DIE LEHRE VON DER SEELSORGE nach Eduard Thurneysen | Referat Nº 022 | Lugar/Ort:Villigst/Westfalen | Fecha/Datum:1953 | | Resumen/Skopus: Referat über Paragr. 1-4 für die Predigerrüstzeit. Dez. 1953 | | Referat über Die SEELSORGE nach Eduard Thurneysen Paragr. 1-4 Ed. Thurneysen gibt ium ersten Abschnitt, der 4 Paragr. umfasst, eine eingehende Begründung der SEELSORGE im Raume der Kirche. Es kann sich ja alles Tun in der Gemeinde nur dann als legi- tim erweisen, wenn es sich dem Evangelium ge- mäss erweist oder anders ausgedrückt, wenn das Tun der Gemeinde sich als ein vom Herrn befoh- lenes Tun erweist. Von daher ist auch mit allem Recht die theologische Frage der Begründung der Seelsorge zu stellen. Diese Frage wird zu beant- worten gesucht im Paragr. 1, der die Überschrift trägt: SEELSORGE ALS THEOLOGISCHES UND KIRCHLICHES PROBLERM. Der Leitsatz lautet: "Seelsorge findet sich in der Kirche vor als Aus- richtung des Wortes Gottes an den EINZELNEN. Sie ist wie alles rechtmässige Tun in der Kirche be- gründet in der Lebendigkeit des der Kirche gege- benen Wortes Gottes, das darnach verlangt, in menschlicher Gestalt ausgerichtet zu werden." In der Entfaltung dieses Leitsatzes beginnt der Verfasser mit der Feststellung, dass die Seelsor- ge in der Kirche eine feststehende immer geübte Tätigkeit ist. Bevor Thurneysen nach ihrer Recht- mässigkeit fragt, zeigt er auf, dass die theolo- gischen Lehrbücher die Seelsorge als zur Disziplin der PRAKTISCHEN THEOLOGIE gehörig einordnen. Damit wird gesagt, dass es in der Seelsorge um Verkündigung, um Predigt im weitesten Sinne geht. In einem Exkurs wird eine Gesamtschau der theo- logischen Disziplin gegeben in ihrer Beziehung zum für alle Theologie verbindlichen Worte Gottes. Dabei wird herausgestellt, was für die praktische Theologie bedeutend ist, das Ausrich- ten in actu der einen Wahrheit in den verschie- denen Akteb des kirchlichen Tuns. Damit ist dann gegeben, dass die praktische Theologie, die sich mit der Predigt im weitesten Sinne beschäftigt, selber vielgestaltig ist. Da haben wir die im eigentlichen Sinne. Mit der beschäftigt sich die HOMILETIK-LEHRE VON DER PREDIGT. Wo gepredigt wird, da werden auch not- wendiger Weise die Sakramente verwaltet. Da wird gesungen und gebetet. Mit diesem b egleitenden Handeln beschäftigt sich die LITURGIK. Sie um- fasst die Lehre vom Gottesdienst mit der Lehre vom rechten Verwalten und Austeilen der Sakra- mente. Die KATECHESE hat es zu tun mit der zur Verkündigung hinführenden Vorbereitung der Kinder und Jugebdlichen im Ubterricht, obwohl man auch schon sagen muss, dass sich auch in einem solchen Tun Verkündigung ereignet. Es kann dann ebenfalls nicht ausbleiben, dass da, wo das Wort Gottes laut wird, der ganze Mensch von Jesus Christus in Beschlag genommen und zum Dienst gerufen wird. So wird innere und äussere Mission und Evangeli- sation betrieben. Damit beschäftigt sich die LEHRE VON DER MISSION UND EVANGELISATION im weitesten Sinne. Zur praktischen Theologie ge- hört ferner die LEHRE VON DER FUNKTION DER GEMEINDE, von ihrem Aufbau und Ausbau (GEMEINDELEBEN) und endliche die LEHRE VON DER SEELSORGE. In aller Vorläufigkeit wird festgestellt, was unter Seelsorge zu verstehen sei: EINE SPEZIELLE AUSRICHTUNG DER IN DER GEMEINDE- PREDIGT SOZUSAGEN GENERELL, d.h. AN ALLE VER- KÜNDIGTEN BOTSCHAFT AN DEN EINZELNEN. Die Betonung liegt auf "an den EINZELNEN". Ver- gessen darf aber nicht, dass a) die Seelsorge die Predigt und das Sakrament nicht ersetzen darf, sondern sie nur begleitet. Sie ist nur Zeichen für das, was die Gemeinde in Predigt, Taufe und Abendmahl, empfangen hat. Aber dennoch bleibt es nötig und geboten, Seel- sorge als Verkündigung in einer privaten Ge- stalt auszurichten. Der Lutheraner Wilhelm Löhe hat das Wort PRIVATSEELSORGE geprägt. b) Vergessen werden darf nicht, dass die Seel- sorge nicht nur vom beamteten Prediger zu üben ist, sondern die GANZE GEMEINDE ist daran be- teiligt und dazu aufgerufen. Betont wird dieses in besonderer Weise von Bucer in seinem 1538 erschienenen Büchlein VON DER WAHREN SEELSORGE; Calvin lässt die Hausbesuche der Ältesten zu einer festen Einrichtung werden. Mit den bisherigen Ausführungen haben wir nur klargelegt die Tatsache, dass durch alle Zeiten hindurch in der Kirche Seelsorge getrieben wur- de. Damit ist aber noch keineswegs die echte Begründung der Seelsorge gegeben. Allgemein be- gegnet man eine gewisse Zurückhaltung, wenn es um die theologische Begründung der Seelsorge geht, Für Wilh. Löhe ist die Seelsorge nur ein loses Anfügen an die Predigt, an die Liturgie und an die Sakramente. CHRISTIAN PALMER sagt, dass er durch die Predigt, wenn nicht unmittelbare, so doch mittelbare Seelsorge ausübt. Das sogenannte seelsorgerliche Gespräch beschränkt er auf die grossen Anlässe der Beichte und der Kasualien. Ähnliches ge- schieht in der SEELSORGE vin HANS ASMUSSEN, der Seelsorge berechtigt hält bei den Anlässen der Taufe, Ehe, Trauerfällen, bei Besuchen von Kranken und Sterbenden. Hans Asmussen befindet sich damit im Raum der älteren Tradition der lutherischen Kirche. August Vilmar, zum Beispiel, beschr:ankt die Seelsorge auf das Amt des Pfarrers und der Kirchenältesten und sieht ihr Anlass in der Pflege der christlichen Zucht in Familie und Gemeinde. KLAUS HARMS beschränkt die Anlässe zur Seelssorge ebenfalls auf Unterredungen mit solchen, die we- gen besonderer Vorfälle besonderen Zuspruch nötug haben und ihn erwarten. Bei diesen Genann- ten in ihrer Einstellung zur Seelsorge kommt leicht die Frage: Ist das über die Predigt, Abendmahl, Beichte und Gebet hinausgehende Werk Privseelsorge vielleicht kein legitimes Werk und damit nicht weiter zu vertreten? Die Zurückhaltung in der Handhabung der Seelsorge ist allerdings restlos aufgegeben bei den Vertre- tern des PIETISMUS. Der Pietismus ist ja geradezu gekennzeichnet durch die Forderung nach Privat- seelsorge. Selbst bei der Ausrichtung der Bot- schaft des Evangeliums ging es immer um den EINZELNEN, während LÖHE und VILMAR den Einzelnen aufgehoben sah in der Gemeinde. Für den PIETISMUS steht der einzelne erweckte und bekehrte Christ im Mittelpunkt, die Gemeinde existiert nur als Summe dieser erweckten Christen. Thurneysen sieht den Pietismus bei SPENER uns Francke und auch bei Zinzendorf als Seelsorgebewegung, als das Stürmische in die Kirche einbrechende Verlangen nach Pflege der Einzelseele durch Einzelgespräche und Einzelanrede, damit bekommt der ganze pfarr- amtliche eine andere Ausrichtung, die unter folgenden Stichpunkten zusammengefasst werden kann: Hausbesuche des Pfarrers, Besuch des Gemeindegliedes beim Pfarrer, briefliche Seelsorge -Gerh. Tersteegen-, mehrheitliches Gespräch in Form der Privatvers.-Konventikel-, auch dass die Schrift ausgelegt wird und dabei geht es doch immer um das Aus- sprechen der eigenen persönlichen Er- fahrungen, die der ERFAHRENE UND BEKEHRTE mit dem Worte gemacht hat. Es ist eine gewollte und bewusste Pri- vatisierung der offenen Verkündigung in der Gemeinde. Es kommt zur Bildung soge- nannter Kerngemeinden. Es gibt Geographien der grossen pie- tistischen Pfarrerseelsorger (ein Mittel der Seelsorge im Sinne der Einwirkung des Einzelnen auf den Einzelnen). Oft stand der Pietismus in Opposition gegenüber der ordentlichen Predigt der Kirche. Sie genügt nicht mehr. Es ist nur zu verständlich, dass LÖHE. VILMAR und CLAUS HARMS sehr ablehnend dem PIETISMUS als diese so geartete Seelsorgebewegung gegenüberstanden. Es ging dabei nicht um eine Ablehnung der Seelsorge überhaupt, sondern es ging um die Ablehnung der Verschiebung des Ge- wichts auf die Aussprache seelischer Zustände, das geistliche Drängen und der Weg selbstgemachter Heiligkeit. Es ist die Sorge, dass Wort und Sakrament zurückgedrängt werden. Die Situation ist nun die, dass durch den Pie- tismus die Seelsorge in den Vordergrund gerückt ist. Aber auf Seiten der Kirche bbegegnet ihr eine gewisse Zurückhaltung, aber dabei einigermassen ratlos, wie man sich verhalten soll. So ergibt sich mit aller Dringlichkeit die Frage nach der Legitimität der Seelsorge. Gibt es also eine legitime Gestalt der besonderen Seelsorge? Thurneisen gibt als Bedingung an, DASS EINE LEGITIME SEELSORGE EINE SEELSORGE SEIN MUSS< DIE GRUND UND IHR RECHT IM WORTE GOTTES HAT UND DIE DARUM IM RAUM DER AUF DIESES WORT SICH GRÜNDENDEN KIRCHE UNABDINGBAR AM PLATZE WÄRE. Gibt es eine solche Seelsorge und wie sieht ihr Grund und ihre Gestalt aus? Das Kriterium für legitime Seelsorge muss gegen- über der Vergangenheit angesetzt werden. Dieses Kriterium hat bei der Auseinandersetzung der damaligen Gegner des Pietismus mit dem Pietismus keine Rolle gespielt, aber im letzten Grunde meinen sie es auch. Sie bejahen durchaus die Seelsorge, aber Seelsorge durchs Wort und seine Verkündigung; sie bejahen durchaus auch die Ein- zelseelsorge, aber auch da muss es durch das Wort geschehen. Meint nun der Pietismus nicht das Wort? Selbstverständlich, allerdings steht das in der Bibel geoffenbarte Wort Gottes nicht mehr als das grosse Objektive gegenüber, vor dem der Glaubende als sein Hörer zu verharren hat. Es geht dem Pietismus um die Verwandlung des Objektiven in die Subjektivität der Frömmigkeit der Menschen, es geht um die Erlebbarkeit des Wortes Gottes in der Seele des Einzelnen, es geht um die Umsetzung und Verwandlung des Wortes in das Eigentum der nach ihm verlangenden Seele. Das setzt aber ein Vermögen des Menschen voraus. Und bei den Anweisungen der pietistischen Seel- sorge handelt es sich darum, die Fähigkeit dafür auszubilden, dieses Wort aufzunehmen. Sie will Menschen heranziehen, die durch solche Anleitung geistsliches Leben in sich erzeugen können. So bleibt nicht mehr die Gemeinde und das ihr anvertraute Wort das Erste und das Letzte, sondern das Interesse richtet sich auf den durch das Wort erweckte Einzelne und seine Frömmigkeit. Verständlich, dass dagegen scharf Front gemacht werden musste. Allerdings kann damit nicht gesagt werden, dass damit das Anliegen der Seelsorge erledigt wäre. Denken wir daran, dass auch die Reformation, der die Objektivität des Wortes alles bedeutete, Seelsorge betrieben hat, ja, Reformation kann doch sogar als eine Seelsorgebewegung angesehen werden. Es bleibt dabei: Seelsorge muss geübt werden, aber Seelsorge, bei der das Wort Gottes als das grosse Gegenüber zu aller menschlichen Frömmigkeit die Alleingeltung behält und der Mensch nicht mehr aufhört, sein Schüler zu sein. (Meine Anmerkung zum Paragr. 1: Obwohl ich mit dieser Schlussfolgerung und Begründung durchaus einverstanden bin, fehlt doch in dem Paragr. 1 die Beweisführung für diesen Schlusssatz.) Paragr. 2 SEELSORGE ALS KIRCHENZUCHT Leitsatz: SEELSORGE IST EIN MITTEL, DAS ZUM ZIELE HAT, den Einzelnen, da ihn ja Gott nicht preisgeben will, zu Predigt und Sakrament und damit zum Worte Gottes zu führen, ihn in die Gemeinde einzuglie- dern und dabei zu erhalten. So verstanden ist sie ein Akt der HEILIGUNG und der ZUCHT, durch den die Gemeinde in ihrer sichtbaren Gestalt erbaut und lebendig erhalten, und der Einzelne vor seiner geistlichen Verwahrlosung und Verderbnis gerettet und bewahrt wird. Thurneisen nimmt, um Ziel und Wesen einer in Gottes Wort begründeten Seelsorge deutlich zu machen, den Begriff der Seelsorge auf. Er sagt, dass in besonderer Weise die reformatorischen Väter der reformierten Kirche, die KIRCHENZUCHT von der katholischen Kirche übernommen haben, aber vollständig neu umgestalteten. Die Kirchenzucht ist das grosse Mittel, durch das sich die Gemeinde um Wort und Sakrament sammelt, rein und lebendig erhalten werden soll.Was CALVIN dazu sagt (Inst.1559, 4. Buch Kap. XIII, I), läuft darauf hinaus, was wir zunächst als Seel- sorge verstanden haben: PERSÖNL. EINZELERMAHNUNG. Diese persönliche Einzelermahnung weiss Calvin aber stark unterschieden von der Predigt und den Sakramenten. Das Wort Gottes und seine Austeilung in Predigt und Sakrament ist die Seele der Kirche, aber sie erfordern mit innerer Notwendig- keit das Hinzutreten persönlicher Einzelmahnung. Und hier ist, so merkt der Verfasser an, schon das Anliegen des Pietismus bereits aufgenommen, aber zugleich das Anliegen Löhes und Vilmars völlig Rechnung getragen, dass das Wort allein die Seele der Kirche ist und bleibt. Bei Calvin tritt ein in sichtbarer Ordnung und möglichster Reinheit erscheinende Gemeinde zu Tage. Gottes Gnade bekommt in seiner Gemeinde auch immer sichtbare Gestalt er fordert dazu auf. Es geht ihm um das Ereigniswerden der Gnade in der sichtbar auf den Plan tretenden Gemeinde, während Martin Luther einseitig daran festhält: Wort und Glaube allein sind das Fundament der Kirche und ihr einziger Inhalt. Beispiele dazu: Luther: Wir Menschen können wohl Bischöfe weihen und Pfaffen machen, aber der Heilige Geist allein macht rechte Prediger. Tut er das nicht, so ist er verloren. Calvin könnte das auch sagen, würde aber beifü- gen: Aber darum sollen wir hingehen und solche rechten Prediger nun wirklich werden wollen und andere dazu rufen. Solche rechten Prediger, die aus dem Geist geboren sind, sollen sich finden unter uns. Wir sollen alles dazu tun, um sie auf den Plan treten zu lassen. Für Calvin war das Wirken des Geistes, der alles vollbringt und der durch diesen Geist gewährte Dienst des Menschen kein Gegensatz. Auf das Wirken Gottes in Wort und Sakrament folgt die Antwort der Gemeinde in einem bestimmten Tun. Ein erstes Zeichen dieses Tuns ist nach Calvin die Kirchenzucht. Das bedeutet: Die Kirche wacht darüber, dass die vom Wort und Sakrament ausgehende Kraft in den Gliedern wirklich wirksam wird. Sie kann nicht zusehen, dass Wort und Sakrament da sein sollen, ohne dass das von ihnen ausgehende Leben sich wirklich su regen beginnt. Sie geht dem Einzelnen nach und vermahnt ihn. Im letzten Grunde sagt dann Martin in den Schmal- kaldischen Artikeln vom Evangelium nichts anderes: Gott ist reich in seiner Gnade, erstens durchs mündliche Wort, darin wird gepre- digt Vergebung der Sünden in alle Welt; zum andern durch die Taufe, zum dritten durchs Heilige Sakrament des Altars, zum vierten durch die Kraft der Schlüssel und auch permutuum colloquium et consolationem fratrum. Also auch Luther fordert hier das Werk der Seel- sorge. In Abgrenzung zur katholischen Kirche muss aber festgehalten werden, dass die Seelsorge keine Selbständigkeit erhalten darf, sondern verbunden bleibt mit Wort und Sakrament. Es darf und kann keine Gemeinde geben, in der das Gespräch von Mann zu Mann wichtiger wäre als Predigt und Abendmahl. Trotzdem bleibt es dabei, nach Meinung der Väter, dass seelsorgerliche Kirchenzucht eine Ordnung ist, die die Kirche in irgendeiner Form ausrichten muss, insofern sie das Wort ihres Herrn gehört hat. Wo keine Kirchenzucht wäre, wäre gar keine wirkliche Gemeinde. Wir denken daran, was schon gesagt worden ist, dass das Wort und Sakrament Leben schafft und da Gott nicht ein Gott der Unordnung ist, wird auch das Leben, das er schafft und das in der Gemeinde Gestalt findet, eine Ordnung geben. Er fordert die Gemeinde auf, sich diese Ordnung zu geben. Nun gilt es auch, dass in Gesprächen von Mann zu Mann danach gefragt wird, wie es mit der Verant- wortung gegenüber dieser Ordnung, mit dem Leben aus Gott, bestellt ist, gleichzeitig als Frage, ob er die lebenspendende Botschaft gehört habe. Zum Beispiel: Es wird vom Gemeindeglied gefordert, dass es durch das Zeichen der Teil- nahme am Gebet und am Lesen der Schrift bezeuge, dass er zur Gemeinde des Wor- tes Gottes gehöre. Er wird nach Gebet Schriftgebrauch gefragt werden und sich darüber zu verantworten haben. In der Gemeinde sind auch solche, die gleichgül- tig und ablehnend sind, solche, die die Gemeinde zerstören und Irrlehren anhangen. Diese müssen ebenfalls un ihrer Seelen Seligkeit willen nach ihrem Tun gefragt werden, damit sie nicht verlorengehen.Wir haben nun so den Begriff Seel- sorge durch den Begriff Kirchenzuch bestimmt und erklärt und damit eine grössere Weite gegeben. Jetzt geht es nicht um irgendeine undurchsichtige Seelenpflege, um einen Eudämonismus; sondern eine Plattform ist uns gegeben, auf der wir allein nur stehen können, auf der wir allein nur Seelsorge üben können, nämlich: die GEMEINDE. Auf dieser Plattform allein kann es dann auch nur eine Möglichkeit des Heils geben, nämlich das Heil, das uns in Jesus Christus in seinem Wort und Sakrament geschenkt werden will. Diese Seelsorge setzt die Gliedschaft zur Gemeinde voraus und bewahrt sie und führt die Gefallenen wieder zurück. Im Unterschied zum Katholizismus kann diese Seelsorge geübt werden von Glied zu Glied in der Gemeinde. Sie ist nicht an den Amtsträger gebunden. Mit dieser Bestimmung durch Gemeinde und Heil in Christus durch Wort und Sakrament ist alles Abgleiten ins Uferloe verhindert. Thurneysen deutet auch noch an, dass die Heilige Schrift selbst eine Fülle von Einzelmahnungen und Einzeltröstungen enthält. Leider ist dieser Teil meines Erachtens zu kurz gekommen. Aber TThurneysen bleibt bei Einzelbeispielen nicht stehen, sondern sagt, dass es zum Wesen des Wortes Gottes in seiner prophetischen und aposto- lischen Gestalt gehört, zu einer Anrede an Einzelne kommen zu lassen, damit ist für ihn be- gründet, dass Seelsorge im Worte Gottes selbst begründet ist. Als letztes wird auch gesagt, dass zur Seelsorge der Geist Gottes gehört, der das Wort Gottes erst lebendig macht, Ziel aber aller Seelsorge ist: Menschen für das Reich Christi und seine Gemeinde auf Erden zu gewinnen. Paragr. 3 DIE SEELE DES MENSCHEN ALS GEGENSTAND DER SEELSORGE Leitsatz dazu lautet: SEELSORGE IST SORGE UM DIE SEELE DES MENSCHEN. DIE MENSCHLICHE SEE- LE ABER< UM DIE ES IN DER SEELSORGE GEHT IST NICHT NUR DAS SELISCHE AM MENSCHEN, SONDERN SEELE IST NACH DER HEILIGEN SCHRIFT ZU VER- STEHEN ALS DIE PERSONALE GANZHEIT DES MENSCHEN NACH LEIB< SEELE UND GEIST UNTER DEM ANSPRUCH GOTTES. DIE ERKENNTNIS VON DER EXISTENZ DES MENSCHEN VOR GOTT HAT IHRE BEGRÜNDUNG IN DER MENSCHWERDUNG JESU CHRISTI. NACH IHR BESTIMMT SICH SICH DIE AUF- GABE DER SEELSORGE ALS HEILIGUNG DES GANZEN MENSCHEN FÜR GOTT. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass man sich zuerst klar werden muss, was es um die Seele ist, für die gesorgt werden will. Als theologische Frage steht von vornherein fest, dass die Antwort nur allein aus der biblischen Anthropologie ge- nommen werden kann. Entscheidend für unsere Be- trachtung ist 1.Mose 2, 7 "Und Gott der Herr machte den Menschen aus einem Erdenkloss und er blies ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase und also ward der Mensch eine lebendige Seele." Von daher folgert der Verfasser, dass 1. der Mensch aus Leib und Seele besteht, die wohl unterschieden. aber nicht getrennt werden können, sondern eine Einheit, eine Ganzheit bleiben. Dieser Mensch in seiner Einheit von Leib und Seele wird als LEBENDIGE SEELE bezeichnet. Diese Einheit von Leib und Seele schafft der RUACH, der Geust Gottes. 2. Der Mensch lebt sein Leben als ein von Gott GELIEHENES Leben = Gott blies sein Lebensodem, damit wird die Geschöpflichkeit des Menschen zum Ausdruck gebracht, sowohl der Leib als auch die Seele fallen darunter, sie ist keine Emanation Gottes. (Warum in einem Exkurs unbedingt die Unsterblichkeit der Seele festgehalten werden muss, bleibt mir unverständlich, auch nicht genügend untermauert. 3. Der Mensch steht nicht allein. Er ist eine Kreatur neben anderen Kreaturen. Was ihn unterscheidet, ist in 1. Mose 1, 26-27 zum Ausdruck gebracht = EBENBILD GOTTES. Der Mensch erhält als Bild seines Schöpfers, der ICH BIN heisst, auch die Prägung des Personhaften, der Mensch ist auch ein ICH, allerdings ein von verliehenes ICH. Dadurch wird das möglich, was er mit der Erschaffung des Menschen im Auge hatte, dass Gott dem Menschen entgegentritt: ICH UND DU. In diesem ICH UND DU liegt es, dass Gott, dass Gott deb Menschen anredet und der Mensch Gott antworten kann. Die Stelle, an der der Mensch durch den Anruf Gottes getroffen wird, ist seine Seele als das Personhafte des Menschen. Thurneysen fragt, ob in Anlehnung an 1 nicht besser von einer Drei- teilung des Menschen geredet werden müsste. a) Leib b) Seele = der Kratürliche Ort des Menschen, an dem das Ansprechen und das verantwortliche Werden des Menschen sich ereignet; c) Geist = PNEUMA = Benennung für den Anruf Gottes und das darin gründende verantwortliche Stehen des Menschen vor Gott. Die Heilige Schrift ist in der Schau nicht einheitlich. Jedenfalls ist das das Besondere in der biblische Anthropologie, dass sie die Zweiteiligkeit des Menschen zwar aufnimmt (damit in Übereinstimmung mit der biblischen und der prophet. Anthropologie), aber dabei nicht stehen bleibt, sondern fragt, OB DER MENSCH IN UND MIT SEINER INNEREN UND ÄUSSEREN NATUR, IN UND MIT ALS LEIBSEIN UND SEELSEIN UNTER GOTTES ANSPRUCH LEBT ODER NICHT. Lebt er darunter, so ist er zum geistl. (pneumatischen) Menschen geworden, andernfalls ist er der leibliche Mensch, der seine Bestimmung nicht erfüllt. Er bekommt sein Gegenüber nicht zu Gesicht. (Die natürliche Anthropologie unterscheidet dann nur zwischen göttlichem Bereich und dem dämonischen Bereich, weiter kann sie nicht gehen. Aber für die theologische Anthro- pologie sind das nicht die letzten Werte. Die natürliche Anthropologie ist ein Verstehen aus sich selbst heraus.) Es wird dringlichst gewarnt, eine Synthese zwischen natürlicher und geistlicher Erkenntnis zu schaffen, in der das strenge Gegenüber von Gott und Mensch aufhört (MYSTIK), niemals darf die Gottebenbildlichkeit in diesem Sinne aufgelöst werden. Es bleibt dabei, dort der Schöpfer und hier das Geschöpf.Allerdings eine Synthese zwischwn Gott und Mensch ist vorhanden als Gottes eigene Tat, die menschliche Natur be- kommt einen göttlichen Anstrich. DIE MENSCHWERDUNG DES SOHNES GOTTES. Aber mir bleibt doch die Grenze zwischen zwischen Schöpfer und Geschöpf bewahrt. In Jesus Christus bleibt Gott Gott und Mensch Mensc h. Jesus Christus ist darum das erste und das letzte Wort aller wirklichen menschlichen Erkenntnis. 4. ES KANN VON EINEM EINSWERDEN GOTTES MIT DEM MENSCHEN IN JESUS CHRISTUS NICHT GEREDET WER- den, OHNE AUF DIE LETZTE BESTIMMUNG DES MENSCHEN ZU STOSSEN: G N A D E. Gnade heisst: Nochmaliges und endgültiges Anru- fen des Menschen von Gott. Er steht jetzt aber vor Gott als ein Sünder, der die Vergebung empfängt. (Zwischen uns und Gott steht nicht nur der Akt der Schöpfung. sondern das dunkle Rätsel unserer Sünde mit der Zerstörung der Verbundenheit mit Gott,) Über der Sinnlosigkeit seines Lebens geht wieder neu die Treue Gottes auf, obwohl wir gesündigt haben. In der Vergebung der Sünden durch das Gnadenwort Gottes lebt der Mensch wieder als der nach Leib und Seele von Gott Aufgerufene sein Leben und erfüllt damit seine Bestimmung. Das bedeutet, dass unsere Erkenntnis vom Menschen Gnadenerkenntnis ist. Was wir über den Menschen wissen, das wissen wir durch Jesus Christus, in welchem Gottes Gnadenwort an uns ausgeht. Er, Jesus Christus, ist ja das wahre Ebenbild Gottes. Von daher ist biblische Anthropologie immer christliche Anthropologie. ZUSAMMENFASSUNG In einer Zusammenfassung sagt Thurneysen, dass der Mensch zu betrachten ist als ein Geschöpf Gottes, als sein Ebenbild. Durch das Wort der Gnade in Jesus Christus. Dieser Mensch ist der Gegenstand der Seelsorge, darum ist die Kenntnis von diesem Menschen der Ausgangspunkt einer rechten Lehre von der Seelsorge. Dieser Mensch in seiner Grösse und seiner Tiefe muss den Seelsorger beschäftigen, wenn er ihm helfen will. Rechte Rechte Erkenntnis aber verschafft allein die Heilige Schrift. In seiner Verlorenheit, aber auch in seinem Angenommensein durch Jesus Christus wird der Mensch sichtbar. Die Verkün- digung des Wortes ist darum das A und das O aller echten Seelsorge. Der Mensch ist geschaffen als Person, darum ergeht diese Verkündigung auch von Person zu Person, sie hat die Gestalt des Gesprä- ches. Der Inhalt des Wortes ist Vergebung durch Jesus Christus. Diese Vergebung muss in der Seelsorge ausgerichtet werden. Sie gilt dem gan- zen Menschen in seiner Einheit von Leib und Seele. Die Zurücknahme des Menschen aus dem Bereich des Todes in den Bereich der Gnade bezeichnen wir als HEILIGUNG, d.h. der Mensch wird in der Vergebung der Sünde von Gott beschlagnahmt. Er empfängt ein neues Leben. In diesem neuen Leben hört er GOTTES Wort als GEBOT, das ihn zum Gehorsam aufruft. Paragr. 4 DER KAMPF UM DAS VERSTÄNDNIS DES MENSCHEN IN DER SEELSORGE. Leitsatz: Die der Heiligen Schrift entnommene Erkennt- nis von der Existenz des Menschen vor Gott ist umstritten. Es stehen ihr andersartige Auffassungen vom Menschen gegenüber. Lehre und Praxis der Seelsorge werden aber eine grundlegend andere Gestalt annehmen, je nach dem Menschenverständnis, das vorausge- setzt wird. Am Verständnis des Menschen fällt die Entscheidung "ber das Wesen der Seelsorge. PIETISMUS Der Pietismus will dieses keinesfalls ent- schieden ALLEIN AUS GBADEB durchstreichen, aber er vollzieht dennoch eine Verschiebung des Gewichts vom Tun Gottes in Christus weg auf den Menschen hin an dem sich dieses Tun ereignet. Das Interesse an der HEILIGUNG wird riesengross. Es gilt nicht mehr die Heiligung als eine gewisse Unterstreichung der RECHTFERTIGUNG, sondern jetzt heisst es Rechtfertigung und Heiligung. Dabei kommt es zu einer Verschiebung von Gott weg auf den Menschen. Beispiel: ZINZENDORF: DAS TAT ICH FÜR DICH, WAS TUST DU FÜR MICH? Und gerade die Seelsorge wird im Pietismus der Ort, wo die Verschiebung deutlich zum Ausdruck kommt. Seelsorge wird selbständig, selbst löst sie sich zwar nicht von Predigt und Sakrament, aber sie tritt doch ihr mit stärkstem Eigengewicht zur Seite. Das Schwergewicht zur menschlichen Seite hin hat schwerwiegende Folgen. Redet man von der Heiligung, dann redet man vom Kampf zwischen der Macht der Vergebung und der Macht der Sünde. Legt man dabei das Gewicht auf den Menschen, dann hat man Christus ausgeschal- tet. obwohl man ihn dabei nennen kann. Dann hat man Christus und sein Werk identi- fiziert mit dem eigenen Tun, Die Vergebung ist nur noch ein offenes Tor, durch das man schreitet, um auf dem Wege der Heiligung zu einer immer grösser werdenden Entsündigung zu kommen. Der Seelsorger hat dabei die Auf- gabe, als Leiter und Führer diesen Prozess der fortschreitenden Entsündigung bei den ihm Anvertrauten in Gang zu bringen und zu überwachen. Für die Reformatorem hörte der Sünder auch durch die Vergebung nicht auf, SÜnder zu srin. Heiligung bedeutet, jeden Tag in der Vergebung wissen um mein Sünder- sein: Simul justus, simul peccator. dieses schliesst nicht aus den Kampf den Kampf gegen die Sünde, er ist sogar gefordert, erist aber nicht ein Zweites, dass der Ver- gebung erst folgt und sie ergänzt. Dieser Kampf ist die Form, in welche die Vergebung sich kleidet. Durch das immer neue Ergrei- fen der Vergebung flieht und hasst man die Sünde. So erlangt man gewiss auch immer wieder den Sieg über konkreten Sünden, aber solcher SIEG ist dann nicht eib Zeichen mei- ner eigenen fortschreitenden Entsündigung, sondern Zeichen der in Christus Jesus ge- schenkten Vergebung aller Sünden. Von daher ist auch die Ablehnung der pie- tistischen Seelsorge durch Löhe und Vilmar zu verstehen. An Hand von 2 seelsorgerlichen Briefen von G. Tersteegen und Wilhelm Löhe wird der gewaltige Unterschied aufgezeigt. Bei Tersteegen: Der Begriff der Seele ist nicht aus der Schrift genommen, innerliche Vorgänge werden beschrieben, kein Hinweis auf die Heilige Schrift, kein Wort von dem Sieg, den Jesus Christus über die Welt errungen hat. Im letzten Grunde bleibt der Mensch allein gelas- sen mit sich selbst und seinem seelischem Er- leben. Bei Löhe: Tröstung durch Erinnerung. Du bist ein Glied der Gemeinde Jesu Christi. Keine Hinweise auf die eigene seeli- sche Kraft. Verweist darauf, dass den Kampf Jesus Christus allein entschei- den kann. Es geht auch um die Ganz- heit des Menschen nach Leib und Seele. Nahe Verbindung von Pietismus und Katholizismus: Nach katholischer Gnadenlehre ist in jedem Men- schen noch ein guter Kern. Daran kann die Gnade Gottes anknüpfen. Die Leitung zwischen Gott und Mensch ist durch den Fall wohl zerknickt, aber nicht durchgerissen. Der Sitz des Guten, an das Gptt anknüpfen kann, ist eben die Seele oder der Geist. Aufgabe der Seelsorge ist nun, die in der Seele schlummernden Kräfte aufzuwecken. Sie hat das seelische Vermögen zu aktivieren, damit sich der Mensch der Gnade Gottes entgegen- strecke. Belege: Die Exerzizien des Ignatius von Loyola. Wir brauchen demgegenüber nur anzudeuten die totale Verderbtheit des ganzen Menschen aus Leib und Seele, wie sie gesehen wurde von den Reformatoren M. Luther und Johannes Calvin. Moderne Seelenpflege und Seelenleitung. Sie findet sich ausserhalb der Kirche vor, greift aber tief in die Kirche ein. Normalerweise ist der Mensch von heute durchaus damit vertraut und erwartet von dem Seelsorger, dass er in dieser Weise helfen möge. Der Mensch sieht sich seit einigen Jahrzehnten durch die völlige Strukturwandlung des Abend- landes in einer gewissen Verwahrlosung vor. Er ist mit Dingen, die bis an die Seele hineinragen, nicht fertig. Könnte die Kirche nicht helfen? Zum grössten Teil nicht, weil ja die seelische Verwahrlosung mit darin bestand, die Bindung an die Kirche zu lösen. Schwere seelische, neurotische Störungen sind bis auf den heutigen Tag die Folgen. Es sind Psychologen wie Jung und vor ihm schon Sigmund Freud, die das feststelltyen. Aber wäh- rend diese Psychologen von Neurosen sprechen, sprechen die beiden Blumhardts, die doch auch den seelisch zerbrochenen. kranken Menschen ihrer Zeit sahen, von UNVERGEBENER SCHULD. Ausserhalb der Kirche setzte, nach dem die Welle der Materialistischen und naturalistischen Welt- anschauumng abzuflauen begann, eine sehr intensi- ve Beschäftigung mit den Problemen des seelischen Lebens. Wir nennen nur die Bestrebungen der Psychologie, Psychiatrie. Psychotherapie. (Ich verweise auf Theol. Existenz Nr. 25, Thurneysen "sEELSORGE UND pSYCHOTHERAPIE".) Daneben gibt es ja zahlreiche Führer, Denker, Pfleger und Helfer, die sich den Menschen als Helfer der Seelen anbieten: JOHANNES MÜLLER und RUDOLF STEINER. Hier liegt von vornherein die Verschiedenheit zur biblischen Seelsorge in der Vertretung einer eigenen Anthropologie. Irgendein Funke, eine religiöse Anlage, ein göttliches Licht wohnt im Menschen und wartet darauf, zur Entfaltung gelangen zu können. Seelsorge unter dieser Vor- aussetzung heisst die Bemühung um die Entfachung und Erweckung des eigenen Selbst, das im eigent- lichen Sinne als göttlich verstanden wird. Es gibt keine Verbindung zur biblisch-theolo- gischen Seelsorge. Der, der heute zu uns kommt, kommt in den meisten Fällen zu uns, um sich die Seele als das gött- liche Teil erwecken zu lassen, um eine Hilfe auf moralischem, mystischem oder intellektuellem Wege zu erlangen. Er will ein bisschen Seelenpflege, aber nicht Vergebung seiner Schuld. Bald schon wird das Gespräch seine Grenze erlangen und wir werden ihn ausschliesslich und allein auf die Heilige Schrift verweisen und das Gebet.(Kommt es nicht dazu, bleiben wir in den ersehnten Bahnen als der unser Gesprächspartner wünscht, dann sind wir unserer Aufgabe untreu geworden.) Natürliche Theologie. Wir wissen ja, welche verheerenden Folgen der Einbruch der natürlichen Theologie im Neupro- testantismus gehabt hat. In der natürlichen Theologie geht es darum. dass die Gottes Er- kenntnis aus 2 Quellen geschöpft wird, aus der Offenbarung und der Vernunft, aus der Heiligen Schrift und aus dem im Menschen fliessenden Quelle eigenen Denkens, Erfahrens und Erlebens. Dieser 2. Quelle im Menschen wird eine gewisse göttliche Natur beigelegt. Diese Anthropologie hat selbst auch eine entsprechende Seelsorge im Gefolge: Eine vom vom Wort abgewendete, nicht an die die Schrift gebundene, wesentlich mystische oder moralische SEELENLEITUNG (keine Seelsorge). Wie solche Seelenleitung aussieht, kann man aus dem Werk von Daniel Benoît "...........Spirituelle et Protestantisme" ersehen. Gegen die natürliche Theologie hätte sich eigentlich die Kirche zu Wehr setzen müssen. Einige haben es auch getan: Wilhelm Löhe Claus Harms Blumhardt, der Ältere und der Jüngere Bezzel Kohlbrügge P.Geyser. Allerdings hat weithin in Seelsorge der Geist der Neuzeit gesiegt. FR. SCHLEIERMACHER ist dafür das beste Zeichen oder ALBR. Ritschl. Es fehlt in ihren Schulen nicht die Seelsorge, aber sie kommt nicht von Schrift und Katechismus her. sondern vor dem vorausgesetzten frommen Be- wusstsein, ihr Ziel ist auch nicht mehr die Ver- gebung der Sünden allein. Die Seelsorge wird zur Lebenskunde, zur Weckung einer innerlich gerichteten persönlichen Frömmig- keit und zur Apologetik. Ist es da nicht nur zu gut zu verstehen, dass da wo innerliche Menschen nur durch Vergebung der Schuld geholfen werden kann, wird sich abwenden zu den Leuten, die das, was in dieser Zeit die Pfarrer anwenden, viel besser von nicht Christlichen angewnadt wird. Statt des Pfarrers sucht man den Psychologen und den Psychiater auf. Wir aber wollen erneut anfangen mit der Tatsache, dass der Seelsorger das Wort ausrichte, die den Menschen von der Taufe her sieht, d.h. mit dem Katechismus: "MIT LEIB UND SEELE BEIDES IM LEBEN UND IM STERBEN NICHT SEIN, SONERN SEINES GETREUEN HEILANDES JESU CHRISTI EIGEN SEI." Das zu verkündigen und zwar dem Einzelnen und ihm konkret in sein Leben hinein und dies von der Predigt der Gemeinde her, das ist die Aufgabe evangelischer Seelsorge. Gehalten auf der Prediger-Rüstzeit in Villigst/Westfalen im Dezember 1953 Karl Schwittay
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