welt, das GEBET ist dasselbe Lob Gottes allein vor seinen Ohren. Darum ist er von vornherein entlastet, etwa von der Anforderung korrekt zu sein, daß er formell oder sachlich oder methodisch irgendeine Kunst an den Tag legen müsse. Wo es dem Menschen allein um Gott geht, da weiß er, daß er keiner fremden Kunst bedarf, da zählt nur eines, daß es ihm wirklich um Gott geht. Da darf also einfach geseufzt, gestammelt und geträumt werden; wenn es nur ein BITTEN ist, das vor Gott gebracht wird, so wird er es wohl hören und verstehen und annehmen vor jeder erhabenen Liturgie, die diese Bedingung nicht erfüllt. Das Gebet ist ein aktuelles Geschehen und als besonderer Akt wiederholt und repräsentiert es gewissermaßen den Feiertag mitten in der Woche. Karl Schwittay Vortrag auf der Pfarrkonferenz am 19-9-1957
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